Stolpersteine in Enger werden geputzt: Schüler erinnern an jüdische Schicksale

Enger. Die diesjährige Putzaktion der Stolpersteine in Enger, die wenige Tage vor der Europawahl stattfand, war den Anwesenden eine Mahnung vor dem Rechtsruck in Deutschland. Das, was in der NS-Zeit passiert ist, &bdquo;dürfen wir nicht mehr zulassen“, heißt es zu Beginn der Aktion im &bdquo;Haus der Kulturen“. Bernd Rammler, Mitbegründer des &bdquo;Engeraner Manifests“ richtete klare Worte an die Schülerinnen und Schüler der Realschule Enger, die bei der Putzaktion dabei waren: &bdquo;Wir haben Glück, dass wir unsere Menschenrechte haben. Und wir dürfen uns das nicht mehr wegnehmen lassen.“ Jedes Jahr erinnert das &bdquo;Engeraner Manifest“ und die Stadt Enger an die Schicksale der Deportierten im Nationalsozialismus mit einer Putzaktion der Stolpersteine. &bdquo;Wir freuen uns sehr, dass wir eine Klasse gefunden haben, die uns begleitet“, sagt Kordula Schimke bei der Begrüßung im &bdquo;Haus der Kulturen“. In diesem Jahr war die AG &bdquo;Gedenken“ der Realschule Enger dabei und half beim Säubern der Stolpersteine. Bernd Rammler erzählt zu Beginn vom Lyriker Paul Celan. Er musste bis zu seiner Befreiung im Jahr 1944 im Ghetto leben und im Arbeitslager schuften. Seine Erlebnisse hat er in Gedichten verarbeitet. &bdquo;Damit ist er einer der wertvollsten Lyriker der deutschen Geschichte“, sagt Rammler. Das Gedicht &bdquo;Todesfuge“ spielt Rammler den Anwesenden vor. &bdquo;Der Tod ist ein Meister aus Deutschland sein Auge ist blau - er trifft dich mit bleierner Kugel er trifft dich genau.“ Matthias Rasche vom Engeraner Manifest setzt die Zeile in den historischen Kontext: &bdquo;Kriegsgefangene wurden für eine vermeintliche Körpermessung an die Wand gestellt und durch die Wand mit einem Genickschuss getötet.“ &bdquo;Wir können das verhindern“ &bdquo;Mein Opa war in Weimar Bahnhofsvorsteher“, erzählt Johannes Möller, der die Gruppe zusammen mit Ingo Drebes und Manfred Bareis musikalisch begleitet. Er habe die Zeit sehr intensiv mit seinem Vater aufgearbeitet, erzählt er. Sein Vater habe sich daran erinnert, wie damals die Waggons aufgingen und die Deportierten, die die Fahrt überlebt hatten, hungrig, durstig und zum Teil mit Kot beschmiert die zwei Stunden ins Konzentrationslager Buchenwald gehen mussten. &bdquo;Die Soldaten passten auf, dass keiner abgehauen ist.“ Es sei erschreckend, wie normal es war, jemanden zu töten, &bdquo;wenn die Gesellschaft das verlangt“. &bdquo;Wir können das verhindern. Es gibt keinen Platz mehr für Nazis“, sagt Möller. Anschließend machte sich die große Gruppe auf den Weg zu den drei Orten, wo die Stolpersteine liegen. Die Steine wurden vor den letzten bekannten Wohnhäusern der deportierten Juden in Enger eingelassen. Mit Säuberungsmittel und Schwämmen haben sich die Schüler an die Arbeit gemacht, die Messing-Plaketten wieder auf Hochglanz zu polieren. Zu Beginn der NS-Zeit lebten 21 jüdische Mitbürger in Enger, erzählt Matthias Rasche bei den ersten Stolpersteinen an der Werther Straße 6. Hier liegen die Steine von Josef van Pels und Sohn Ernst van Pels. Sie sind zwei der acht Menschen, die in Enger deportiert wurden. Josefs Frau Sophie starb bereits 1940 eines natürlichen Todes. Die Schicksale der deportierten Juden aus Enger Josef van Pels kam wegen angeblicher seniler Demenz in die Heilanstalt Gütersloh. Von dort wurde er im Jahr 1940 in die Heilanstalt Wunstorf gebracht, wo er einen Tag später starb. &bdquo;Sein Sohn Ernst wurde denunziert“, sagt Rasche. &bdquo;Während er bei einer Bekannten Gardinen aufhing, wurde er von Nachbarn gesehen. Er und seine Bekannte wurden daraufhin verhaftet.“ Nach monatelanger Gestapohaft wurden beide deportiert. Im Jahr 1944 kam Ernst nach Auschwitz. 1945 verschleppte man ihn nach Buchenwald, wo er schließlich ermordet wurde. Seine Bekannte, die man nach Ravensbrück deportiert hatte, konnte befreit werden. Die Stolpersteine am Kirchplatz 8 erinnern an die Familie De Vries und die Familie Spanier. Das Ehepaar Helene und Jonas de Vries lebte mit Sohn Ludwig Lehmann im Haus von Max Spanier. Ludwig wurde 1942 ins Warschauer Ghetto deportiert, wo er schließlich starb. Seine Eltern wurden im selben Jahr über Bielefeld nach Theresienstadt und 1944 nach Auschwitz deportiert. Hier wurden sie im Mai umgebracht. Max und Adele Spanier wurden 1942 zunächst in die Sammellager nach Bielefeld gebracht und dort nach Theresienstadt deportiert. Hier wurde Max Spanier im Jahr 1944 ermordet - Adele Spanier überlebte als einzige Engeranerin die Deportation. Sie starb 1957 in den USA, wo sie mit ihren Söhnen Arnold und Eduard lebte. Für Bertha Marx wurde ein Stolperstein vor dem Haus der Bahnhofstraße 1 verlegt. 1942 musste sie zusammen mit den de Vries in ein Auffanglager, einen Tag später erfolgte der Transport nach Theresienstadt. 1944 wurde sie nach Auschwitz-Birkenau deportiert, wo sie vermutlich im Juli umgebracht wurde. Ein Video zum Thema:

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