Bünde aus der Sicht der Jugendlichen: Was fehlt in der Stadt?

Bünde. Für die einen sind sie ein sicherer Hafen, für andere ein Ärgernis: Jugendtreffpunkte. Kaum ein Thema sorgt so regelmäßig für Diskussionen zwischen Jugendlichen, Erwachsenen und Stadtverwaltung und leider auch für Ärger bei Anwohnern. Wir, das sind Jette Schnietz und Lukas Reinhardt aus Bünde, sind Schüler am Gymnasium am Markt und gerade Praktikanten der Neuen Westfälischen. Die Diskussion um Treffpunkte oder Orte für Menschen in unserem Alter bewegt uns sehr. Ich, Jette, erinnere mich an einen Vorfall vor einem Jahr. Ich war mit Freundinnen unterwegs und es kam zu einer kleinen Auseinandersetzung mit einer Frau. Wir saßen auf einem Spielgerät zwischen Rathaus und Else, als uns die Frau vorwarf, wir würden Kinderspielzeuge beschädigen. Die Frau drohte sogar, sie würde die Polizei rufen. Es kamen noch zwei Männer hinzu, die uns aber eher verteidigten und meinten, dass es keinen Grund gebe, so mit uns zu sprechen. Wir haben uns daraufhin mit der Frau und den beiden Männern nett unterhalten. Im Gespräch kam heraus, dass ihnen aufgefallen sei, dass Jugendliche in Bünde wenige Optionen hätten. Wo können sich Jugendliche in Bünde überhaupt treffen? Wir fragen uns: Wo trifft man sich eigentlich noch, wenn man jung ist und einfach mal raus will – aber nicht schon wieder an der Laurentiuskirche oder auf den Bänken am Elseradweg landen will? In Bünde haben wir unsere Treffpunkte, die genau das bieten: Sie sind Räume zum Reden, Lachen, Musik hören und Räume, an denen wir einfach mal wir selbst sein können. Doch immer wieder geraten sie in die Kritik: Für Anwohner sind sie oft zu laut und zu schwierig. Und in den offiziellen Jugendtreffs wie das &bdquo;Timeout“ oder das &bdquo;Atlantis“ ist für uns Jugendliche selbst oft zu wenig los, weil diese Treffpunkte nur wenigen wirklich bekannt sind. Und ein frisch sanierter Skatepark ist sicherlich schön, trifft aber auch nicht das Interesse von allen. Das haben wir bei unseren Freunden zwischen 15 und 17 Jahren mal nachgefragt und erfahren. Lesen Sie dazu auch: Das sind in Löhne die Treffpunkte für Jugendliche Für Jugendtreffpunkte wird zu wenig geworben Aber wie steht es überhaupt um die inoffiziellen Treffs an der Laurentiuskirche, dem Elseradweg oder unter Brücken? Zigarettenstummel, leere Energydrinks und überall Scherben von kaputten Bierflaschen – so sehen mittlerweile massenweise dieser Punkte aus. Für viele Erwachsene ist die Sache klar: Wir, die Jugendlichen selbst, haben diesen Müll hinterlassen. Wir haben aber erfahren, dass der ehemalige Grünen-Ratsherr Elmar Holstiege vor einigen Monaten im Stadtrat ein anderes Bild schilderte. In einer Diskussion um Verpackungsmüll auf dem Elseradweg kam von einigen Ratsmitgliedern Kritik gegen uns Jugendliche auf. Elmar Holstiege erklärte aber, dass er beobachtet habe, dass vor allem Krähen und andere Vögel die Mülleimer am Radweg nach Essbarem durchsuchen und die Verpackungen auf dem Weg verteilen würden. Als Autoren dieses Artikels haben wir die Meinungen unserer Freunde zusammengefasst: &bdquo;Es gibt zu wenige Jugendtreffpunkte. Und für die, die es gibt, wird zu wenig geworben“. So klingt der Tenor der Antworten unserer Freunde auf die Frage, ob sie mit dem Angebot in der Stadt zufrieden seien. Eine ganz andere Sache ist aber das Gefühl der Unsicherheit an verschiedenen Orten in der Stadt. Der Vorplatz an der Laurentiuskirche ist nur einer davon. &bdquo;Als Mädchen oder junge Frau passiert es uns manchmal, dass uns Jungs oder auch junge Männer hinterherpfeifen, wenn wir an ihnen vorbeigehen“, sagt die fünfzehnjährige Elin – eine Freundin. Ein Aspekt, der offizielle Jugendtreffpunkte als Orte der Sicherheit aus unserer Sicht noch nötiger macht. Beliebte Treffpunkte befinden sich aber unter Brücken – zum Beispiel die Brücke der Levisonstraße. Aber: &bdquo;Ich nehme es so wahr, dass sich ältere Jugendliche oder junge Erwachsene oft unter diesen Brücken aufhalten, wodurch wir, die Jüngeren, eingeschüchtert werden“, sagt der fünfzehnjährige John – ein Freund. Wir haben unsere Fragen auch an diejenigen geschickt, die in dieser Stadt zu entscheiden haben: die Parteien im Stadtrat und unsere Bürgermeisterin. Die Anfrage haben wir am Mittwoch, 29. Oktober, gestellt. Antworten haben wir von den Parteien Bündnis 90/Die Grünen, der CDU und der SPD sowie später auch von der Bürgermeisterin erhalten. Alle werben in diesem Zusammenhang für eine Teilnahme am Jugendrat der Stadt Bünde, der am kommenden Samstagvormittag im Rathaus tagt (Beginn: 10 Uhr). Lesen Sie dazu auch: Plätze für Jugendliche: &bdquo;Es wäre nicht sinnvoll, alles zu schließen“ Ältere Jugendliche schüchtern die jüngeren an Treffpunkten ein Stefanie Janßen-Rickmann von den Grünen und Oliver Uhlich von der CDU schrieben, dass ihnen die von uns geschilderten Umstände bekannt seien. Uhlich schreibt: &bdquo;Wir wissen, dass sich viele Jugendliche lieber an Plätzen aufhalten, die nicht von Erwachsenen kontrolliert werden. Leider führt das in der Praxis zu Problemen, insbesondere durch liegengelassenen Müll und Vandalismus.“ Dieser Vorwurf wurde in der erwähnten Sitzung durch den ehemaligen Grünen-Ratsherrn Elmar Holstiege aber zumindest teilweise entkräftet. Stefanie Janßen-Rickmann ist davon überzeugt, dass ein sogenannter &bdquo;dritter Ort“ eine Lösung sein kann und erklärt: &bdquo;Das sind niedrigschwellige und kostenfreie Räumlichkeiten, die für alle Bevölkerungsgruppen offenstehen. Darin können auch Jugendliche einen geschützten Ort finden, an dem sie nichts konsumieren müssen, sondern Musik und Sport machen können, Spiele spielen oder sich einfach aufhalten dürfen.“ Einen solchen &bdquo;dritten Ort“ sieht Janßen-Rickmann unter anderem im ehemaligen DeLa Casa (Rahningscher Hof) – direkt neben dem Rathaus. Außerdem wünscht sich die Grünen-Fraktionschefin, dass Stadtteiltreffs etabliert werden und dass Sportplätze für die Nutzung geöffnet werden. Diese Wünsche würden allerdings Geld kosten – laut Janßen-Rickmann sei das aber eine Investition in die Zukunft junger Menschen. Oliver Uhlich und Stefanie Janßen-Rickmann kündigen beide an, sich um unsere Belange in Rat und Ausschüssen aktiv einzusetzen. Uhlich schrieb uns: &bdquo;Eure Anregungen, die Jugendzentren stärker zu bewerben, nehmen wir gerne mit.“ Dabei soll auch verstärkt die digitale Schulplattform iServ genutzt werden. Eher rein politisch und allgemein klingt für uns die Antwort von Philipp Kollmeier, Vorsitzender der SPD-Ratsfraktion. Er antwortet: &bdquo;Wir möchten, dass Kinder und Jugendliche in Bünde Orte finden, an denen sie ihre Freizeit selbstbestimmt und frei gestalten können. Wir möchten Einrichtungen wie das Atlantis stärken, sie weiter entwickeln, modern halten und für junge Menschen noch attraktiver machen.“ Als Besonderheiten in der Stadtentwicklung für junge Menschen nennt er den Skateplatz am Autohof, das entstehende Sport- und Freizeitareal auf dem Gelände des ehemaligen Else-Stadions oder das neue Freibad. Von der Resonanz der Lokalpolitiker etwas enttäuscht Im Anschluss an eine allgemeine Erklärung der Stadtverwaltung auf unsere Anfrage, äußert sich auch kurz Bürgermeisterin Susanne Rutenkröger, die erklärt, dass ihr die Jugend sehr am Herzen liege und ein Draht zwischen Jugendlichen und der Politik wichtig sei. Auch Rutenkröger wirbt für mehr jugendliche Beteiligung im Jugendrat am Samstag, an dem wir ebenfalls teilnehmen wollen. &bdquo;Jede Anregung zählt“, sagt sie. Das Jugendamt hat zu Beginn der Reihe &bdquo;Kinder- und Jugendrat Bünde“ angekündigt, dass für die Sitzung des jungen Gremiums neben Ankündigungen in der Presse sowie im Internet und mit Plakaten auch über die digitale Schulplattform iServ geworben werden soll. Aus eigener Erfahrung und Gesprächen mit Freunden aus der Schule wissen wir allerdings, dass nur sehr wenige tatsächlich darüber informiert sind, weil die Nachrichten in der Masse vielleicht untergegangen sind. Als Autoren dieses Artikels und vor allem als Jugendliche dieser Stadt finden wir es auch durchaus enttäuschend, dass von sieben angeschriebenen Ratsparteien nur drei überhaupt auf unsere Anfrage geantwortet haben. News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Herford

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