Keine Busfahrer mehr zu finden: Bünder Reiseunternehmen stellt den Betrieb ein

Bünde. Die Bücher sind mit Buchungen von Schulen und Vereinen voll bis 2026, die Busse stehen abfahrtbereit vor der Tür und befördern tagtäglich Hunderte Schüler. Doch schon seit Jahren haben Busunternehmen in ganz Deutschland damit zu kämpfen, Menschen zu finden, die ihre Busse auch fahren. Mit Brand-Reisen in Bünde hat ein Traditionsunternehmen aus der Region nun seine Konsequenzen daraus gezogen. &bdquo;Leider müssen wir Ihnen fristgerecht den Auftrag zu Ihrer Busfahrt wegen Geschäftsaufgabe stornieren. Wir werden unseren Betrieb aus Mangel an Busfahrern zum 14. Juli 2025 schließen.“ Eine Nachricht, die Andrea Brand in den vergangenen Tagen an Schulen, Vereine und Gruppen verschicken musste. Fahrten, die vor dem Datum gebucht sind, sollen wie geplant stattfinden. &bdquo;Wir haben uns vor einigen Tagen dazu entschieden“, sagt Andrea Brand, die Geschäftsführerin der Erich Brand Omnibusbetrieb GmbH, im Gespräch mit der Neuen Westfälischen. Brand-Reisen besteht mittlerweile in der dritten Generation und hat in den vergangenen Jahrzehnten unzählige Schüler zu den Zielen ihrer Klassenfahrten befördert. Viele Vereine aus Bünde und Umgebung waren mit dem Unternehmen unterwegs. Am 11. Juli wird ein Bus der Firma Brand zum letzten Mal Schüler in Bünde befördern. Dann sind Sommerferien. Unternehmen wollte Schulen und Vereine möglichst früh informieren &bdquo;Es war uns wichtig, dass wir vor allem den Schülerspezialverkehr in diesem Schuljahr noch vernünftig zu Ende bringen“, sagt Andrea Brand. Auch die Schulen und Vereine sollten rechtzeitig informiert sein, um noch möglichst einen Ersatz zu finden. Dass ein Unternehmen mit vollen Auftragsbüchern aufgeben muss, ist eher ungewöhnlich, doch in der Branche ein Problem, das schon vor Jahren aufkam. Zu einem nicht unerheblichen Teil hat auch der Wegfall der Wehrpflicht seit Sommer 2011 damit zu tun – aber auch rechtliche Veränderungen. Im Sommer 2012 sagte ein Bünder Busunternehmer gegenüber der NW, dass der Wegfall der Wehrpflicht sogar eine &bdquo;zentrale Ursache für das Nachwuchsproblem“ in Busunternehmen sei. Denn früher sei bei der Bundeswehr der Grundstock für die Ausbildung zum Busfahrer relativ einfach und schnell möglich gewesen. Die meisten jungen Männer hätten während ihres Wehrdienstes den Lkw-Führerschein gemacht, der dann nur noch mit einem Personenbeförderungsschein aufzustocken war. Führerscheine ließen sich später nicht mehr einfach umschreiben Mit Einführung der europäischen Führerscheinklassen 1998 war der Lkw-Führerschein auch nicht mehr ohne Weiteres auf die Personenbeförderung zu erweitern. Denn ab dann benötigten Lkw-Fahrer nicht mehr nur zwei Jahre Fahrpraxis, sondern einen extra zu absolvierenden Busführerschein mit einem relativ hohen Maß an Fahrstunden. Schlussendlich kam auch noch die EU-Berufsqualifikation mit etwa 200 Unterrichtsstunden und eine Prüfung vor der IHK hinzu. Alles in allem kamen Kosten von 8.000 bis 10.000 Euro auf den angehenden Busfahrer zu – jedenfalls im Jahr 2012. Und die waren privat zu finanzieren, sofern nicht das Arbeitsamt die Qualifikationsmaßnahme bezahlte. Die Finanzierung dieser Umschulungen wurde zu der Zeit aber stark reduziert, was nach Aussage einer Sprecherin der Agentur für Arbeit Bielefeld 2012 mit der Insolvenz der Verkehrsbetriebe Minden-Ravensberg (VMR) zu tun hatte. Das führte in der Region zu einem Überangebot an Busfahrern. 📱News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Herford &bdquo;Heute sind unsere Fahrer meistens im Rentenalter“, sagt Andrea Brand. Fast alle haben ihre Ausbildung dafür vor vielen Jahren bei der Bundeswehr absolviert oder bei der Polizei. Dort wurden Hundertschaften früher mit großen Polizeibussen transportiert, die von einem Polizeibeamten gefahren wurden. Bei der Bundespolizei gibt es diese Ausbildung zum Teil heute noch. &bdquo;Und die jüngeren Fahrer wollen wegen ihrer Familien oft keine Fahrten mehr über mehrere Tage machen“, so Andrea Brand. Corona-Pandemie hat die Situation noch weiter verschärft Auch der Industrie- und Handelskammer ist das Problem bekannt. Neben dem Wegfall der Wehrpflicht zeigen sich auch noch die Auswirkungen der Pandemie. &bdquo;Die Corona-Pandemie hat insbesondere im Bereich des Busgewerbes die Situation noch weiter verschärft, da sich wegen der seinerzeit geltenden Restriktionen für Busreisen zum Teil Mitarbeitende beruflich anders orientiert haben. Hinzu kommt der demografische Faktor, aufgrund dessen regelmäßig mehr Berufsfahrer altersbedingt ausscheiden, als Jüngere nachkommen“, sagt Oliver Horst, Leiter Kommunikation bei der IHK, auf NW-Nachfrage. Mittlerweile würden sich laut Horst mehrere Betriebe zusammentun. Sie setzen bereits auf verschiedene Maßnahmen wie Qualifizierungsprogramme und gezielte Anwerbung, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Dennoch bleibe die Situation angespannt. Brand-Reisen hat fünf Vollzeitstellen, die sich auf mehrere Fahrer – darunter auch Aushilfen – verteilen. Andrea Brand wisse zwar, dass auch der eher geringe Verdienst ein Grund sei, aber die Firma Brand habe schon immer etwas mehr gezahlt, als in der Branche üblich sei, sagt die Geschäftsführerin. Die Busse des Unternehmens werden laut Andrea Brand zum Sommer hin verkauft. Inwieweit andere Unternehmen die Fahrten der Vereine und Schulen in der zweiten Jahreshälfte und in 2026 übernehmen können, wird sich in den kommenden Monaten zeigen.

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