Mietnomaden ruinieren einen schwer kranken Vermieter

Herford. Das Schicksal meint es nicht gut mit Nuri Korkmaz. Er leidet an einer schweren Erkrankung und an den Folgeschäden eines traumatischen Erlebnisses. Nun blickt der 57-jährige Herforder in einen finanziellen Abgrund, denn die beantragte Erwerbsminderungsrente lässt auf sich warten und eine Mietpartei in seinem Haus hat über Monate die Miete nicht bezahlt. Auf die ist Korkmaz aber angewiesen. "Er rutscht unverschuldet immer tiefer in ein schwarzes Loch" In seiner Not hat er seinen nachbarschaftlichen Freund und Verwaltungsrichter im Ruhestand, Werner Vogt, und Philip Richter vom Sozialberatungsdienst der Diakoniestiftung um Hilfe gebeten. Doch auch die kommen an ihre Grenzen. "Er rutscht unverschuldet immer tiefer in ein schwarzes Loch", sagt Werner Vogt. "Ich bin am Ende, die ruinieren mich", klagt der Betroffene. Nuri Korkmaz wurde in der Türkei geboren. Er lebt seit 47 Jahren in Herford, ist hier aufgewachsen und seit 24 Jahren deutscher Staatsbürger. Er hat sich für seine Heimatstadt in Zeiten von Bürgermeister Gerhard Klippstein im damaligen Ausländerbeirat engagiert. Daran erinnert er sich gern. Beruflich hat er als junger Mann eine Lehre als Fernsehtechniker bei Remmert am Alten Markt gemacht, berichtet er. Er hat später lange im Verkauf eines Bielefelder Elektronik-Fachmarktes gearbeitet und war bis vor drei Jahren 10 Jahre lang als Radiotechniker selbstständig. Vor rund 20 Jahren hat er das Haus mit zwei Mietwohnungen und einem kleinen, derzeit nicht vermieteten Ladenlokal am Rand der Innenstadt gekauft. Mit der Miete finanziert er nach eigenen Angaben das Haus-Darlehen. Langes Warten auf eine Erwerbsminderungsrente Vor vier Jahren wurde bei Korkmaz eine schwere Diabetes-Erkrankung diagnostiziert. Er hat außerdem bei einem Aufenthalt in der Türkei ein Erdbeben miterlebt und leidet unter posttraumatischen Störungen, die es ihm nach Angaben von Werner Vogt unmöglich machen, weiterzuarbeiten. Am 18. März 2018 hat er einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente gestellt. Über die, so Vogt, habe die Behörde noch nicht entschieden, weil sie noch ein stationäres Gutachten einholen wolle. Da gebe es aber eine Warteliste. Die Auskunft der Behörde, die Rente werde ja bei einer Bewilligung nachgezahlt, nütze im Moment nichts, meint Vogt. Weder seine Nachfragen, noch die des Sozialberatungsdienstes konnten das Verfahren beschleunigen, sagen Werner Vogt und Philip Richter. "Er bekommt aber auch vom Jobcenter kein Geld, weil er ein Haus mit zwei Mietwohnungen besitzt", sagt Vogt. Mit einem älteren Mieterpaar hat Korkmaz keine Probleme, mit Mietern der größeren Wohnung aber gleich zweimal hintereinander. So berichtet Werner Vogt von einem Pärchen, das 2019 eingezogen ist, aber keine Miete bezahlt hat. Der Jurist hat eine fristlose Kündigung formuliert und die beiden seien dann auch blitzschnell verschwunden. "Mängel rechtfertigen höchstens Mietminderung" Dann hat Korkmaz eine Frau mit Kindern aufgenommen. "Ich hatte Mitleid mit der netten Frau", sagt er. "Aber sie bezahlt auch nicht." Sie habe auf Ansprache zunächst aggressiv reagiert, berichtet Vogt. Erst ein Schriftsatz von ihm habe zu einem vernünftigen Gespräch geführt, bei dem die Mieterin drei kleinere Mängel als Grund angeführt habe, nicht zu zahlen. Er habe ihr klar gemacht, dass in solchem Fall nur eine Mietminderung infrage komme. Man habe das Ergebnis des Gesprächs schriftlich festgelegt und Korkmaz habe die Mängel behoben. Gezahlt worden sei dennoch nicht und das schon seit insgesamt neun Monaten. Korkmaz habe sogar die Rechnungen samt Mahnungen für Abwasser, Gas und Strom erhalten, weil sich die Mieterin erst sehr spät und unter Druck für den Wohnsitz angemeldet habe. Anzeige wegen Mietbetrugs erstattet Zum 15. August 2019 habe Korkmaz der Mieterin fristlos gekündigt, im Oktober habe er bei der Polizei Anzeige wegen Betrugs gegen sie gestellt, berichtet Vogt. Die Anzeige liege nun bei der Staatsanwaltschaft. Wenn eine Kündigung nicht binnen Wochen eingeklagt werde, so Vogt, sei sie verbraucht. Korkmaz habe aber davor zurück geschreckt, weil er als Kläger die Prozesskosten vorschießen müsse. Das Geld habe er aber nicht gehabt. Einen zweiten Anlauf mit Kündigung und Klage mit Prozesskostenbeihilfe habe man dennoch im November unternommen. Passiert, so Vogt, sei seitdem nichts. Der Staat schütze so die Täter, nicht die Opfer. Er meint, der Staat müsse eine angemessene Antwort finden auf derartiges Mietnomadentum. Korkmaz und Vogt vermuten, dass die Mieter die Wohnung längst verlassen haben. Übergeben hätten sie diese aber nicht. Allerdings werde die Post noch regelmäßig abgeholt. Nuri Korkmaz habe auch keine Chance, selbst eine Wohnung zu mieten, wenn er das Haus verkaufen wolle, meint Philip Richter: "Er hat keine Einnahmen. Da nimmt ihn kein Vermieter für voll." "Wo ist die Gerechtigkeit?", fragt Nuri Korkmaz. "Das belastet mich psychisch sehr. Ich hab doch nichts gemacht."

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