Nicht nur beim Hausarzt: Dieser Apotheker impft jetzt auch gegen Grippe

Enger. Es ist ein Modellversuch, den der Apothekerverband Westfalen-Lippe (AVWL) und die AOK Nordwest im Herbst starten: AOK-Versicherte können sich dann auch in teilnehmenden Apotheken vor Ort gegen Grippe impfen lassen. Auch eine Apotheke in Enger macht mit. Es sei Wille des Gesetzgebers, die Quote bei den Grippe-Impfungen zu erhöhen, teilen der AVWL und die Apothekerkammer Westfalen-Lippe in einer gemeinsamen Erklärung mit. "Bislang sind in der älteren Bevölkerung gerade einmal 35 Prozent der Menschen gegen Grippe geimpft; laut Weltgesundheitsorganisation sollten es 75 Prozent sein." Wie viele Apotheken im Kreis Herford genau sich an dem Modellversuch beteiligen, steht nach Angaben des AVWL noch nicht fest. Eine Apotheke im Kreisgebiet wird aber auf jeden Fall dabei sein: die Mühlen-Apotheke in Enger. Das berichtete Inhaber Jens Kosmiky auf Anfrage der Neuen Westfälischen. Impfung eigentlich Aufgabe der Mediziner Wichtig ist ihm allerdings eines: Die Grippe-Impfung soll auch künftig ureigenste Aufgabe der Mediziner bleiben. Dazu wolle er nicht in Konkurrenz treten. Patienten sollten sich auch weiterhin zunächst an ihren Arzt wenden. Die Impfung bei ihm in der Apotheke solle nur ein unterstützendes Angebot sein. "Wenn es beim Hausarzt zum Beispiel Terminschwierigkeiten gibt oder der Patient keinen Arzt hat, der die Impfung übernehmen könnte, dann ist die Apotheke eine mögliche Anlaufstelle." Es sei aber in keiner Weise gewollt, den Ärzten die Patienten streitig zu machen. Um überhaupt die Spritze gegen die Influenza geben zu können, hat sich Kosmiky fortgebildet. In Vorbereitung des Modellversuchs habe es ein dreiteiliges Seminar für die teilnehmenden Apotheker aus dem Gebiet der AVWL gegeben, berichtet er. Zwei Online-Fortbildungen habe es gegeben und am vergangenen Samstag eine achtstündige Präsenzschulung. "Da stand dann der praktische Teil auf dem Programm", berichtet der Engeraner. "Dabei hat man uns gezeigt, wie man impft." Die teilnehmenden Apotheker haben bei der praktischen Schulung aber auch erfahren, was bei einem Notfall zu tun ist - wenn der Patient zum Beispiel nach der Impfung einen allergischen Schock bekommen sollte. "Für diesen Fall hat man uns auch nochmal den Umgang mit dem Adrenalin-Pen vermittelt", sagt Kosmiky. Und noch etwas sei in einem solchen Fall entscheidend: "Die 112 rufen und Hilfe kommen lassen." Kein Riesen-Ansturm erwartet In der Mühlen-Apotheke gegen Grippe impfen dürfe nur er selbst und eine Mitarbeiterin: Apothekerin Andrea Ciesler. "Sie macht auch die Schulung", sagt Kosmiky. Wenn sich ein Patient bei ihm immunisieren lassen wolle, müsse er zuvor einige medizinische Fragen beantworten - zum Beispiel, ob er Erkrankungen oder Allergien habe oder welche Medikamente er nehme. Wenn sich dann herausstelle, dass es sich um einen Patienten mit einem gewissen Risiko handele, impfe er ihn nicht. Das müsse dann in jedem Fall der Arzt übernehmen. Dass es den Riesenansturm bei ihm auf die Grippeimpfung geben wird, davon geht Kosmiky ohnehin nicht aus. Vielmehr rechnet er mit einem "relativ überschaubaren Patientenaufkommen", sagt er. "Vielleicht 10 Leute in der Saison." Der jetzt anlaufende Modellversuch sei auf drei Jahre angelegt. Er hofft, durch das unterstützende niederschwellige Angebot mithelfen zu können, die Impfquote zu erhöhen. Ab wann genau es die ersten Grippe-Impfungen bei ihm in der Mühlen-Apotheke geben wird, steht noch nicht fest. Im Moment sei noch gar kein Impfstoff da, sagt Kosmiky. "Es ist geplant, im Herbst loszulegen." Niedrigschwelliges Angebot steigere Impfquote Mit Hilfe des Modellversuchs werde überprüft, ob die Quote durch ein zusätzliches Impfangebot in den Apotheken vor Ort erhöht werden könne, schreiben Apothekerkammer und Apothekerverband Westfalen-Lippe in ihrer gemeinsamen Erklärung. &bdquo;Erfahrungen aus anderen Ländern wie Frankreich, wo Apotheker bereits impfen, zeigen, dass durch ein niederschwelliges Angebot die Impfquote gesteigert werden kann", sagt Thomas Rochell, AVWL-Vorstandsmitglied. "Wir müssen in der kommenden Saison das Aufeinandertreffen einer erneuten Corona- und der Grippewelle unbedingt verhindern - auch deshalb ist dieses zusätzliche Angebot so wichtig", sagt Gabriele Regina Overwiening, Präsidentin der Apothekerkammer Westfalen-Lippe.

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