Hochwasser in Bünde weckt Erinnerungen an Überschwemmungen von früher

Bünde. Aus eigener Erfahrung kann der Autor der nachfolgenden Zeilen über die Bedrohung durch Hochwasser berichten, denn als Anwohner eines Else-Zulaufes ist bei entsprechenden Niederschlägen immer auch ein Auge auf den Pegelstand des sonst nur wenige Zentimeter messenden Rinnsals gelenkt. Es kommt zwar recht selten vor, dass sich der Bachlauf mit dem Gartenteich vereint, doch auch diese ungewöhnliche Nähe hat das Fließgewässer schon zur Wohnbehausung gesucht. Dass dies jedoch nichts Außergewöhnliches ist, belegen nicht nur zahlreiche Bilder und Quellen aus längst vergangenen Tagen. Die schriftlich belegbare Geschichte der Elsestadt, als die Bünde auch immer wieder gern bezeichnet wird, reicht bis in das Jahr 853 zurück. Vermutlich siedelten aber bereits zuvor schon Menschen in der Region. Ein Argument, um hier an Ort und Stelle sesshaft zu werden, dürfte nicht zuletzt der namensgebende Wasserlauf gewesen sein. Klar, Wasser gilt als Grundnahrungsmittel und ist damit für die Menschen seit jeher unabdingbar. Also bevorzugten unsere Vorfahren bei der Suche nach geeigneten Siedlungsplätzen die Nähe von Flüssen und Bächen. Doch berücksichtigten sie mit Sicherheit auch eine gewisse Hochwassersicherheit bei der Wahl ihres Lebensraumes. Und auch diesbezüglich konnte das, was wir heute als die Keimzelle der Stadt vermuten müssen, mit einem überzeugenden &bdquo;Standortvorteil“ aufwarten. Denn es ist mehr als unwahrscheinlich, dass der oftmals als älteste Besiedlung der Stadt angenommene, aber hochwassergefährdete Bereich von Rathaus und Einkaufszentrum &bdquo;die alte Ort“, also zwischen Else und Museumsareal, wirklich die Ur-Siedlung darstellte. Diese muss doch vielmehr auf der Anhöhe, auf der noch heute die Laurentius-Kirche thront, angenommen werden. Wobei verlässliche Überlieferungen, geschweige denn schriftlich aussagekräftige Quellen dazu gänzlich fehlen. Wo Hochwasser beherrschbar war und wo nicht Wie so oft können vielleicht anhand von Flurbezeichnungen – oder wie in diesem Fall sogar von Straßennamen – Rückschlüsse gezogen werden. Denn an das hochwassersichergelegene Areal der Kirche schließt sich der Bereich des &bdquo;Tie“ an, dessen heutige Benennung als Straßenzug vermutlich auf eine Nutzung als Gerichts- und Versammlungsort in altgermanischer Zeit hindeutet, der in der Regel inmitten einer Siedlung zu finden war. Doch wie dem auch sei, mit dem Anwachsen der Ortschaft bildeten sich um den Kern Stück für Stück weitere Bebauungsgebiete, die dann scheinbar auch immer öfter in das Areal temporärer Hochwasserereignisse hinein gebaut wurden. Dass das Hochwasserrisiko dort wohl noch beherrschbar war, das belegt die schon erwähnte Besiedlung &bdquo;der Ort“. Unter anderem fotografische Überlieferungen aus der Mitte des letzten Jahrhunderts dokumentieren zwar Überschwemmungen, doch hätte dort nicht über Jahrhunderte eine Bebauung existiert, wenn es wasserbedingt regelmäßig zu massiven Schäden gekommen wäre. Anders vielleicht auf der anderen Seite der Else. Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts war nahezu der komplette, heutige Innenstadtbereich nördlich der Else Überflutungsgebiet. Auch daran erinnert noch heute die Benennung eines Straßenzuges: Kleiner Bruchweg. Bruch dient damals wie heute als Fläche für Überflutungen Das Bruch, worauf der letztgenannte Straßenname Bezug nimmt, ist das schon seit jeher als Ausgleichsfläche für Überflutungen der Else dienende Areal, das noch heute zwischen Ahle und dem Stadtzentrum in Hochwasserzeiten einen Großteil der temporären Wassermassen aufnimmt. Im direkten Innenstadtbereich reichte dieses Gebiet einst bis an die Wasserbreite, wovon sich auch diese noch heute gebräuchliche Straßenbenennung ableiten lässt. Und um in Zeiten der Überschwemmungen dieses Feuchtgebiet überbrücken zu können, dazu wurde der sogenannte Bolldamm angelegt, der heute als Bahnhofstraße zwar noch existent, seine ursprüngliche Rolle als aufgeschütteter und mit Holzbelag befestigter Weg durch den Flutbereich aber längst eingebüßt hat. Mittels Aufschüttungen wurden entlang dieses Straßenzuges zunächst einzelne, neue Baugrundstücke erschlossen, die aufgrund des erhöhten Niveaus dann eine gewisse Resistenz gegenüber den Wassermassen aufwiesen. Doch der Bedarf an Lebensraum – heute würde von offizieller Seite vermutlich von &bdquo;baulicher Verdichtung“ gesprochen – war damit noch längst nicht befriedigt. Und so kam es in den 1920er Jahren zu einer radikaleren Lösung: Durch die sogenannte &bdquo;Else-Regulierung“ erhielt der Wasserlauf zwischen dem erhaltenen Bruchgelände und der Lübbecker Straße ein völlig neu gestaltetes Flussbett und eröffnete den Stadtplanern dadurch gänzlich neue Horizonte. Insbesondere das Areal links und rechts der heutigen Ernst-Reuter-Straße, die im Übrigen bis 1953 noch Großer Bruchweg hieß und erst in Erinnerung an den Besuch des regierenden Bürgermeisters der damals isolierten Stadt Berlin umbenannt wurde, profitierte davon. Während der gesamte Bereich zwischen Else und heutiger Blankener Straße bis dahin nahezu unbesiedelt war, konnte erst danach eine allmähliche Bebauung einsetzen. Es entstanden zahlreiche Ein- und Mehrfamilienhäuser, aber auch durchaus Gewerbeflächen. Die üppig geschnittenen Grundstücke direkt am Elsedamm zählten und zählen zu den exklusivsten Lagen der Innenstadt. Hochwasser 1915 und 1956 Wasser ist aber nun mal ein Medium, das sich nur schwer eindämmen lässt und insbesondere, wenn ihm der über Jahrtausende gewachsene &bdquo;Lebensraum“ begrenzt wird, dann versucht es, sich neue Wege zu erschließen. Wenn dann auch noch die Wassermenge zunimmt, zeigen sich sehr schnell die Schwachstellen in der jeweiligen Hochwasserprävention. Und dass es immer mal wieder unerwartet große Wassermassen gegeben hat, davon können in diesen Tagen zahlreiche Helfer ein (Klage)-Lied singen. Doch auch dies war nicht das erste und vermutlich auch nicht das letzte Mal, dass nur dank massiven Einsatzes der unterschiedlichen Gliederungen des Katastrophenschutzes Schlimmeres verhindert wurde. Als letzter Teil dieses Areals kann noch heute der Parkplatz hinter dem Rathaus angesehen werden. Obwohl mit dem Ausbau der damaligen Lettow-Vorbeck-Straße und Neubau der Theodor-Heuss-Brücke dem Straßenzug ein hochwasserresistentes Niveau verliehen wurde, lädt diese tiefliegende Abstellfläche Else regelmäßig dazu ein, hier &bdquo;aus ihrem Bett zu kriechen“. Dokumentiert sind zum Beispiel in den Jahren 1915 und 1956 ähnliche Hochwasserereignisse. Während im Januar 1915 die innerstädtischen Überflutungsflächen noch weitestgehend intakt waren, erreichten die Wassermaßen einen Pegel, der den zuvor als Querung des Überschwemmungsgebietes angelegten Bolldamm an seine Grenzen brachte. Und nachdem in den späten 1920er Jahren mit der Eindeichung der Else große Flächen vermeintliche Hochwassersicherheit erlangt hatten, eroberten sich im Juli 1956 überdurchschnittliche Wassermengen die damaligen Straßenzüge der &bdquo;alten Ort“ und den Bereich rund um das ehemalige Spritzenhaus, dem damaligen Sitz der Bünder Feuerwehr. Als letzter Teil dieses Areals kann noch heute der Parkplatz hinter dem Rathaus angesehen werden. Obwohl mit dem Ausbau der damaligen Lettow-Vorbeck-Straße und Neubau der Theodor-Heuss-Brücke dem Straßenzug ein hochwasserresistentes Niveau verliehen wurde, lädt diese tiefliegende Abstellfläche Else regelmäßig dazu ein, hier &bdquo;aus ihrem Bett zu kriechen“.

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