Liverpoolclub in Bünde: Die schicken Wilden aus den 60ern

Bünde. Wie sich die Zeiten ändern. Würden heute junge Männer an der Haustür schellen, um die Tochter abzuholen und so gekleidet sein wie Klaus Rosenkötter und Hans-Hermann Kotowski auf dem großen Bild oben, wären sie ganz sicher der Schwarm der künftigen Schwiegereltern – vor sechzig Jahren gehörten sie aber zu den Wilden und sorgten mit ein paar Freunden dafür, dass die Zeiten heute noch vielen Bünder Urgesteinen im Gedächtnis ist. 1963 war das Geburtsjahr des Liverpool-Clubs Bünde. Sie sind heute Mitte Siebzig und die Kenner der Musikszene der 1960er Jahre schlechthin: die Gründer des Liverpool-Clubs Bünde. Wohl kaum jemandem gehen Bandnamen wie &bdquo;Dozy, Beaky, Mick & Tich“ – gleichermaßen klangvoll wie auch eine Herausforderung für die Zunge – so locker über die Lippen wie Kotowski und Rosenkötter. Der Liverpool-Club Bünde bestand in seiner ersten Hochphase von 1963 bis 1967. &bdquo;Hier war ja nichts los“, sagte Klaus Rosenkötter vor einem der letzten Konzerte vor wenigen Jahren. In Herford gab es den Jaguar-Club von Carola Frauli. Da zog es vor sechzig Jahren viele junge Bünder hin. So etwas wollten Kotowski und Rosenkötter in Bünde auch. Beide waren 1963 gerade einmal 17 und 16 Jahre alt. Dass sie auch nach damaligem Vertragsrecht nur eingeschränkt geschäftsfähig waren, kümmerte sie nicht. &bdquo;Wir hatten noch Eberhard ’Shorty’ Arndt im Organisatorenteam“, sagt Kotowski. &bdquo;Der war volljährig und gab seine Unterschrift.“ "Der Laden war immer brechend voll" Aber als Jugendliche Bands unter Vertrag nehmen und einen riesigen Festsaal mieten? &bdquo;Wir haben uns als Organisatoren nie Gedanken über das finanzielle Risiko gemacht“, erzählt Klaus Rosenkötter. &bdquo;Dieses Risiko gab es nicht. Der Laden war immer brechend voll. 500 bis 600 Gäste hatten wir immer.“ Jeden zweiten Sonntag, immer von 17 bis 22 Uhr, traten Bands – oft aus England – dort auf. Die Beatmusik wurde zum Symbol der damaligen Jugend. Es kamen Gruppen, die auch damals schon bekannt waren und später zu echten Weltgrößen wuchsen. Die Rattles, die Lords, die Shamrocks, die Phantom Brothers – um nur einige wenige zu nennen. Klaus Rosenkötter, der regelmäßig den Hamburger &bdquo;Star Club“ besuchte, knüpfte meistens die Kontakte zu den Bands, die dort auftraten. Um die Kosten möglichst gering zu halten, teilte sich der Liverpool-Club die Fahrtkosten der Musiker manchmal auch mit dem Herforder Jaguar-Club. Dabei bedurfte es nur der terminlichen Abstimmung des Bühnenprogramms. Kotowski: &bdquo;Das war damals neu und wir hatten hier in Bünde keine Konkurrenz.“ Mädchen wurden vor der Polizei versteckt Der Schützenhof in Bünde zog plötzlich Jugendliche aus dem ganzen Kreisgebiet und darüber hinaus an. Sie kamen mit Bussen, Mofas, Fahrrädern, oder ließen sich von den Eltern bringen und abholen. Regelmäßig war auch die Polizei zu Gast – immer um kurz nach zehn abends. &bdquo;Ich schob die Mädchen dann immer schnell in den Kohlenkeller, wo sie sich ruhig verhalten sollten“, erinnert sich Kotowski mit verschmitztem Lächeln. &bdquo;Wenn ich die später wieder raus ließ, waren sie mit Ruß verschmiert.“ Ab und an flogen Aschenbecher durch den Saal. &bdquo;Das passierte, wenn eine Band nicht rechtzeitig ankam, weil sie auf der Autobahn liegen geblieben war“, sagt Klaus Rosenkötter. &bdquo;Die kamen ja teilweise mit den ältesten Bullis aus Hamburg runter.“ Aber ernste Ausschreitungen habe es nie gegeben. Rosenkötter: &bdquo;Security haben wir alles selbst gemacht.“ Doch 1967 ging es dann auch mit dem Liverpool-Club im Schützenhof zu Ende, weil es zeitlich mit dem Beruf nicht mehr vereinbar war. Auch die Eröffnung der ersten Diskothek in Bünde, die Wilhelmshöhe, zog das Publikum ab. 1999 ließen einige der Gründungsmitglieder den Liverpool-Club wieder aufleben. Zum Auftakt im Mai 1999 kamen dann die Rattles in den Stadtgarten nach Bünde und zogen mehr als 1.400 Musikbegeisterte in ihren Bann. Die Beatmusik hatte wieder für einige Jahre Einzug in Bünde gehalten – bis 2016. Mit den &bdquo;Rattles“, &bdquo;Major Healey“ und &bdquo;Razzle Dazzle“ nahm der Liverpool-Club im Stadtgarten Abschied mit 1.300 Gästen. Oder wie es Klaus Rosenkötter ausdrücken würde: &bdquo;Der Laden war brechend voll.“

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