Warum tausende Fische in Bünde umgesiedelt werden müssen

Bünde. Erleichterung. Peter Vietinghoff und Sascha Müller war sie am Samstag deutlich anzusehen. Der 1. und 2. Vorsitzende des Sportangelvereins Dünne können wieder etwas ruhiger schlafen, denn der erste große Schritt für das &bdquo;Projekt Moorteich“ ist geschafft: die Bergung und Umsiedlung des Fischbestands. Grund für den enormen Aufwand sind Ratten, die den Deich des Moorteichs an der Bunzlauer Straße untergraben haben. Der muss repariert werden, sonst könnte er brechen. Doch die Angler machen aus der Not noch eine Tugend und planen gleich ein großes Sanierungspaket für das beliebte Naherholungsgebiet mit ein. Am letzten Septemberwochenende haben die Angler, die das Gewässer gepachtet haben und betreuen, sozusagen den Stöpsel aus dem Moorteich gezogen. Eigentlich sollte der Wasserstand bis zum vergangenen Samstag schon weiter gesunken sein, als er es tatsächlich getan hatte. Geplant waren im vorderen Drittel noch 50 Zentimeter, damit man zum Abfischen noch mit Booten darauf fahren kann – dort befindet sich die tiefste Stelle, die üblicherweise 2,20 Wassertiefe misst – plus einer dicken Schicht Nassschlamm. See muss durch ein 150-Millimeter-Rohr ablaufen Das Ziel erreichten die Sportangler nicht ganz, denn das Wasser floss nicht so schnell ab, wie es zuvor berechnet worden war. &bdquo;Wir haben hier lediglich ein Abflussrohr mit 150 Millimeter Innendurchmesser. Das ist der einzige Abfluss“, so Sascha Müller. Zum Vergleich: Eine haushaltsübliche Toilette verfügt schon über ein 100-Millimeter-Rohr. Der Regen am Donnerstag mit nahezu 30 Zentimetern pro Quadratmeter hätte fast dafür gesorgt, dass der Wasserspiegel sogar wieder um fünf bis zehn Zentimeter gestiegen wäre. Hier mussten die Angler mit Pumpen nachhelfen, um gegen den Regen anzukämpfen und den Wasserstand weiter langsam zu senken. Das Prinzip funktionierte und mit langsam sinkendem Wasserspiegel zogen die Fische vom hinteren Bereich an der Grenze zum Erlensee über mehrere Tage nach vorn, wo es tiefer war und am Samstag Andreas Maday vom niedersächsischen Angelverband zum Einsatz kam. &bdquo;Die Fische werden elektrisch eingefangen“, sagt Sascha Müller. Dazu leitet Maday über einen Kescher einen elektrischen Stromimpuls ins Wasser. Der Kescher bildet dabei die Anode, ein Kabel am Boot die Kathode. Zwischen beiden Polen bildet sich ein elektrisches Feld, in dem alle Fische durch den Impuls für einen kurzen Moment benommen sind und sich in Richtung Anode – dem Kescher – bewegen. &bdquo;Ich steuere den Impuls über einen Trittschalter. Sobald ich sehe, dass die Fische reagieren, unterbreche ich sofort. Für die Fische ist das sehr schonend. Sobald der Impuls unterbrochen ist, schwimmen sie ganz normal weiter“, erklärt Andreas Maday im Gespräch mit der Neuen Westfälischen. Invasive Arten gefährden den heimischen Fischbestand Die Elektrofischerei wird unter anderem zur Bestandskontrolle eingesetzt, zu wissenschaftlichen Zwecken, oder – wie am Samstag im Moorteich in Randringhausen – zur Rettung und Umsiedlung des Fischbestands, wenn ein Gewässer vorübergehend oder dauerhaft trockengelegt werden muss. Bei den vielen tausend Wasserbewohnern war das erwartungsgemäß ein Tagesprojekt. Andreas Maday sammelte die Fische in einem mit einem Netz abgegrenzten Teil des Moorteichs ein und übergab sie an Helfer des Angelvereins, die sie kategorisierten, zählten und schließlich in auf Anhängern bereitstehende Behälter setzten, mit denen sie zu den anderen Teichen des Vereins in der Umgebung gebracht wurden – jedenfalls die, die auch in heimische Gewässer gehören und nicht zu den invasiven Arten zählen, die den Fischbestand gefährden. Sascha Müller weiß, dass manche Besitzer von Zierteichen und größeren Aquarien zu groß gewordene Fische in einer Nacht- und Nebelaktion aussetzen. &bdquo;Die dürfen wir dann auf keinen Fall wieder aussetzen. Das ist strengstens verboten.“ Die Fische müssten dann je nach Art wieder in Zierteiche umgesetzt oder fachmännisch getötet werden. Mit einem amerikanischen Flusskrebs – auch Kamberkrebs genannt – fand Andreas Maday im Moorteich eine dieser invasiven Arten. &bdquo;Der ist in der Lage, alle hier heimischen Krebsarten in unseren Gewässern mit einer Krankheit zu infizieren, die zum Tod führt“, sagt der Experte aus Niedersachsen. Solche Krebse kommen mikroskopisch klein über die Kiemen ausgesetzter Fische in heimische Gewässer. Auch mehr als 500 Teichmuscheln fanden schon in den Tagen zuvor die Angler des Vereins bei Rundgängen. Und nicht nur das: beim Abfischen ging auch Müll ins Netz. Jetzt, wo die Uferbereiche frei liegen, kommen auch die Sünden von Partyhungrigen zum Vorschein: pfandfreie Spirituosenflaschen zum Beispiel. Glaube an einen Riesenwels im Moorteich bleibt Einem Mythos aus dem Anglerlatein der Sportfischer setzte Andreas Maday allerdings (fast) ein Ende. Am Samstagmorgen spekulierten einige der Mitglieder noch, ob denn endlich der fast zwei Meter große Riesenwels, den einige gesehen haben wollen, gefangen wird. Maday sagte dazu am Samstagabend: &bdquo;Der Wasserstand ist nun so tief, dass ein Wels dieser Größe mit Sicherheit zu sehen wäre.“ Doch einige wollen den Glauben nicht aufgeben und vermuten, dass sich der Riesenfisch am Samstag in eine ruhige Ecke des Teichs verzogen haben könnte. In den nächsten Monaten wird das Wasser weiter abfließen. Die Verbindung zum oberhalb liegenden Erlensee ist unterbrochen. Im kommenden Jahr werden die Sportangler mit der Reparatur des Deichs beginnen, den Uferbereich verschönern und dem Moorteich bei entsprechendem Wasserstand letztlich wieder Leben einhauchen. Mehr als zehntausend Euro investiert der Sportangelverein Dünne. Schlaflose Nächte wird das dem Vorstand vermutlich aber nicht mehr bescheren.

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