Streit um Fällungen in Enger: Wie einfach sind Bäume zu ersetzen?

Enger/Spenge. Es ist im Moment ein immer wiederkehrender Streitpunkt in der Lokalpolitik: Wenn irgendwo gebaut werden soll und Bäume fallen, gibt es Widerstand. So war die Aufregung groß, als Anfang des Jahres für den Radwegausbau am Martinsweg in Spenge 54 Bäume gefällt wurden. Auch bei neuen Baugebieten wie am Nordhof oder am Vorsteherweg in Enger waren Bäume ein Streitpunkt. Die Städte verweisen in einem solchen Fall auf die immer schon eingeplanten Ersatzpflanzungen, die für die Fällungen vorgenommen werden sollen. Doch reicht das? Darüber hat die NW mit Holger Stoppkotte gesprochen. Stoppkotte ist Leiter des Biologiezentrums Bustedt und stellvertretender Vorsitzender der Kreisgruppe Herford des Bunds für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). &bdquo;Entscheidend ist die Einstellung zu Bäumen. Gerade in der aktuellen Zeit“, sagt Stoppkotte. Zu häufig würden Bäume aus städteplanerischer Sicht vor allem noch als Hindernis gesehen. Die Probleme mit der Baumschutzsatzung Aber der Reihe nach: Zunächst einmal sind die Städte Enger und Spenge (und ihre Bürgerinnen und Bürger) dazu verpflichtet, bei Baumfällungen Ersatz zu pflanzen. Das ist durch das Bundes- und Landesnaturschutzgesetz geregelt und darüber hinaus in beiden Städten durch eine Baumschutzsatzung festgeschrieben. Wenn ein Baum mit einem gewissen Umfang - in Spenge sind es 80 Zentimeter, in Enger 90 Zentimeter - gefällt wird, verpflichtet die Satzung zu einer Ersatzpflanzung. So weit, so augenscheinlich einfach. Doch die Regelung habe mehrere Probleme, sagt Stoppkotte. Allem voran: &bdquo;Das kontrolliert keiner“, so der Umweltschützer. Das betreffe vor allem Privathaushalte, aber auch Firmen. Besonders spektakulär ist im Kreis Herford in Erinnerung geblieben, als 2017 herauskam, dass der Küchenhersteller Ballerina in Rödinghausen teilweise über mehr als 20 Jahre Ausgleichsmaßnahmen für Ausbauten nicht durchgeführt hat - soll heißen: Bäume nicht gepflanzt hat. Das Unternehmen musste über 15.000 Bäume nachpflanzen. Außerdem gibt es Ausnahmen: Bäume, die zu klein sind, fallen gar nicht unter die Baumschutzsatzung, sagt Stoppkotte. &bdquo;Obstbäume sind auch ausgenommen“, sagt Stoppkotte. Diese gelten in beiden Kommunen explizit nicht als geschützte Bäume. Zahlreiche Obstbäume wurden zum Beispiel auch für den Ausbau des Martinswegs in Spenge gefällt. &bdquo;Kurzfristig und mittelfristig bedeutet das eine erhebliche Einbuße“ Ein entsprechender Ausgleich soll dort aber gepflanzt werden - sowohl am neuen Martinsweg sowie auf der geplanten Streuobstwiese im ebenfalls geplanten Martinspark. Die Verwaltung in Spenge versprach dafür im März einen Ersatz, der &bdquo;über die Quote Eins-zu-Eins hinaus geht.“ Auch bei der Renteistraße soll es für die 27 zu fällenden Bäume Ersatz geben: 19 neue Bäume in der Innenstadt und weitere Ersatzbäume an anderer Stelle. Doch reicht das? &bdquo;Kurzfristig und mittelfristig bedeutet das eine erhebliche Einbuße“, sagt Stoppkotte. &bdquo;Man müsste 2.000 junge Bäume pflanzen, um einen 100-jährigen Baum zu ersetzen“, sagt Stoppkotte. Nur dann würde die wegfallende &bdquo;Leistung“ wirklich direkt ersetzt. Denn ein neu gepflanzter Baum muss ja in jedem Fall noch wachsen, um einen ähnlichen Effekt auf die Umwelt zu haben wie ein älterer Baum. Auch wenn die Bäume an der Renteistraße in den meisten Fällen keine 100 Jahre alt sind, sieht Stoppkotte eine Verschlechterung der Luftqualität in der Innenstadt über die nächsten 20 Jahre voraus. Denn Bäume spenden auch Feuchtigkeit, binden Staub und versorgen Menschen mit Sauerstoff. Vom kühlenden Schatten im Sommer mal ganz abgesehen. &bdquo;Für die langfristige Perspektive ist es natürlich richtig“, sagt Stoppkotte. Denn irgendwann sind die neuen Bäume ausgewachsen. &bdquo;Doch wenn wir den Klimawandel berücksichtigen, müssten wir eigentlich noch mehr pflanzen.“ Mehr als vorgeschrieben ist. Was dem aber in den Weg kommt: &bdquo;Bäume machen Arbeit“, so Stoppkotte. Entscheidend sei, welche der zwei Seiten der Medaille mehr berücksichtigt werde.

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