Waffenrechts-Prozess um AfD-Unterstützer aus Bünde mit überraschender Wendung

Bünde/Herford/Minden. Das vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster laufende Verfahren um die verfassungsrechtliche Einstufung der AfD wirkte sich am Montag auch auf ein zeitgleich vor dem Verwaltungsgericht Minden laufendes Verfahren um Waffenbesitzkarten eines ehemaligen AfD-Mitglieds aus Bünde aus. Dem Sportschützen waren seine Waffenbesitzerlaubnis widerrufen worden und er musste seine Gewehre verkaufen. Gegen den Entzug der WBK klagte er in Minden. 2016 und 2018 hatte der von Rechtsanwalt Peter Jahn (Minden) vertretene Kläger drei Waffenbesitzkarten beantragt und erhalten. Doch im Jahr 2020 meldet sich das Innenministerium NRW bei der für das Waffenrecht zuständigen Kreispolizeibehörde in Herford und informierte über Aktivitäten des Bünders für den rechten Flügel der AfD. Der Mann habe die sogenannte &bdquo;Erfurter Resolution“ von 2015 unterschrieben, die als Gründungsakte für den inzwischen verbotenen sogenannten &bdquo;Flügel“ der Rechtsextremen um Björn Höcke und Andreas Kalbitz gilt. Weil er damit die Ziele dieser gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichteten Gruppierung unterstütze, sei die im Waffengesetz verlangte Zuverlässigkeit nicht gegeben. Die Erlaubnis wurde im Januar 2023 widerrufen, der Bünder musste seine Waffen verkaufen. Bis 2023 Beiträge gezahlt Aktiv für die AfD eingesetzt habe er sich in den vergangenen Jahren auch nicht mehr, betonte der Kläger. Die Teilnahme von AfD-Spitzenfunktionären 2017 an einer Gedenkstunde in der russischen Botschaft in Berlin habe ihn zum Umdenken bewogen. Seitdem, also länger als die verlangten fünf Jahre, habe er keinen aktiven Beitrag für die AfD geleistet, bis zum Austritt 2023 lediglich den Mitgliedsbeitrag gezahlt. Der Austritt sei allerdings erst kurz nach dem Bescheid der Waffenbehörde vom Januar 2023 und kurz vor der Klageerhebung erfolgt, hielt die Kreispolizeibehörde dagegen. Reicht die bloße Mitgliedschaft in der AfD und eine jetzt fast neun Jahre zurückliegende Unterstützung einer heute offiziell aufgelösten rechtsextremen Gruppierung für ein vielleicht noch bis 2029 andauerndes Waffenbesitzverbot aus? Da kommt nach Ansicht der Einzelrichterin der 8. Kammer des Verwaltungsgerichts Minden, Annika Kapitza, die parallel laufende Verhandlung über die verfassungsrechtliche Einstufung der AfD und ihrer Unterorganisationen in NRW vor dem OVG Münster ins Spiel. Anwalt verweist auf Urteil aus Thüringen und Sachsen-Anhalt Sollte die AfD dort ein Verdachtsfall bleiben, könnte das Rechtswirkung für den Prozess in Minden haben, weil die Mitgliedschaft des Bünders ja noch bis in Jahr 2023 bestand. Die allein aber reiche nicht für ein Waffenverbot, wies Peter Jahn auf frische OVG-Urteile aus Thüringen und Sachsen-Anhalt hin. Um aus dem Zeitproblem – das OVG Münster hat im AfD-Verfahren noch weitere Prozesstage bis Juni angesetzt und die AfD-Anwälte versuchen offenbar, das Verfahren über die Wahltermine zu ziehen -, schlug die Mindener Richterin einen Vergleich vor: Frühestens 2025 darf der Bünder neue Waffenbesitzkarten beantragen. Die jetzt genannten Vorbehalte werden dann nicht mehr eingewendet. Weisung an die Mitarbeiter Doch dagegen sperrte sich die beklagte Herforder Waffenbehörde. Sie hätten Weisung von ihrer Vorgesetzten, ein Urteil zu erwirken, so die entsandten Kreisbeschäftigten. Ein spontanes Telefonat mit der Dezernentin brachte vielmehr eine neue Begründung, die Klageseite wie Gericht überraschte: Der Bünder habe in der letzten Woche noch als sachkundiger Bürger für die AfD an einer Sitzung des Polizeibeirats teilgenommen, wurde mitgeteilt. Daran konnte sich der Kläger allerdings nicht erinnern. Ein Irrtum amtlicherseits, wie Rechtsanwalt Peter Jahn vermutete? Unter den Mitgliedern des Polizeibeirats in Herford taucht aktuell ein von der AfD nominiertes Mitglied ähnlichen Namens auf. Der Name des Klägers ist lediglich in alten Protokollen als sachkundiger Bürger im Wahlprüfungsausschuss des Kreistages Herford von 2014 zu finden. Nach der Kommunalwahl 2020 gar nicht mehr. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts wurde bis zur Klärung der Frage vertragt. Die Waffenbehörde des Kreises in Herford muss also noch weitere Ermittlungen in dem Fall durchführen. Sind die abgeschlossen, soll es einen weiteren Termin geben, teilte die Sprecherin des Minder Gerichts mit. Neuer Prozess Mindestens bis zu diesem neuen Prozesstermin bleibt es für den Bünder aber bei dem Verbot, Waffen zu besitzen. In der Vergangenheit hatten sich die waffenrechtlichen Überprüfungen auf die Fragen fokussiert, ob etwa ein Waffenbesitzer straffällig geworden ist und damit auch seine Erlaubnis erlosch. Oder aber, ob ihm aufgrund eines Alkohol-Delikts der Führerschein abgenommen worden war. Solche Fälle galten bisher als klare Zeichen für eine Unzuverlässigkeit, die zum sofortigen Einzug der WBK und der Waffen führte. Mit dem neuen Waffenrecht gehen die Waffenbehörden nun auch der Frage nach, ob sich eine Person gegen die verfassungsmäßige Ordnung wendet oder einer Organisation angehört, die dies tut. Lesen Sie dazu auch: Darum dürfen Extremisten im Kreis Herford Waffen besitzen In einem hessischen Fall entschied das Gießener Verwaltungsgericht hingegen, dass ein Mann aus Altenstadt - der im Umfeld von NPD-Aktionen aufgefallen war -, obwohl vom Verfassungsschutz als Rechtsextremist eingestuft, seine Waffen behalten darf. Das berichtet im April der Hessische Rundfunk (Az.: 9 L 280/24.GI). Das Gericht habe geurteilt, dass die Einstufung des Klägers als Rechtsextremist durch den Verfassungsschutz allein nicht ausreiche, um ihm die Erlaubnis, Waffen zu besitzen, zu entziehen.

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