Enger. Für viele Menschen wäre ein Weihnachten ohne Geschenke kein richtiges Fest. Der Brauch des Schenkens hat eine lange Tradition. Dabei wird oft vergessen, dass es für viele Familien nicht möglich ist, sich Geschenke zu leisten. Damit vor allem Kinder an Heiligabend nicht leer ausgehen müssen, hat sich Dorothee Hirsch mit ihrem Team aus freiwilligen Helferinnen und Helfern dieses Jahr erneut für die Aktion, „Weihnachten im Schuhkarton“ engagiert, und zahlreiche Spenden für bedürftige Kinder und deren Familien in Osteuropa gesammelt. Für Hirsch ist es das letzte Mal.
Seit 17 Jahren begleitet Hirsch die Aktion und hat in dieser Zeit tausende Päckchen von freiwilligen Spendern aus Enger und Umgebung entgegengenommen. Ende Oktober haben sie und ihr Team mit der diesjährigen Sammlung begonnen. In der Volksbank-Filiale in Enger konnten fertig bestückte Päckchen abgegeben werden. „Wir haben in diesem Jahr 663 Päckchen von Spenderinnen und Spendern erhalten“, sagt Hirsch. Es seien weniger als in den Jahren zuvor gewesen. Einen Grund für den Rückgang sieht sie in einer Vielzahl von Spendenaktionen, die momentan vor Weihnachten laufen. „Außerdem sitzt bei vielen Leuten das Geld nicht mehr so locker“, sagt sie.
Auch wenn nicht die Zahl von 1.000 bis 1.300 Päckchen, wie in den Jahren zuvor, erreicht wurde, so seien die Inhalte wieder „ganz toll“, sagt Hirsch. Es sei immer eine Freude, zu sehen, wie viel Mühe sich die Spenderinnen und Spender machen. Vorrangig wurde Kleidung gesammelt. Aber auch Spielsachen, Kuscheltiere oder Süßigkeiten wurden wieder abgegeben. „Es gab dieses Jahr eine Mutter, die mit ihrer Tochter insgesamt 60 Pullover gestrickt hat“, sagt sie. Das seien schöne Momente von gelebter Hilfsbereitschaft.
Schüler des Widukind-Gymnasiums halfen beim Verladen
Insgesamt kamen dieses Jahr so viele Spenden zusammen, dass insgesamt knapp 70 große Kartons gepackt werden konnten. Lager- und Verpackstätte der Waren war wie fast jedes Jahr das „alte Nähereigebäude in Enger“ an der Spenger Straße. „Die Räumlichkeiten sind mir 2008 angeboten worden“, sagt Hirsch. Die ersten Jahre habe sie auch gar keine Miete zahlen müssen.
Das Zusammenpacken der Kartons konnte Hirsch mit ihrem Team allein bewältigen. Für den weiteren Transport erhielt sie jedoch wieder Unterstützung von Lehrer Patrick Schuchert. Zusammen mit 25 Schülerinnen und Schülern der Klasse 10E des Widukind-Gymnasiums in Enger half er bei der Verladung der schweren Pakete in einen Transportwagen. „Der Lkw bringt die Pakete nach Filderstadt in der Nähe von Stuttgart, und von dort aus gehen sie nach Osteuropa“, sagt Hirsch. „Seit ungefähr sechs oder sieben Jahren helfe ich Frau Hirsch bei der Logistik“, sagt Schuchert. Für ihn sei es immer wieder eine Freude zu helfen, und „ich unterstütze die Aktion zusammen mit den Schülern sehr gerne.“
In diesem Jahr half Schuchert Dorothee Hirsch zum letzten Mal. Nach fast 20 Jahren zieht sie sich mit ihrem erfahrenen Team zurück und macht den Platz frei für eine jüngere Generation. Hirsch und ihre Mitstreiterinnen seien nicht mehr die Jüngsten, und „die ganze Arbeit strengt auch an“, sagt Edeltraud Finke. Dennoch werde die Aktion weiterhin Bestand haben. „Es wir auf jeden Fall weitergehen“, sagt Hirsch zuversichtlich und verrät, dass bereits Gespräche mit einer Nachfolgerin gelaufen seien. Konkreter könne sie aber zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht werden.
Es gab viele bewegende Momente
Ein wenig Unterstützung leisten wolle sie in Zukunft aber dann doch noch. Dafür liege ihr die Aktion zu sehr am Herzen. Zwei Mal, 2010 und 2017, war sie auch mit dem Transport-Lkw mitgefahren und hatte bedürftige Familien vor Ort besucht. Viele bewegende Momente habe sie erlebt. „Als wir 2010 in Rumänien an einer Schule ankamen, waren es minus 14 Grad. Mir fiel damals ein kleines Kind auf, das ohne Schuhe herumlief“, sagt sie. Für dieses hätten sie damals ein Päckchen mit Winterschuhen gehabt. Es waren Momente wie dieser, der sie dazu veranlasst hätte, die Aktion über die vielen Jahre hinweg zu begleiten.
„Wenn heute alle Pakete im Lkw verstaut sind, wird die Tür hier hinter uns zugemacht“, sagt Hirsch. Dann hat sie das letzte Mal die alte Näherei als Umschlagplatz gebraucht. Es sei schon ein gewisser Abschiedsschmerz vorhanden. Dafür bleiben ihr und ihren Mitstreiterinnen die schönen Erinnerungen an die geleistete Arbeit und die glücklichen Kinderaugen erhalten.