Großbritannien will durchgreifen: Wie stehen Bünder Schulen zum Handyverbot?

Bünde. 17 Stunden Bildschirmzeit. Am Tag. Da musste auch Christian Kass schlucken. “Das habe ich bei einem unserer Schüler gesehen. Und das ist bestimmt nicht gesund”, sagt der Vertrauenslehrer des Gymnasiums am Markt. Trotzdem scheint ihm ein totales Handyverbot an Schulen, wie es zurzeit diskutiert wird, eher unpassend. In Großbritannien wird das Thema Handynutzung an Schulen zurzeit heiß debattiert. Bildungsministerin Gilian Keegan spricht sich im Kabinett deutlich für ein Handyverbot an den britischen Schulen aus. Sie sagt: “Eines der größten Probleme, mit denen Kinder und Lehrer heute konfrontiert sind, ist die Auseinandersetzung mit den Auswirkungen von Smartphones in unseren Schulen.” Damit meint die Politikerin, dass Handys eine ablenkende und störende Wirkung auf die Schüler haben. Künftig sollten die Geräte vor dem Unterricht in Schließfächern eingeschlossen werden, um die Lerneffektivität der Schüler wieder zu verbessern. Ist so ein Verbot auch in Deutschland vorstellbar – und umsetzbar? Um das herauszufinden, hat die NW mit Vertretern weiterführender Schulen aus Bünde gesprochen. Ein zweischneidiges Thema sei es, sagt Christian Kass, der am Gymnasium am Markt Religion, Englisch- und Deutsch unterrichtet. Ein Handy habe viele positive Effekte, “wo ich super mit den Schülern arbeiten und davon profitieren kann”. Es könne zum Beispiel gut zu Recherchezwecken genutzt werden und den Unterricht auf diese Weise bereichern. “Andererseits wissen wir aber aus Erfahrung, dass es Schüler gibt, die das Handy nicht so einsetzen, wie man es einsetzen sollte, zum Beispiel um Bilder hin- und herzuschicken”, sagt er. Ein Handyverbot sei für ihn unter anderem deshalb nicht sinnvoll, weil es schlecht kontrollierbar sei. So denken die Schüler darüber Und wie sehen die Schüler das? Von den insgesamt 14 befragten Jungen und Mädchen ist das Handy laut eigener Aussage für die Hälfte im Schulalltag eine Ablenkung. Ein Schüler sagte, dass das Handy für ihn ein Statussymbol sei. Abgeben wolle er es nicht. Sieben Schüler gaben an, ihr Handy mitzunehmen, um in Kontakt mit den Eltern zu bleiben. Die NW hat noch andere weiterführende Schulen in Bünde kontaktiert und die Verantwortlichen ebenfalls mit dem Thema konfrontiert. Unter anderem wollte die Redaktion wissen, wie die Schulordnung mit Blick auf die Handynutzung aussehe und ob sie sich für oder gegen ein Handyverbot an Schulen aussprechen würden. Gunnar Woltering, Schulleiter des Freiherr-vom-Stein-Gymnasiums und die Schülersprecherinnen Mia Röthemeyer und Pia Fieseler sprechen sich klar gegen ein Handyverbot an ihrer Schule aus. Unter anderem weil ein solches Handyverbot schwer zu kontrollieren sei. Außerdem führten solche Regeln meist nur dazu, gebrochen zu werden, teilen sie weiter mit. Die Schülersprecherinnen sagen auch, dass ein sinnvoller und effektiver Umgang besser sei als ein komplettes Verbot an Schulen. Handyverbot an der Realschule Nord Die Realschule Bünde Nord hingegen hat sich für ein Handyverbot an Schulen ausgesprochen, wie Schulleiter Guido Broziewski Blomenkamp mitteilt. &bdquo;Zur Internetrecherche kann ein IPad anstatt eines Handys dienen“, sagt er. Vielmehr solle die Kommunikation der Schüler untereinander gestärkt werden, durch die Handys sei das eben nicht der Fall. An der Realschule Bünde-Mitte ist das Handy laut der kommissarischen Schulleiterin Sonja Biberacher während des Unterrichts ausgeschaltet in der Tasche aufzubewahren. Auch hier dienen zu Recherchezwecken die IPads. Biberacher sagt: &bdquo;Das eigene Handy jederzeit zur Hand nehmen zu dürfen, würde eine konzentrierte Teilnahme am Unterricht sicherlich erschweren.“ Natürlich gehöre das Handy längst zum Alltag der Schüler, auch als Kommunikationsmittel. &bdquo;Es ist uns aber ein Anliegen, die direkte Kommunikation untereinander wieder mehr zu fördern und dazu gibt es an einem Schultag reichlich Gelegenheit“, ergänzt sie. Echte Gespräche, die Mimik, Gestik und Tonfall aufweisen, sind einer Textnachricht, der all dieses fehlt – und die schnell auch einmal fehlinterpretiert werden könne – allemal überlegen. Eine zentrale Regelung für alle Schulen würde laut Biberacher aber eine &bdquo;manchmal aufkommende Diskussion sicherlich einschränken“. Die Meinung zum Handyverbot ist an den Schulen gespalten. Klar ist aber: 17 Stunden pro Tag am Smartphone–Bildschirm zu hängen – das ist eindeutig zu viel.

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