Kreis Herford

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Wie sich die Landschaft im Kreis Herford verändert hat

Geschichtsportal: Das Katasteramt des Kreises Herford hat in einem Pilotprojekt Karten und Luftbilder von 1837 bis heute im Internet frei zugänglich gemacht. Der Clou: Der Nutzer kann zwei Bilder verschiedener Jahre deckungsgleich übereinander legen und stufenlos überblenden

Beweglich: Der Schieberegler kann frei verschoben werden, so dass mehr vom einen oder vom anderen Foto zu sehen ist. Hier ist es das Kreishausviertel mit und ohne neuem Kreishaus. Links zu sehen ist die Bahnstrecke, über die noch die Fußgängerbrücke in Richtung Diebrocker Straße mit dem Fabrikgebäude Meyer & Schwabedissen zu sehen ist. Die Fotos sind sogenannte Screenshots vom Computerbildschirm. Abbildungen: Kreis Herford - Kataster und Vermessung / Land NRW | © Frank-Michael Kiel-Steinkamp

Frank-Michael Kiel-Steinkamp
23.09.2018 | 23.09.2018, 08:00

Kreis Herford. Die Landschaft im heutigen Kreis Herford hat sich durch menschlichen Eingriff über die Jahrhunderte und manchmal innerhalb kürzester Zeit dramatisch verändert. Es wurden Bauernhöfe, Häuser, Burgen und Kirchen errichtet und wieder abgerissen oder zerbombt, Straßen, Autobahnen und Eisenbahnschienen gebaut, Flüsse verlegt, Wälder gerodet, Äcker angelegt und zu größeren Parzellen vereinigt.

An längst verschwundene Gebäude auf historischen Fotos kann sich mancher Zeitzeuge noch erinnern - aber wo genau sie gestanden haben, wenn auch der bauliche Zusammenhang durch Kriegsschäden oder Stadtsanierung verschwunden ist, ist manchmal schwer zu sagen.

Das neue, internetbasierte Geschichtsportal des Kreises Herford mit überblendbaren Karten und Luftbildern verschiedener Jahre und Jahrhunderte gibt Orientierung und ist für manche Überraschung gut. Es ist nicht nur für Historiker eine unerschöpfliche Fundgrube, sondern für alle, die nur mal wissen wollen, wie Omas kleines Häuschen vor 50 Jahren einmal ausgesehen hat. Wer dann einmal auf den Geschmack gekommen ist, kommt so schnell nicht wieder los von Computer, Tablet oder Smartphone.

Marta-Viertel in Herford: Der schwarz-weiße Hintergrund zeigt noch die Goebenstraße mit Post und Ahlers-Gebäuden. Unter der Lupe tritt die Gegenwart zu Tage - hier das Museum Marta. - © Kreis Herford/Land NRW
Marta-Viertel in Herford: Der schwarz-weiße Hintergrund zeigt noch die Goebenstraße mit Post und Ahlers-Gebäuden. Unter der Lupe tritt die Gegenwart zu Tage - hier das Museum Marta. | © Kreis Herford/Land NRW

Besucher des Geschichtsfestes in Enger hatten als Erste die Gelegenheit, das Geschichtsportal als Teil des Geoportals mit seinen verschiedenen Serviceangeboten auszuprobieren. "Wir wollten es seit Langem aufbauen und das Geschichtsfest war ein schönes zeitliches Ziel", sagt Sonja Boxhammer, die als Abteilungsleiterin im Kataster- und Vermessungsamt auch für die Bereitstellung und Nutzung von Geodaten zuständig ist. "Die Open-Data-Bewegung hat uns in die Hände gespielt. Es war eine politische Entscheidung, Informationen aus der Verwaltung kostenfrei zugänglich zu machen. Das Land hat nach und nach die Daten freigegeben."

Kleinbahntrasse: Als rote Linie lässt sich die Route zwischen Wallenbrück und Vlotho auf den Karten einblenden - hier am Herforder Kleinbahnhof. Ablesbar sind auch die Betriebsjahre und Haltestellen. - © Kreis Herford/Land NRW
Kleinbahntrasse: Als rote Linie lässt sich die Route zwischen Wallenbrück und Vlotho auf den Karten einblenden - hier am Herforder Kleinbahnhof. Ablesbar sind auch die Betriebsjahre und Haltestellen. | © Kreis Herford/Land NRW

Insbesondere der Geoinformatiker Daniel Sawatzky, den der Kreis nach seiner Masterprüfung direkt eingestellt hat, hatte maßgeblichen Anteil an der praktischen Umsetzung innerhalb weniger Wochen. Das Amt hat eine Vielzahl historischer Karten und Luftbilder zusammengeführt - angefangen mit der topografischen Uraufnahme von 1837, die die damaligen Siedlungsbereiche, die Landschaftsstruktur des ländlichen Raumes und die Geländeform darstellt. Die ältesten Luftbilder stammen aus den späten 1930er Jahren. Wurden Befliegungen damals aufgrund hohen Aufwands nur unregelmäßig durchgeführt, werden heute hoch auflösende Luftbilder in Farbe und im Wechsel von Winter und Sommer von beauftragten Flugunternehmen erzeugt. Fallen bei den alten Luftaufnahmen Nahtstellen auf, so werden sie heute computergestützt nahtlos und verzerrungsfrei zusammengefügt.

Ortskern Lippinghausen: Hier zeigt die bewegliche Lupe, wie sich die Fläche um das Rathaus in den letzten 50 Jahren verändert hat. - © Kreis Herford/Land NRW
Ortskern Lippinghausen: Hier zeigt die bewegliche Lupe, wie sich die Fläche um das Rathaus in den letzten 50 Jahren verändert hat. | © Kreis Herford/Land NRW

Natürlich konnten Fachleute, die Zugang hatten, immer schon alte und neue Karten und Luftbilder vergleichen. Der Clou des Geschichtsportals ist aber, dass sie deckungsgleich und in beliebiger Paarung fürs ganze Kreisgebiet auf den Bildschirm geholt und überblendet werden können. Das geht entweder mit einem Schieberegler von links nach rechts und umgekehrt oder punktuell mit einer Lupenfunktion, die nur einen kreisrunden Blick in Vergangenheit oder Zukunft des gewählten Bildes ermöglicht. Naturgemäß ist es immer eine Ansicht von oben.

Geoportal Kreis herford Daniel Sawatzky und Sonja Boxhammer - © Frank-Michael Kiel-Steinkamp
Geoportal Kreis herford Daniel Sawatzky und Sonja Boxhammer | © Frank-Michael Kiel-Steinkamp

Als Appetithäppchen sind im Portal Beispiele geographischer Zeitreisen hinterlegt: Altstadt, Kreisverwaltung, Marta-Viertel, Ludwig-Jahn-Stadion in Herford, Landwirtschaft und Brauerei in Hiddenhausen, Altstadt Enger, Bau der Autobahn A 30, Folgen des Orkans Kyrill in Rödinghausen, der Weserhafen Vlotho, die ehemalige Kleinbahntrasse und mehr.

In die Karten und Luftbilder lassen sich alte Grenzen einblenden, etwa die der alten Kreise Bünde und Herford und der kreisfreien Stadt Herford. Darüber hinaus gibt es eine Sammlung älterer, ungenauerer Karten seit 1501, die sich nicht ins eigentliche Geschichtsportal integrieren ließen. Das Geschichtsportal soll weiter gepflegt und ausgebaut werden.