Grill-Saison startet: Im Bünder Land landet immer weniger Fleisch auf dem Teller

Bünde/Kirchlengern. Die Sonne lacht, die Tage werden länger und die typischen Rauchschwaden steigen wieder in die Lüfte – vielerorts ist die Grillsaison gestartet. Neben Steaks, Würstchen und diversen Fleischspießen findet man jetzt aber immer öfter auch Gemüse, Käse oder Brot auf dem Grill. Die Grillmentalität und die Essgewohnheiten der Deutschen hat sich verändert. Laut einer Studie haben die Deutschen in 2022 so wenig Fleisch wie schon seit Jahrzehnten nicht mehr gegessen. Im Bünder Land zeichnet sich ein ähnliches Bild ab: Weniger Fleisch liegt im Trend. Das ist zwar gut für die Umwelt und das Tierwohl, doch was bedeutet es für den Metzger von nebenan? Der Trend könnte sich aber auch bald wieder ändern, sagt Bernd Wostbrock. Die Menschen würden neugierig sein, würden gerne neue Sachen ausprobieren, aber so wirklich komplett auf den Trend aufspringen, würden nur die wenigesten tun, sagt der Organisator von Kochkursen, der nebenbei auch selbst Grillkurse anbietet. Das habe er in den vergangenen Jahren gemerkt. Der vegane Kochkurs in der Kochschule seiner Frau &bdquo;Taste it!“ sei zwar sofort ausgebucht gewesen, aber von den 15 Teilnehmern sei nur eine Person tatsächlich Veganer gewesen. Früher, noch zu Anfang der Kochschule in 2015, lag der Fokus bei den Grillkursen nur auf den Fleischprodukten, heute müsse Wostbrock auch die fleischlosen Varianten vorstellen. &bdquo;Die Anfrage danach ist da“, sagt er. Frucht- und Veggi-Spieße, Zucchini-Röllchen oder auch vegane Burger seien gefragt wie nie. Auch er selbst, &bdquo;die fleischfressende Pflanze“, ernähre sich seit ein paar Jahren bewusster, sagt er. &bdquo;Heute gibt es nicht mehr jeden Tag Fleisch.“ Mehr zu Freizeit-Themen im Kreis Herford und Kreis Minden-Lübbecke finden Sie in unserem Spezial "Lifestyle, Gastro, Shopping" Das sagen die Bünder Ein ähnliches Bild zeigt sich bei einer kurzen Straßenumfrage in der Bünder Innenstadt. Der Tenor der meisten Befragten: Ja zu Fleisch, aber nur in Maßen und es sollte entweder ein Bio-Siegel tragen oder direkt vom Schlachter geholt werden. &bdquo;Billigfleisch“ vom Discounter schnitt eher schlecht ab. Durch die Medien sei man heutzutage mehr aufgeklärt. Reportagen von eingepferchten Schweinen und misshandelten Hühnern würden für das Thema sensibilisieren, so die Aussage einer Befragten. Dass das Fleisch mit der Inflation teurer geworden sei, spielte bei keinem der Befragten eine größere Rolle. Im Gegenteil: &bdquo;Ich bin dafür, dass das Fleisch noch teurer wird“, so eine Passantin. Miriam Ehrling hatte es versucht. Etwa ein halbes Jahr lang konnte die 26-jährige Bünderin sich von nur veganen Lebensmitteln ernähren – und dann ging es doch nicht mehr. Gemeinsam mit einer Freundin hatte sie das Projekt gestartet. Beide waren sich einig, dass viel zu viel Fleisch viel zu billig produziert werde und dass die Tiere in den meisten Fällen nicht artgerecht gehalten werden. &bdquo;Eine Zeit lang ging das Experiment auch gut“, sagt Ehrling, doch dann fehlten ihr die Proteine. Bei ihrer Freundin zeigte sich Eisenmangel. Sie aßen wieder Fleisch, den Konsum aber hätten sie beide deutlich reduziert. Ein schleichender Prozess Bei den Fleischereien von nebenan ist das Thema zwar präsent, aber noch nicht entscheidend. &bdquo;Noch läuft das Geschäft gut“, sagt Christopher Döring von der Geflügelschlachterei Döring in Kirchlengern. Besonders jetzt, nach den langen regnerischen Tagen, merke man im Betrieb, wie die Nachfrage nach Grillfleisch steige: &bdquo;Die Leute sind heiß drauf.“ Den Vergleich zu den vergangenen Jahren könne er nicht wirklich ziehen. &bdquo;Die Corona-Jahre verliefen für uns sehr stark“, sagt er. Dadurch, dass sie hauptsächlich auf dem Wochenmarkt und im Hofladen verkaufen, hätten sie es leichter auf dem Markt gehabt. Das Familiengeschäft habe sich über Generationen etabliert und eine große Stammkundschaft, so dass Döring noch keine Existenz-Ängste plagen. Fleischermeister Jürgen Schmalgemeyer wird bald 65 Jahre alt. Ein paar Jahre will er sein Geschäft an der Raiffeisenstraße in Dünne aber noch betreiben, sagt er. &bdquo;Solange es die Gesundheit mitmacht.“ Er verspüre seit Coronabeginn Umsatzeinbrüche, aber für seine &bdquo;kleine Klitsche“, wie er seinen Laden nennt, würden die Einnahmen noch reichen. Aus Altersgründen habe er seine Öffnungszeiten reduziert – innerhalb der Woche nur halbtags, am Freitag ganztags und am Samstag wieder bis Mittag. Das sei schon vor ein paar Jahren passiert, sagt er. Wann genau, könne er nicht sagen. Schon allein deshalb komme bei ihm weniger in die Kasse als früher. Seit etwa 70 Jahren gebe es den Betrieb schon. Schmalgemeyer hatte die Metzgerei von seinem Vater übernommen. Damals hätte es noch viel mehr Konkurrenz in der Umgebung gegeben, weiß er. Nach und nach hätten immer mehr Metzgereien geschlossen. Es sei ein schleichender Prozess gewesen, dass immer Menschen auf Fleisch verzichten. Das und dass das Fleisch so teuer geworden ist, seien definitiv Gründe dafür, dass im vergangenen Jahr weniger Fleisch gegessen worden sei. &bdquo;Und es wird noch teurer werden“, prognostiziert Schmalgemeyer.

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