Pöppelmann-Medaille: Freundeskreis feiert das Leben in Herforder Mausoleum

Herford. Der Verein für Herforder Geschichte hat in diesem Jahr seine Pöppelmann-Medaille im neuen Tagungsraum der frisch renovierten Markthalle verliehen. "Das ist kein Zufall", sagte der Vereinsvorsitzende Eckhard Wemhöner vor voll besetzten Stuhlreihen. "Wir sind hier jetzt in direkter Nachbarschaft unseres Projektes ,Archäologisches Fenster am Münster' Dauermieter für Veranstaltungen." Und die Sanierung der Markthalle ist dem Verein die Verleihung der Auszeichnung für besonderes Engagement bei der Bewahrung und Gestaltung der Baukultur an den Rat der Stadt in Person von Bürgermeister Tim Kähler wert. Eine zweite Pöppelmann-Medaille erhielt Lars Uhlen für die Sanierung eines Mausoleums auf dem Friedhof an der Hermannstraße für sich und seine Freunde. Geschichtsverein würdigt Sanierung von Markthalle und Grabstätte Die Restaurierung der Grabstätte würdigte Juror Johannes Beer. "Wie schön ist es, auf Reisen über Friedhöfe zu gehen und die Inschriften alter Grabsteine zu studieren", sagte Beer. Er beklagte, dass in Deutschland mit Ablauf der Liegedauer von 25 Jahren oft auch die Grabsteine verschwinden. Schöner sei es, sie wie in Dänemark üblich, am Rand des Friedhofs neu aufzustellen. Das sei auch sicher eher im Sinne der Auftraggeber als eine Verwendung der Steine durch vermeintliche Hexen, sagte er Bezug nehmend auf einen nw.de-Artikel. Das Mausoleum der Eheleute Schewe sei ein typisches Grabmal seiner Zeit und es sei wunderbar, das es als Zeuge alter Kultur erhalten bleibe. Lars Uhlen beschrieb in seinen Dankesworten seine Gefühle: "Man hört diese Stille unten in der Gruft. Da werde ich länger wohnen, als irgendwo anders zuvor. Ich werde viele Mitbewohner haben, aber keiner will der erste sein." Stolz auf Ensemble am Rathaus Eckhard Möller lobte zunächst die Stadtväter vor über 100 Jahren dafür, dass sie auf dem Gelände der früheren Abtei ein schlossähnliches Rathaus und eine schöne Markthalle gleich dazu gebaut hätten. Danach sei nie wieder so richtig investiert worden. Da sei es eine gute Nachricht gewesen, dass der Bund Millionen für eine Sanierung zur Verfügung gestellt habe. "Wir können alle zusammen stolz auf das Ensemble am Rathausplatz sein", sagte der Kreisheimatpfleger. Die Millionen besorgt hatte Bürgermeister Tim Kähler. Die Sanierung des alten Gebäudes sei dann wie eine Odyssee gewesen. Man habe nie gewusst, was als nächstes komme, sagte Kähler. Der Bürgermeister dankte auch dem Architekten und den Handwerkern, dass sie Tradition und Zukunft so gut verbunden hätten. Kähler beklagte die Fehler der Stadtentwicklung vergangener Jahrzehnte mit einer Hauptverkehrsstraße direkt hinter dem Rathaus. Man müsse sich fragten, wie man das wieder zurück drehen könne. "Man muss die alte Substanz nicht nur erhalten, sondern auch hervorheben", sagte er. Dazu gehöre auch, in einem weiteren Schritt den Platz von Autos zu befreien. Es werde einen städtebaulichen Wettbewerb geben, wie es auch die Förderzusage zur Markthallensanierung verlangt habe. Kähler dankte seinem Mitpreisträger Lars Uhlen auch dafür, dass er das Gebäude Schiller saniere, die Fassade spektakulär gestalte und eine anziehende Gastronomie schaffen werde. Für die Stadt nannte er den Janup rund um das Dohm-Hotel und das verfallende Carl-Severing-Haus eine Herausforderung. In den Verhandlungen mit dem Besitzer des Geländes stehe man aber noch am Anfang. Gerettetes Mausoleum Es ist Leben eingezogen in das restaurierte Erbbegräbnis des Rechnungsrates Schewe auf dem Friedhof Hermannstraße. Hinter einem nach historischem Vorbild rekonstruierten, schmiedeeisernen Zaun erhebt sich ein markantes Mausoleum von quadratischem Grundriss. Seine Architektur nach einem Entwurf des bekannten Herforder Architekten Paul Münter erinnert an den Fuß des Herforder Bismarckturms, ist aber gekrönt von einer Kuppel, deren ganze Schönheit sich erst von innen erschließt. Es ist eine filigrane Metallkonstruktion mit gewölbten, grünen Gläsern. Tritt man durch eine Tür ein in den Bau, fällt der erste Blick auf eine halbrunde Treppe aus Sandstein, die in die Tiefe führt. Blickt man nach oben, leuchtet strahlend gelb eine gläserne Sonne. Entzündet der Besucher in der unterirdischen Gruft die Öllämpchen, erkennt er vor Backsteinmauerwerk nach und nach verglaste, noch nicht belegte Regale, in denen Platz für 36 Urnen ist. Es entsteht eine heimelige, keine gruselige Atmosphäre. Die bisher 26 Menschen, die sich diese Plätze reserviert haben, haben einen Schlüssel für die hölzerne Eingangstür. Sie finden in der Gruft einen Sitzplatz und in einer Ecke ein Fläschchen Sekt vor für Begegnungen mit Freunden, die vor dem möglichst noch fernen Tod auf das Leben anstoßen wollen. "Es ist ein schöner Ort. Wenn man sich hier reinsetzt - wow - das macht was mit einem", hat Lars Uhlen erfahren. Uhlen ist in der Nähe des Friedhofs aufgewachsen. Der Chef von Bonitas, einem der größten Pflegeunternehmen, hat das denkmalgeschützte aber verfallene Mausoleum 2015 gekauft und es 2017 von heimischen Handwerkern denkmalgerecht sanieren lassen. Dafür hat ihm der Verein für Herforder Geschichte jetzt die Pöppelmann-Medaille verliehen. Das Mausoleum war zuletzt zugemauert und vergammelt Regierungsrat Schewe hatte das Mausoleum 1902 für sich und seine im gleichen Jahr gestorbene Frau Caroline errichten lassen. Er selbst starb wenige Jahre später. Das Paar ist kinderlos geblieben. "Das Mausoleum war zuletzt zugemauert und vergammelt. Es gab Vandalismus", sagt Uhlen. "Das war unerträglich". Er kaufte das Mausoleum, um Freunden und Familie einen Platz anbieten zu können - eben allen Menschen, mit denen er sich im Leben auch gern umgibt. So heißt es auf einer Inschrift in Stein über dem Eingang: "Freunde - gekommen um zu bleiben". "Die Gebeine der Schewes wurden vor den Bauarbeiten an anderer Stelle auf dem Friedhof würdevoll beigesetzt", sagt Uhlen. "Nach dem Tod im Sarg unter der Erde zu liegen, ist für mich keine schöne Vorstellung", sagt Uhlen. "Aber tot ist tot. Die Leute, die einen Platz in dem Mausoleum haben, setzten sich mit dem Tod und dem Leben auseinander. Wir wollen uns hier einmal im Jahr treffen und zusammen das Leben feiern. Auch nach dem Tod wird der Ort Hinterbliebene zusammen bringen, die sich sonst nicht mehr sehen. Er dient dazu, das Leben vor dem Tod bewusster zu machen. Man soll das Leben genießen, seine Chancen zu nutzen und Gestalter, nicht Opfer seines eigenen Lebens werden." - "Ein Friedhof ist ein Stück Kulturgeschichte der Stadt", meint Uhlen. "Hier liegen Menschen aus Herford und wenn man an den Gräbern steht fragt man sich, wie haben sie wohl gelebt." Es sei gut, wenn man für den Ort, an dem man lebt, selbst etwas getan habe. Grundstimmung ändert sich In einer immer aggressiver erscheinenden Zeit, in der sich die Grundstimmung ändere, möchte er mit dem Bewusstsein gegensteuern: "Ich will leben." Nichts anderes wolle er auch mit dem neuen Konzept des Bar-Restaurants Schiller, das er seit dem Frühling ebenfalls denkmalgerecht grundsanieren lässt, erreichen. Hier will Uhlen eine Wohnzimmer- und Wohlfühlatmosphäre schaffen. Denkmalgerecht sanieren lässt er derzeit auch das frühere Wohnhaus Münter an der Jahnstraße.

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