Herford

Stadt will 50 Bäume auf dem Stiftsberg fällen: Herforder sind entsetzt

Weil die Hälfte der Linden an der Vlothoer Straße fallen sollen, sind viele Bürger verärgert. Insbesonders ein Punkt, den die Stadt gerade verabschiedet hat, sorgt für Unverständnis.

Diese herrliche Allee soll weg: Für eine Straßenerneuerung sollen 50 Bäume gefällt werden. | © Elena Ahler

18.06.2019 | 18.06.2019, 14:00

Herford. Die Pläne der Stadt Herford, an der Vlothoer Straße 50 Bäume zu fällen, hat bei vielen Lesern der Neuen Westfälischen für Ärger und Unverständnis gesorgt.

Die Antwort auf den Klimanotstand?

„Ich war entsetzt, als ich die Pläne der Stadtverwaltung zur Baumfällaktion an der Vlothoer Straße gelesen habe. Ist das die Antwort auf den wenige Wochen vorher ausgerufenen Klimanotstand der Stadt Herford? Man könnte glauben, die Bauverwaltung habe hier geschlafen und das nicht mitbekommen.

Eine um 50 Prozent gesteigerte Verkehrsbelastung auf der Vlothoer Straße durch den Ausbau des Bildungscampus auf dem ehemalichen Wentworth-Kasernengelände erscheint mir sehr übertrieben, da, wie bereits schon jetzt viele Studenten auf dem Gelände wohnen werden und daher nicht täglich fahren müssen. Für ein vermehrtes Verkehrsaufkommen wäre es sinnvoller, zusätzliche Busverbindungen zu schaffen, statt nur auf das Auto zu setzen. Die Erfahrung hat gezeigt, dass jede Verbreiterung der Straße zu höheren Geschwindigkeiten führt.

Um den Radweg stadtauswärts attraktiver zu machen, würde eine Verbreiterung von einem halben Meter schon ausreichen, ohne dass dort Bäume weichen müssten. Ein Parkverbot an der Straße, (manchmal wird halb auf dem Radweg geparkt) würde ebenfalls dafür sorgen, dass Radler ungehindert fahren könnten. Aber leider geht es ja wie immer um den Autoverkehr, der auf keinen Fall eingeschränkt werden darf.

Die alte Mauer samt Zaun zu entfernen, um dort den Radweg hinzulegen, wäre ein Alternative, die man in Erwägung ziehen sollte. Aber man scheut anscheinend die Auseinandersetzung mit der Denkmalbehörde.

Da beseitigt man lieber die wertvollen Linden. Wahrscheinlich würde niemand der alten Mauer und dem Zaun mit dem Nato-Draht darauf nachtrauern; niemand würde sie vermissen, wohl aber die schattenspendenden Linden, die den Bienen jetzt zur Blütezeit Nahrung bieten, und das Stadtklima verbessern.

Es wird Zeit, dass unsere Stadtplaner endlich umdenken, weg von der heiligen Kuh „Auto" und sich an solchen Städten orientieren, die den Autoverkehr zurückdrängen, und statt dessen dem Fahrrad und dem öffentlichen Nahverkehr mehr Gewicht geben.

Doris Eichholz von der BUND-Stadtgruppe Herford

Hat der Bürgermeister die Verwaltung nicht im Griff?

„Vor einem Monat hat die Stadt Herford den Klimanotstand ausgerufen. Damit verpflichtet sich die Stadt, bei Entscheidungen die Auswirkungen auf Klima und ökologische Nachhaltigkeit zu berücksichtigen. Kurz danach positioniert sich der Bürgermeister gegenüber den Aktivisten der „Friday for future" Bewegung in der Zeitung und stellt sich als Klimaschützer dar. Gleichzeitig wirbt die Stadt Herford mit dem Bildungscampus, der grün werden soll, sich öffnen und in den Stadtteil eingebunden werden soll. Jetzt sollen 50 gesunde Bäume entlang der Vlothoer Straße für den zunehmenden Autoverkehr geopfert werden.

Hat der Bürgermeister seine Verwaltung nicht im Griff oder sind seine Bekenntnisse zum Klimaschutz nur hohles Gerede? Sicher wird das Verkehrsaufkommen an der Vlothoer Straße höher werden, wenn nicht gegengelenkt wird. Herr Meier-Lämmering hat recht, wenn er hier viele Alternativen aufzeigt, die genutzt werden können. Ausbau des ÖPNV, Carcharing-Angebote, Verleihstationen für Fahrräder, E-Bikes, Lastenräder wären sinnvolle Möglichkeiten, den Autoverkehr zu reduzieren. Die Straße muss umgebaut werden, aber nicht, um noch mehr Autoverkehr durchfließen zu lassen. Der Bürgersteig und Radweg sind in einem katastrophalen Zustand, der aber nicht auf Kosten der Bäume behoben werden darf. Sicher lassen sich andere Lösungen finden. Hat der Baudezernent eigentlich auch daran gedacht, dass der Autoverkehr nicht am geplanten Kreisel an der Stadtholzstraße aufhört „zu fließen". Der „fließt" dann nämlich weiter durch die Kurven der Stiftbergstraße, die jetzt schon völlig überlastet ist. Der Fahrradweg endet abrupt vor der Kurve. Die Straße ist eng und für Fahrradfahrer ist es schon jetzt gefährlich dort zu fahren (an die vorgeschriebene Geschwindigkeitsbeschränkung hält sich übrigens kaum jemand). Außerdem befinden sich in dem Bereich zwei Schulen und der Kindergarten. Ausbauen ließe sich die Straße nur, wenn die Marienkirche nicht im Weg wäre!

Bei den Planungen für die Vlothoer Straße muss die Situation der Stiftbergstraße mit einbezogen werden. Der Baudezernent sollte sich lieber mehr Gedanken machen, wie man sicher mit dem Fahrrad in die Stadt kommt, als 50 Bäume fällen zu lassen und damit noch mehr Autos auf die Straße zu holen. Irgendwann werden wir im wahrsten Sinne des Wortes an unserem zunehmenden Autoverkehr ersticken.

Harald Korten, Herford

Völlig rätselhaft

Mit großer Verwunderung habe ich den Artikel gelesen. Regelmäßig befahre ich den betreffenden Abschnitt der Vlothoer Straße zum Teil mehrfach täglich mit dem Auto und auch dem Fahrrad. Von daher kenne ich mich dort recht gut aus. Selbst als die beiden Kasernenanlagen noch in vollem Betrieb waren, kann ich mich an KEINE Situation erinnern, wo es auf dem betreffenden Streckenabschnitt zu irgendwelchen Störungen des Verkehrsflusses gekommen ist, ganz im Gegensatz zu vielen anderen neuralgischen Punkten in der Stadt. Zugegebenermaßen ist der Radweg stadtauswärts in keinem besonders guten Zustand. Für Herford allerdings auch nichts Besonderes.

Es gibt genüge Straßenbereiche in der Stadt, wo ein Radweg völlig fehlt. Das Rad-/Fußweg-Problem könnte man mit etwas Phantasie auch ressourcenschonender lösen, vielleicht sogar unter Nutzung des auch auf dem Foto erkennbaren Grünstreifens zwischen der Doppelzaunanlage. Falls die Stadtplaner tatsächlich der Meinung sind, dass die Vlothoer Straße die zu erwartenden Verkehrsmengen nicht aufnehmen kann, könnte man sicherlich durch intelligentere Lösungen der Verkehrsführung das sinnlose Abholzen der wunderschönen Bäume vermeiden.

Ob es aber überhaupt intelligent ist, im 21. Jahrhundert Individualverkehr durch Verbreiterung von Straßen anzulocken, scheint mir eher fraglich. Völlig rätselhaft ist mir, wie es unser Bürgermeister Tim Kähler (. . .) zulässt, dass derartig abstruse Pläne aus seinem Haus das Licht der Öffentlichkeit erblicken. Oder will er als Teil der „wahren SPD" etwa dazu beitragen, dass seine Partei bei den nächsten Wahlen endgültig im einstelligen Bereich aufschlagen wird? Jeder halbwegs Sachkundige – egal welcher politischer Couleur – versteht die vorgestellten Pläne der Umweltzerstörung nicht. Für die nötigen Finanzmittel gäbe es in Herford bestimmt sinnvollere Verwendungen.

Klaus Willkomm, Herford

Naturdenkmale für die Zukunft

Die prachtvolle, grüne Lindenallee an der Vlothoer Straße steht in voller Blüte. Eine Freude für das Herz, eine Oase für unsere Bienen und gut für unser Klima. Schön, dass es eine solche Straße in Herford noch gibt. Die Fehler der Vergangenheit, Bäume leichtfertig der Mobilität zu opfern, dürfen nicht wiederholt und der Planungswahn einzelner Kommunalpolitiker muss endlich Einhalt geboten werden. Die Bäume zu erhalten sollte bei allen Verantwortlichen oberstes Ziel sein, auch wenn die Mobilität darunter leidet. Ich möchte, dass dieses NATUR-DENKMAL meinen Kindern, meine Enkeln und meinen Ur-Enkeln auch in Zukunft erhalten bleibt, denn Grün ist schön und Grün bedeutet Leben.

Reinhard Hoffmann, Herford