Rentner aus Enger soll 225 Euro Strafe für wenige Minuten Falschparken in Bünde zahlen

Bünde. "Das ist einfach nur unverschämt", regt sich der Engeraner auf. "Ich bin nur einmal zur Vorderseite der 'Alten Apotheke' gegangen, habe gesehen, dass das Gebäude leer steht und bin wieder zum Auto gegangen." Keine zwei Minuten hätte er das Auto, das er auf dem Parkplatz hinter dem ehemaligen Restaurant in der Bünder Innenstadt geparkt hatte, verlassen. Dennoch scheint die Zeit ausgereicht zu haben, um ein Beweisfoto von seinem dort abgestellten Wagen zu machen - und prompt flatterte einen Monat später ein Schreiben von einem Anwalt aus Mainz bei ihm ein. Ein Bescheid über widerrechtliches Parken, er soll zahlen. Sein Auto hätte auf einem privaten Parkplatz gestanden, steht in dem Schreiben. Der Rentner aus Enger soll nun 225 Euro Strafe für das Falschparken blechen. Was für ihn aber gar nicht Frage kommt: "Ich lasse das jetzt erst einmal von meinem Anwalt überprüfen." Auch bei der Polizei sei er bereits gewesen. Und die Beamten fanden die Summe unverhältnismäßig hoch, sagt er. Vier Plätze sind auf dem großen Parkplatz jeweils mit einem kleinen Schild an der Mauer gekennzeichnet: "Alte Apotheke - Restaurant & Feinkost". Daneben sind jeweils Schilder, auf denen davor gewarnt wird, das Fahrzeug bei unrechtmäßigem Parken, auf eigene Kosten abschleppen zu lassen. Ein großes Schild mit dem Hinweis "Privatparkplatz" an der Einfahrt von der Elsestraße fehlt aber. "Das ist Abzocke" Der angebliche Parkverstoß fand am 21. Juni statt. Menschen, die in Bünde oder in der näheren Umgebung wohnen, könnten vielleicht wissen, dass das Restaurant Ende Mai 2023 geschlossen wurde, sagt der Engeraner. "Leute von außerhalb aber vielleicht nicht". Der Rentner betont, dass er diese Information nicht gehabt hätte. Er hätte dort essen wollen, also hätte er das Recht gehabt als Kunde auf dem Kundenparkplatz zu stehen. Und er fühle sich jetzt wie in eine Falle gelockt. "Das ist Abzocke", sagt er. Ähnlich sieht es Stefan Neitzel, der Anwalt des Rentners aus Enger. "Ich finde es schon sehr dreist von dem Pächter", sagt er. Zumal das nicht der erste Fall sei, der ihm in genau dieser Sache mit dem gleichen Parkplatz und dem gleichen Anwaltsschreiben zugetragen worden sei. Außerdem würde es ihn brennend interessieren, wie die hohe Strafe zustande gekommen sei. Denn weiter im Schreiben steht, es seien Kosten im Wert von 1.200 Euro entstanden. Der Engeraner soll davon einen Anteil zahlen: 165,10 Euro Anwaltsgebühren, 20 Euro für Post und Telekommunikation, 35,17 Mehrwertsteuer und Halterermittlungskosten vom Amt: 5,10 Euro - in Summe 225,37 Euro. Wird die Strafe nicht fristgerecht bezahlt, sehe man sich gezwungen, gerichtliche Schritte einzuleiten. Zusätzlich sollte der Rentner eine Verpflichtungserklärung unterschreiben, dort nie wieder zu parken und wenn er es doch tut, dann könne die Höhe der Vertragsstrafe "nach billigem Ermessen" bestimmt werden - heißt: Jede Summe zu zahlen, die vom Besitzer des Parkplatzes festgelegt wird. Der Pächter und somit Besitzer des Parkplatzes war zu dem Zeitpunkt noch Marc Lach. Die Parkplätze wurden trotz geschlossener Gastronomie weiterhin benötigt Der bekannte Restaurantbetreiber und Koch eröffnete sein Geschäft "Alte Apotheke - Restaurant & Feinkost" am 15. September 2021 in Bünde. Im April 2023 erwähnte der Koch aus Hamburg gegenüber der NW, dass er nach der Schließung im Mai zurück in seine Heimat gehen werde. Laut dem Eigentümer des historischen Gebäudes an der Eschstraße 16, Carsten Becker, sei der Pachtvertrag mit Lach Ende Juli ausgelaufen. Auf Nachfrage am Telefon reagiert Marc Lach zunächst ungehalten, antwortet aber anschließend auf die schriftliche Anfrage. Er habe noch bis zum 30. Juni an der Eschstraße gewohnt und die Parkplätze trotz geschlossener Gastronomie weiterhin benötigt, "um den Umzug und Abtransport der Gastronomie zu gestalten", so der Koch. Und weiter: "Bis dahin haben wir darauf geachtet, das bis zum 3. Juli dort keine Autos parken, denn wir hatten sehr große Probleme mit Fremdparken auf dem Parkplatz." Er und sein Team seien von Falschparkern mit Schlägen bedroht worden, als sie sie darauf aufmerksam machten, dass es ein Privatparkplatz ist. Es sei sein Privatparkplatz und widerrechtliches parken führe dazu, abgeschleppt zu werden Zudem sei der Parkplatz mit sehr vielen Schildern versehen, an denen es ganz klar ersichtlich sei, dass es ein Privatparkplatz ist und widerrechtliches parken dazu führe, dass man abgeschleppt wird, so Lach weiter. Zu der unverhältnismäßigen hochen Summe schreibt er, dass er auf die Höhe der Gebühren keinen Einfluss gehabt hätte. Und: &bdquo;Das Abschleppen kostet mehr als 500 Euro und das Auto ist weg!“ Deshalb könne er die Unterstellung, dass es eine Masche sei, um Falschparkern das Geld abzuziehen, nicht hinnehmen. "Es ist lediglich ein Hinweis darauf, das man dort geparkt hat, wo ganz klar ersichtlich ist, dass es ein Privatparkplatz ist!" Nach dem 3. Juli seien "nachweislich" keine Falschparker mehr dokumentiert und angegeben worden. Und am 31. Juli hätte er die Schlüssel der "Alten Apotheke" abgegeben und sei dem nichts mehr damit zu tun. Auch wenn der Gastronom mit Bünde, der "Alten Apotheke" und dem Parkplatzproblem abgeschlossen hat, für den Rentner aus Enger ist die Sache noch nicht gegessen.

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