Ein halbes Jahr Cannabis-Legalisierung: Merkt man davon was in Enger und Spenge?

Enger/Spenge. Für die einen war es ein lange überfälliger Schritt, bei anderen sorgt es für Angst vor steigender Kriminalität: Seit dem ersten April dieses Jahres ist Cannabis - in einem gewissen Rahmen - legal. Bestimmte Mengen dürfen seitdem von Bürgerinnen und Bürgern angebaut und geraucht werden. Hat sich in dem halben Jahr seitdem wirklich etwas verändert? Dem ist die NW in Enger und Spenge nachgegangen. &bdquo;Mir ist noch kein Cannabis-Konsument begegnet“, sagt Dirk Placke, Leiter der Abteilung Ordnung, Abfallentsorgung, Straßenreinigung in Spenge. Eine ausufernde Cannabis-Kultur sei in Spenge zuvor kein Thema gewesen und das hätte sich auch seit der Legalisierung nicht geändert. Matthias Husemann, Leiter des Ordnungsamts in Enger, berichtet Ähnliches. Auch in der Widukindstadt gebe es &bdquo;keine Hinweise“, dass es im vergangenen halben Jahr einen Anstieg von Vorfällen, die Cannabis involvieren, gegeben hätte. Die Eindrücke der beiden Ordnungsamtsleiter werden durch die Statistik der Kreispolizei gestützt. Im ganzen vergangenen Jahr hat die Polizei in Spenge fünf Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz gezählt, in Enger waren es neun, berichtet Uwe Maser, Pressesprecher der Polizei im Kreis Herford. Soll heißen: Die großen Drogenumschlagplätze waren beide Städte vor der Legalisierung wahrscheinlich nicht. Kiffer outen sich Maser weist aber auch darauf hin: &bdquo;Rauschgiftdelikte sind Kontrollkriminalität.“ Wenn die Polizei mehr kontrolliert, findet sie auch mehr. Kreisweit seien von den Beamten im vergangenen Jahr 355 Drogendelikte gezählt worden, 66 weniger als im Jahr 2022, erklärt Maser. Einen etwas anderen Eindruck hat Dominik Benedens. Der Spenger ist einer der ersten Cannabis-Sommeliers in Deutschland. Er unterstützt das Kölner Unternehmen Cannamedical Pharma bei der Auswahl neuer Cannabis-Sorten und der Bewertung bestehender Produkte. Wegen einer Morbus-Crohn-Erkrankung ist Benedens selbst seit mehr als sechs Jahren Cannabis-Patient. Zudem betreibt er den Podcast &bdquo;Hightere Gedanken“. &bdquo;Seit dem ersten April werde ich von Leuten angesprochen, da hätte ich nicht mit gerechnet“, sagt Benedens. Er sei selbst überrascht, wie viele Menschen vor Ort scheinbar vorher schon Cannabis konsumiert hätten und ihn nun darauf ansprechen, sagt Benedens. &bdquo;Von Anwälten bis Handwerkern ist alles dabei.“ Denn: &bdquo;Bei Konsumenten ist die Angst weg“, so Benedens. Sie werden laut dem neuen Gesetz - solange sie bestimmte Richtwerte einhalten - nicht mehr von den Behörden belangt. Uwe Maser erklärt, dass dieser Bereich nun aus der Arbeit der Polizei herausfalle. &bdquo;Wobei der Handel wie vorher weiter stattfindet.“ Unsicherheit bei den Ordnungsämtern Denn die Frage ist weiterhin, woher Konsumenten ihren Stoff bekommen, sofern sie nicht selbst anbauen. In Bielefeld wurde bereits der erste Cannabis-Club zugelassen. Dominik Benedens bezweifelt aber, dass das den Bedarf in der Region decken kann. Um darüber hinaus regionale Lieferketten aufzubauen, hatte die Bundesregierung eine &bdquo;Säule zwei“ der Cannabislegalisierung angekündigt, die es bisher noch nicht gibt. Solange der Gang ins Fachgeschäft nicht möglich wäre, würden Konsumenten weiter Dealer frequentieren, so Benedens, &bdquo;oder, wenn man Glück hat,“ jemanden im Bekanntenkreis. Weiterhin verboten ist der Konsum von Cannabis in Sichtweite von Orten wie Schulen, Kitas oder (tagsüber) in Fußgängerzonen. Dass es dagegen viele Verstöße geben wird, glaubt Benedens nicht. &bdquo;Die meisten sind vernünftig.“ Tatsächlich herrscht ein halbes Jahr nach der Legalisierung weiterhin Unsicherheit, was entsprechende Kontrollen angeht. In der Verantwortung sind in NRW die Kommunen &bdquo;Das ist alles sehr schwierig, sehr aufwendig und erfordert teilweise Kenntnisse, die bei uns nicht unbedingt vorhanden sind“, sagt Dirk Placke. Das Ordnungsamt in Spenge sei &bdquo;immer noch in der Findungsphase.“ Amtshilfe durch die Polizei &bdquo;Gerade in einer kleinen Kommune ist das noch mal schwieriger“, sagt Matthias Husemann. Es gebe keine Erfahrung im Kontrollieren von Drogen und unklar sei auch noch, wie die neue Gesetzeslage rechtssicher umgesetzt werden könnte. So gilt zum Beispiel, dass Cannabis in der Sichtweite von Schulen nicht konsumiert werden darf, wobei die Sichtweite unter anderem mit 100 Metern definiert wird. In der Praxis kann das bedeuten, dass wenige Schritte den Unterschied zwischen legalem und illegalem Kiffen ausmachen können. Es gebe wegen der vielen Unsicherheiten einen interkommunalen Austausch, sagt Husemann. &bdquo;Wir müssen das auch bei Veranstaltungen im Auge behalten.“ Wahrscheinlich müsse die Kommune auch auf Amtshilfe der Polizei zurückgreifen.

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