Weitere Dorfgaststätte am Ende: Traditionslokale schließen für immer

Enger. Vor ein paar Wochen hat der "Alte Dorfkrug" in Besenkamp angekündigt, auf Dauer zu schließen. Durch die Pandemie und die immer weiter steigenden Energie- und Lebensmittelkosten lohne sich das Geschäft nicht mehr, hatten die Betreiber erklärt. Aus dem Stadtbild von Enger verschwindet damit eine weitere Traditionsgaststätte. Dabei gab es davon früher zahlreiche in der Widukindtsadt - Lokale, in denen Jahrzehnte lang Gäste bewirtet wurden, mit Hausmannskost und deutscher Küche. Die NW hat ins Archiv geschaut und zusammengestellt (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) welche Engeraner Dorflokale allein in den letzten 10 bis 15 Jahren dicht gemacht haben - und welche Traditionsgaststätte heute als einzige noch besteht. Brünger in der Wörde Die Gaststätte &bdquo;Brünger in der Wörde“ ist eine jener Dorfgaststätten, die es heute nicht mehr gibt. Ende des 19. Jahrhunderts war sie von Hermann Heinrich Brünger eröffnet worden. In dem Gebäude am Wördeweg gab es früher jedoch nicht nur ein Restaurant, sondern auch eine Backstube. Die Bäckerei wurde mit der Zeit aufgegeben, die Gaststätte jedoch blieb. Bis 1980 haben sie Irmgard und Gustav Brünger betrieben. Danach verpachteten sie das Lokal. Bis etwa zur Jahrtausendwende gehörte der Familie das Gebäude, danach hat sie es verkauft. Eine Traditionsgaststätte wie zu Brüngers Zeiten gibt es in dem Haus heute zwar nicht mehr. Aber: Essen gehen kann man hier noch immer. Heute wird hier Asiatisches serviert. Westfalenhof Vor Kurzem hat auch die letzte Traditionsgaststätte in Westerenger geschlossen: der "Westfalenhof" an der Spenger Straße. Seit mindestens 130 Jahren hat es in dem Gebäude Gastronomie gegeben. Vor der Corona-Pandemie haben sich dort gerne auch Vereine und Gruppen zu verschiedenen Versammlungen oder Stammtischen getroffen. Außerdem gab es regelmäßig ein Frühstücksbuffet. Im hinteren Teil wurde ab und an auch eine Disco veranstaltet. Anfang Dezember 2021 hat das Gebäude den Besitzer gewechselt. Neuer Eigentümer ist ein Düsseldorfer – ein Bekannter von Thomas Berger, der gemeinsam mit Mehmet Sezen das Restaurant &bdquo;Nobis“ an der Poststraße betreibt. Auch beim Projekt &bdquo;Westfalenhof“ ist Berger mit im Boot: Für den neuen Besitzer verwaltet er das Gebäude. Wie genau es mit dem &bdquo;Westfalenhof“ weitergeht, steht noch nicht fest. &bdquo;Aber es wäre schön, wenn es unten in irgendeiner Art weiter Gastronomie geben könnte“, hatte Berger vor ein paar Wochen im Gespräch mit der NW berichtet. Cassing (Drei Kronen) Seit einiger Zeit ist es auch in der Gaststätte Cassing in der Engeraner Innenstadt dunkel. Anke Cassing hatte das Traditionslokal ein letztes Mal Ende Januar 2020 aufgeschlossen. Zuletzt war sie dort nur noch Pächterin, das Gebäude war schon 2016 verkauft worden. Gut 100 Jahre lang hatte es in dem Gebäude an der Bünder Straße Gastronomie gegeben - seit dem frühen 20. Jahrhundert, als Heinrich Brüggemann und seine Familie in das Haus eingezogen waren und einen Gasthof mit Restaurant eröffnet hatten. Mit dem Haus an der Bünder Straße verbindet man aber vor allem die Familie Cassing, die den Gasthof &bdquo;Drei Kronen“ Jahrzehnte lang betrieb. Viele heimische Vereine trafen sich dort - und auch der ein oder andere Promi war zu Gast: 1910 zum Beispiel machten Heimatdichter Hermann Löns und Professor Hermann Landois, der Gründer des Zoologischen Gartens in Münster, hier über Nacht Station. Alte Schänke ("Penne") Die &bdquo;AlteSchänke“ an der Bielefelder Straße – oder &bdquo;Penne“ wie sie bei vielen hieß – war ebenfalls ein alteingesessenes Lokal in der Innenstadt von Enger. Bis 2017 trafen sich im Schankraum, in dem sich seit Jahrzehnten nichts verändert hatte, Schützen und Sportler, Stammtischler und alle, die einfach nur ein gepflegtes Bierchen trinken wollten. Für viele war die &bdquo;Penne“ Kult. Alter Dorfkrug Auch der "Alte Dorfkrug" in Besenkamp, den es ebenfalls seit Jahrzehnten gab, ist inzwischen Geschichte. Zuletzt hatte Günther Schmidt das Lokal gepachtet und es gemeinsam mit seiner Familie drei Jahre lang geführt. Aber: Corona hat auch dem &bdquo;Alten Dorfkrug“ schwer zu schaffen gemacht. Schon seit Dezember vergangenen Jahres ruhte der Gaststätten-Betrieb. Seitdem betreiben Schmidt und seine Familie ein Corona-Schnelltestzentrum in den Räumen. Vor ein paar Wochen haben sie angekündigt, das Lokal nicht wieder öffnen zu wollen. Nun richten sie in dem Gebäude - zusätzlich zu der Teststelle - einen Betreuungs- und Hauswirtschaftsservice für pflegebedürftige Menschen sowie jetzt ab Juni oder Juli einen ambulanten Pflegedienst ein. Echterbeck Viele Engeraner verbinden das Gebäude an der Ecke Bielefelder/Werther Straße noch immer mit einem Namen: Echterbeck. Mitte der 1930er Jahre hatte das Ehepaar Echterbeck die dortige Gaststätte übernommen und viele Jahrzehnte lang geführt. Danach gab es wechselnde Pächter. Ein Grieche und mehrere italienische Restaurants zogen ein - allerdings keine Traditionsgaststätte mehr wie es Echterbeck war. Die letzten Monate stand das Restaurant leer, in ein paar Wochen jedoch zieht wieder Leben in die Räume ein: Dann öffnet dort das "Ristorante del Piero". Die letzte Traditionsgaststätte Heute gibt es nur noch eine einzige Traditionsgaststätte im Stadtgebiet von Enger: das Restaurant "Zur Post" in Herringhausen. Seit 1961 betreibt es die Familie Kenter. Aber schon seit etwa 1900 sei in dem Gebäude an der Ecke "Antersiek" und Herforder Straße eine Gaststätte gewesen, sagt Geschäftsführer Frank Kenter, dessen Mutter Hanna Kenter Inhaberin der "Post" ist. Bis auf Montag und Dienstag - da ist Ruhetag - bewirten die Kenters ihre Gäste täglich ab 18 Uhr. Auf der kleinen aber feinen Speisekarte stehen Spezialitäten aus der regionalen und interkontinentalen Küche: Im Winter zum Beispiel servieren die Kenters deftige deutsche Gerichte wie Grünkohl oder Leckeres von der Gans. "Absolutes Alleinstellungsmerkmal" sei aber vor allem ihr westfälischer Lappenpickert. "Der wird bei uns noch nach traditioneller Art auf gusseisernen Plaaten gebacken", sagt Frank Kenter. In der Hoch-Zeit im Herbst steht der regelmäßig donnerstags auf der Karte, ansonsten nach Bestellung. Es gab noch deutlich mehr Lokale Mit Ausnahme der "Post", die nach wie vor besteht, haben die oben genannten Traditionsgaststätten im Laufe der letzten 10, 15 Jahre geschlossen. Enger hatte allerdings noch deutlich mehr solcher Dorflokale, die allerdings schon vor längerer Zeit geschlossen haben: die Gaststätte "Unter den Linden" oder den "Ravensberger Hof" zum Beispiel - beide an der Bielefelder Straße gelegen - das Hotel Herzog Wittekind, das Restaurant "Deutsches Haus" oder die Gaststätte "Pörtner, um nur ein paar Beispiele zu nennen.

Meistgelesen