Wie feiern Menschen in Enger und Spenge dieses andere Weihnachtsfest

Enger/Spenge. Normalerweise stellt Andrea Lohmeier ihren Weihnachtsbaum erst an Heiligabend morgens auf - manchmal auch ein, zwei Tage vorher. Dieses Jahr aber stand der Baum schon geschmückt und leuchtend eine gute Woche vorm Fest im Wohnzimmer. In diesem Jahr sei Weihnachten so viel anders, sagt die Engeranerin. "Da wollten wir wenigstens lange etwas von unserem Baum haben." Ohne Frage: Weihnachten ist ein anderes in diesem Jahr. Corona und der Lockdown machen große Familienfeiern unmöglich. Selbst die Gottesdienste fallen aus - eigentlich undenkbar zum Christfest. Und dennoch: Trotz aller Widrigkeiten machen die Leute das Beste aus der Adventszeit und dem Fest selbst, werden kreativ, feiern ein wenig anders. Dies sind ihre Geschichten. Der Weihnachtsmann kommt per "Zoom" In der Familie von Maik Paulini gibt es schon seit Jahren eine schöne Weihnachtstradition: Immer am vierten Advent kommt die ganze große Familie zusammen: Eltern und Kinder, Cousinen, Nichten und Neffen, Onkel und Tanten. "Forelle gibt's dann und für die Kinder kommt der Weihnachtsmann", erzählt Paulini. Aber: In diesem Jahr war das nicht möglich. Ganz darauf verzichten wollte die Familie aber dennoch nicht: Darum hat sie das Treffen kurzerhand ins Internet verlegt - der Weihnachtsmann kam über "Zoom" zu den Kindern. Paulinis Sohn Elias war ein paar Tage zuvor noch schnell zur Großtante gefahren und hatte auch ihr das Videokonferenz-Programm eingerichtet - damit auch die älteren Verwandten am großen virtuellen Treffen teilnehmen konnten. Beisammensein - ohne zusammen zu sein Beisammensein, ohne zusammen zu sein - das ist in dieser Advents- und Weihnachtszeit das Gebot der Stunde. Andrea Lohmeier etwa erzählt von ihrer außergewöhnlichen Weihnachtsfeier mit ihren 12 Arbeitskollegen: "Die war rein virtuell. Wir saßen alle am Laptop." Sie hatte ihren unten im Garten auf einem Stehtisch aufgebaut. Gleich daneben loderte ein gemütliches Feuer in einer Feuertonne. "Dazu gab's Glühwein." Ihren Rechner habe sie extra so ausgerichtet, dass ihre Kollegen in die Flammen schauen konnten. "Damit sie auch ein bisschen Weihnachtsstimmung hatten." Und dann gab es da noch diese besondere Geburtstags-Aktion für eine Kollegin kurz vor Weihnachten: Feiern hätten sie den Jubeltag wegen der Pandemie ja nicht können, erzählt Lohmeier. Als Ersatz hätten sich die Kollegen darum etwas anderes einfallen lassen: einen coronakonformen Geburtstagsparcours. Während eines Spaziergangs sei das Geburtstagskind von ihrem Mann zu den einzelnen Stationen gelotst worden. An jeder stand ein anderer Kollege und überreichte der Jubilarin - mit Abstand - die ein oder andere Leckerei: Kekse und Kuchen, Tee und alkoholfreien Sekt, Bockwurst und das Lieblingskonfekt. So feiern die Bürgermeister In den Familien geht es ruhig zu dieses Jahr zum Fest. Das ist auch bei Engers Bürgermeister Thomas Meyer nicht anders. Heiligabend würden sie zwar auch in normalen Jahren nur unter sich im kleinen Kreis feiern. An den Weihnachtstagen stünden sonst aber schon Besuche an. Und normalerweise würden sie Heiligabend auch gerne in den Gottesdienst gehen. Ob sie den jetzt im Internet verfolgen würden, stehe noch nicht ganz fest, sagt Meyer. Auch für Spenges Bürgermeister Bernd Dumcke und seine Familie wird es dieses Jahr ein ruhigeres Fest. Sonst kam auch hier die Familie in großer Runde zusammen, mit Geschwistern und Eltern. "Und sonst haben wir am ersten Weihnachtstag auch immer den Geburtstag von lieben Freunden gefeiert - aber das findet alles nicht statt." Wie er Weihnachten stattdessen feiert? "Wir werden ein bisschen mehr telefonieren, ein bisschen mehr Spazierengehen und vielleicht auch ein bisschen mehr essen als sonst - mit all den Begleiterscheinungen", sagt er lachend. Ein anderes Weihnachten wird's auch für den Pastor Definitiv ein anderes Weihnachtsfest wird es auch für den Engeraner Pastor Eckardt Koch sein. Normalerweise halte er mindestens zwei Gottesdienste an Heiligabend. "Manchmal auch drei." Dieses Jahr ist es nur einer - danach hat er Feierabend. "Das ist schon sehr fremd", sagt er lachend. Und es wird noch dazu ein völlig anderer Gottesdienst sein: ohne Besucher in der Stiftskirche, ohne gemeinsamen Gesang, dafür live übertragen im Internet (17 Uhr, www.kg-enger.de). Wie das sein wird - Koch weiß es nicht. "Aber ich freue mich, dass das überhaupt geht." Auch privat wird's Weihnachten anders bei den Kochs: "Das wird zuhause merkwürdig sein, keines von unseren Kindern wird da sein." Und im Gespräch fällt ihm ganz plötzlich noch etwas anderes auf: "Wir haben noch nie nur zu Zweit Weihnachten gefeiert", sagt er erstaunt. "Wir leben seit 1983 zusammen - aber das gab's noch nie." Es sei also gewissermaßen eine Premiere für seine Frau und ihn. Und die wird gefeiert: mit Gans. Eine Tradition bleibt Weihnachten wird auch in der Familie von Sieghart Kröger anders ablaufen. "Wir sind mit den Kindern eigentlich immer in den Gottesdienst gegangen." In diesem Jahr war Kröger als Ordner für den Open-Air-Gottesdienst vor der Pauluskirche eingeteilt. "Aber auch der fällt ja nun leider aus." Stattdessen will das Ehepaar Kröger mit seinen drei Kindern (8, 10 und 12) als Einstimmung aufs Fest jetzt eine Weihnachtswanderung machen. An einer Tradition will Sieghart Kröger aber auf jeden Fall festhalten: Im Mittelpunkt steht dabei die "Rose von Jericho" - eine Wüstenrose, die sehr lange ohne Wasser auskommt. Heiligabend stellen die Krögers die "Rose von Jericho" in Wasser. Und wie durch ein Wunder öffnet sich diese krautige, zunächst eher unscheinbare Pflanze im Laufe von wenigen Stunden. Die Pflanze scheint buchstäblich zu neuem Leben zu erwachen. "Das ist eine schöne Tradition - die bleibt."

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