Für Katja Kipping sind Klimarettung und Arbeitnehmerschutz kein Widerspruch

Kreis Herford. Der politische Jahresauftakt des Kreisverbandes &bdquo;Die Linke" am Mittwochabend im Kreishaus stand im Zeichen der Kommunalwahlen am 13. September. Landrat Jürgen Müller lieferte in seinem Grußwort eine schöne Vorlage, als er sich für die neue Perspektive in der Veranstaltung bedankte. Der Landrat meinte die ungewohnte Aufstellung der Stühle Richtung Fenster. Kreissprecher Fabian Stoffel und die Bundesvorsitzende und Hauptrednerin Katja Kipping nahmen das Stichwort aber dankbar auf und sprachen vom Perspektivwechsel als Teil ihrer Politik. Wie ein roter Faden zogen sich die Themen Klimawandel und Arbeitnehmerinteressen durch den Abend. "Die Menschenwürde muss nicht erarbeitet werden" Katja Kipping sah angesichts der vielen Gäste aus Politik, Gewerkschaften, Kirche und Initiativen die "Linke vor Ort gut verankert". Ihr Lieblingssatz aus dem Jahr 2019 stehe im Urteil des Bundesverfassungsgerichts gegen die Hartz-IV- Sanktionierungspraxis, wonach die Menschenwürde nicht erarbeitet werden müsse. Das Urteil wertete sie als Erfolg für ihre Partei, aber auch für diejenigen Arbeitnehmer, die nicht arbeitslos seien. Denn wenn Hartz IV-Empfänger unter Druck zu niedrige Löhne akzeptierten, bleibe das nicht ohne Auswirkungen auf andere Beschäftigte. Sie sprach von einer Herrschaftsmethode, mit der Gruppen von Arbeitnehmern gegeneinander ausgespielt würden. Kipping forderte die Chance für Arbeitnehmer, sich durch Fortbildungen auf die durch den Klimawandel bedingten Änderungen der Arbeitswelt einzustellen. Sie forderte eine Rentenversicherung, in die alle Erwerbstätigen einzahlen, einen gebührenfreien Nahverkehr, einen besseren Zugang zu Kultur, Bildung und medizinischer Versorgung sowie eine universelle Grundversorgung. Die Mietenexplosion sei eine Enteignung der gesellschaftlichen Mitte. Kipping nannte den Klimaschutz eine "zutiefst soziale Frage", denn der Klimawandel werde auch in Deutschland die Armen härter treffen als die Vermögenden. Im Bezug auf die Weltpolitik forderte sie die Bundesregierung auf, sich an den Auseinandersetzungen der USA mit dem Iran auch nicht indirekt zu beteiligen. Landessprecherin Inge Höger hatte zuvor die Pläne für ein bevorstehendes Nato-Manöver kritisiert, für das zehntausende Soldaten durch Deutschland Richtung Polen und Baltikum transportiert würden. Von den Transporten seien auch die Region und Standorte wie Augustdorf betroffen. "Manöver schaffen keinen Frieden. Krieg und Militär sind auch Klimakiller", sagte Höger. Das Geld fehle in den Kommunen für die Schaffung einer klimafreundlicheren Infrastruktur. "Was uns eint ist die Sorge um den gesellschaftlichen Zusammenhalt", sagte Jürgen Müller (SPD) in seinem Grußwort. Er dankte den Linken für die Zustimmung zu einem gemeinsamen Haushalt, in dem Geld für die Verbesserung der Situation von Langzeitarbeitslosen und für die Schaffung bezahlbaren Wohnraums für Familien bereit gestellt worden sei. Weitere gemeinsame Themen seien die Förderung des öffentlichen Personennahverkehrs und des Radverkehrs als Teil des Klimaschutzes. Die Linke hatte Initiativen und Verbände aufgerufen, ihre Wünsche und Forderungen an die Kommunalpolitik zu benennen. Irmgard Pehle vom "Bündnis gegen Rechts" wünschte sich von allen demokratisch gesinnten Parteien, Behauptungen der AfD nicht unwidersprochen zu lassen. Jan Lieberum von "Fridays for Future" mahnte, den im Kreis Herford beeindruckenden Protest der jungen Leute nicht ins Leere laufen zu lassen und so Frustration zu erzeugen. Er kritisierte den Kapitalismus und sagte, Klimaschutz sei ohne eine Systemwende nicht möglich. "Rendite-Erwartungen an die kommunalen Energiedienstleister WWE und Stadtwerke senken" Maria Hettenkofer von der Friedensfördernden Energiegenossenschaft forderte im Namen der Vorsitzenden Barbara Rodi von den Kommunen, ihre Redite-Erwartungen an die kommunalen Energiedienstleister WWE und Stadtwerke zu senken, um ihnen zu ermöglichen, mehr in erneuerbare Energien zu investieren und mehr "grünen" Strom zu verkaufen, solange die Wirtschaftlichkeit gering sei. Die private oder betriebliche Nutzung von Solarstrom verringere die Einkünfte des Netzbetreibers, und so erscheine die Förderung der Bürgerenergie für Kommunen wenig attraktiv. Auch Anke Unger vom DGB appellierte, dass gutes Wohnen kein Luxusgut werden dürfe. Selbst im Kreis Herford seien die Mieten in den letzten Jahren um 20 Prozent gestiegen. Sie beklagte, dass die Landesregierung die Bindung öffentlicher Aufträge an eine Tarifbindung im Betrieb wieder abgeschafft habe. Sie forderte, dass eine Regierungsbildung mit der AfD für alle Parteien außerhalb der Vorstellungskraft liegen sollte. "Herford soll ein Kreis der fairen Arbeit werden" Frank Riedel von der Erwerbslosenberatung der Stiftung Maßarbeit beklagte, dass immer mehr Menschen von ihrer Arbeit nicht leben könnten und forderte eine Anhebung des Mindestlohns. Zwar sei die Arbeitslosenquote im Kreis Herford vergleichsweise niedrig, dennoch gebe es viele Verlierer auf dem Arbeitsmarkt. Er brachte seine Meinung auf den Punkt: "Herford soll ein Kreis der fairen Arbeit werden."

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