Kandidatin der Grünen setzt in Enger auf Klimaschutz und bessere Radwege

Frau Schlüter-Ruff, was qualifiziert Sie mehr als Ihre Mitbewerber für das Bürgermeisteramt? REGINA SCHLÜTER-RUFF: Ich möchte einen fairen Wahlkampf führen und mich auch nur auf mich konzentrieren. Ich bin seit 1994 Mitglied im Stadtrat, seit 2003 Fraktionsvorsitzende der Grünen. Als Leiterin der Stadtbücherei bin ich Teil der Spenger Stadtverwaltung, kenne mich also auch gut mit Verwaltungsvorgängen aus. Außerdem bin ich Mitglied in vielen Vereinen, bin also auch hier gut vernetzt: Ich habe die Initiative Willkommen gegründet, bin im Vorstand des Gerbereivereins und von &bdquo;Una Terra". Ich finde es außerdem an der Zeit, dass mal eine Frau an der Verwaltungsspitze steht. Denn 52 Prozent der Engeraner Bevölkerung sind weiblich. Im Stadtrat etwa spiegelt sich das aber nicht entsprechend wider. Wie sind Sie zur Politik gekommen? SCHLÜTER-RUFF: Politisch interessiert war ich schon in der Schule. Ausschlaggebend dafür, mich politisch zu engagieren, war aber die Meller Straße, an der ich wohne. Die Sicherheit für Fußgänger und Radfahrer war dort nie gewährleistet. Das war ein Knackpunkt für mich – und damals der Grund, in die Politik zu gehen. Das Thema Radweg Meller Straße ist bis heute ein brennendes. Im Ortskern Dreyen gibt es die entsprechende Infrastruktur zwar mittlerweile. Außerhalb fehlt ein Radweg aber noch immer. Wollen Sie das ändern, wenn Sie Bürgermeisterin werden? SCHLÜTER-RUFF: Ein Radweg an der Meller Straße zumindest vom Friedhof bis zum Ortseingang Dreyen wäre mir wichtig. Wenn Mittel da sind, auch vom Ortsausgang Dreyen bis zum Hücker Kreuz. Im Zuge des neuen Alltagsradwegekonzepts sollen alle Ortsteile über sichere Radwege mit der Innenstadt verbunden werden. Die Stadt soll hier mutig entscheiden und breite Radwege und -straßen bauen, fordern die Grünen. Generell ein guter Plan. Aber wie wollen Sie das finanzieren? SCHLÜTER-RUFF: Das sind langfristig angelegte Projekte, die entsprechend im Haushalt eingeplant werden müssen. Zum Teil gibt es auch Förderprogramme vom Land. Die Grundsteuer oder die Gewerbesteuer anheben, würde ich aber nicht. Wir haben schon recht hohe Steuersätze. Ganz oben auf Ihrer Agenda steht der Klimaschutz. Auf Antrag der Grünen ist im Herbst 2019 der Klimanotstand in Enger ausgerufen worden. Außerdem wurde damals ein Klimaschutzbeirat vom Rat beschlossen. Ein Jahr ist seither vergangen, aber nichts ist passiert. Hat die Verwaltung das Thema verschleppt? SCHLÜTER-RUFF: Natürlich hat das alles viel zu lange gedauert. Aber jetzt sind wir auf einem guten Weg, den wir – den ich – zügig weitergehen möchten. Die Bewerbungsfrist für den Klimaschutzmanager oder die Klimaschutzmanagerin endet bald. Es tut sich also etwas. Sie sagen, Klimaschutz sei eine Aufgabe, die quer durch alle Abteilungen der Stadtverwaltung mitgedacht werden müsse – dass hier ein generelles Umdenken stattfinden müsse. Wie soll das konkret aussehen? SCHLÜTER-RUFF: Ja, Klimaschutz sollte im Rathaus immer mitgedacht werden – bei den großen Planungen wie dem Neubau öffentlicher Gebäude genauso wie bei kleinen Entscheidungen: Wenn man etwa neues Papier braucht, sollte man Recycling-Papier nehmen und neue Drucker oder Kopierer sollten möglichst klimafreundlich sein. Es muss da auch Fortbildungen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Verwaltung geben. Am Sieler Weg plant die Stadt ein neues Baugebiet. Bislang ist hier noch Ackerfläche. Die Grünen tragen das Projekt mit – obwohl das eine weitere Flächenversiegelung bedeutet. Das steht im Widerspruch zu den Zielen von Umwelt- und Naturschutz . . . SCHLÜTER-RUFF: Wir haben sehr lange über das Projekt diskutiert. In der Fraktion gab es große Konflikte. Aber es soll am Sieler Weg einen sozialen Wohnungsbau mit ökologischen Standards geben. Außerdem soll eine Kita gebaut werden. Alles Dinge, die wir programmatisch immer unterstützt haben. Darum haben wir uns letztlich entschieden, das Projekt mitzutragen. Abgesehen vom Klimaschutz: Welche Themen würden Sie als Bürgermeisterin vorantreiben? SCHLÜTER-RUFF: Die Entwicklung des Heckewerthgeländes an der Bachstraße – da muss etwas passieren. Zwar ist das eine private Fläche, aber die Stadt müsste stärker in die Gespräche mithineingehen, um das Projekt voranzutreiben. Ein Anliegen sind mir auch Kita-Plätze. In der Stadt werden derzeit zwei neue Tagesstätten gebaut, aber das wird nicht reichen – wir brauchen nach den Prognosen noch um 50 weitere Plätze. Dass alle Familien einen Kita-Platz bekommen, wenn sie ihn brauchen, ist mir sehr wichtig. Allerdings ist der Kreis dafür zuständig, entsprechende Plätze bereitzustellen – nicht die Stadt. SCHLÜTER-RUFF: Ja, aber auch da muss man manchmal ein wenig schubsen. Klimaschutz und Kitas – was steht noch auf Ihrer Agenda? SCHLÜTER-RUFF: Fast 30 Prozent der Engeraner Bevölkerung sind älter als 60. Und je älter die Menschen sind, desto eingeschränkter ist oft die Mobilität – und desto größer häufig das Alleinsein. Mitunter wird es auch mit der Versorgung schwierig. An dieser Stelle würde ich gerne ansetzen und eine Stelle im Rathaus schaffen, an die sich alte Menschen – aber auch pflegende Angehörige – wenden können, wenn sie in Not sind, Rat oder Hilfe brauchen. Das würde ich gern institutionalisieren. In Enger wird viel über eine Umgestaltung des Barmeierplatzes diskutiert. Was sind Ihre Pläne dafür? SCHLÜTER-RUFF: Die letzte Umgestaltung war nicht der große Wurf und wir haben da auch nicht zugestimmt. Wir möchten auf dem Platz mehr Aufenthaltsqualität schaffen. Dafür können wir uns vorstellen, ihn von der Renteistraße bis zur Parkpalette vom Verkehr abzubinden. Die Idee haben wir schon lange, haben aber bisher keine Mehrheiten finden können. Wenn Ihnen zehn Millionen Euro für die Stadt zur Verfügung stünden – welche Projekte würden Sie umsetzen? SCHLÜTER-RUFF: Ein Drittel würde ich in den Bau von Radwegen stecken. Mit einem weiteren Drittel würde ich eine Schnellbuslinie von Enger-Mitte in Richtung Bielefeld finanzieren und die Kosten für ÖPNV-Tickets senken. In Herford gibt es ein Klima-Ticket – so etwas hätte ich für Enger gerne auch. Das letzte Drittel würde in den Bau von Photovoltaik-Anlagen auf öffentlichen Gebäuden und in die Kulturförderung fließen. Glauben Sie, von den guten Umfragewerten der Grünen im Bund profitieren zu können? SCHLÜTER-RUFF: Davon gehe ich aus. Der Klimaschutz bewegt viele Menschen – trotz Corona. Und unser Hauptthema auch hier in Enger ist der Klimaschutz. Welche Eigenschaften zeichnen Sie aus? SCHLÜTER-RUFF: Ich bin humorvoll, fair und geradlinig, offen, aber nicht distanzlos – und ich beende Projekte gerne und höre nicht mittendrin auf. Mit welchem Ihrer Mitbewerber würden Sie privat mal etwas trinken gehen? Mit Amtsinhaber Thomas Meyer (SPD) oder Philip Kleineberg (CDU)? SCHLÜTER-RUFF: Gerne mit beiden zusammen.

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