Besorgte Eltern in Bünde: Wenn der 14-Jährige das erste Mal alleine in den Urlaub fährt

Bünde. Sandburgen am Strand bauen und sich auf den Mini-Club im Pauschal-Hotel freuen – das ist vorbei. Finn ist jetzt ein Teenager. Er will nicht mehr mit Mama, Papa und seiner Schwester in den Urlaub fahren. Er möchte in diesen Sommerferien mit seinen Jungs nach Spanien. &bdquo;Hier“, sagt er und legt seiner Mutter eine Broschüre einer Agentur für Jugendreisen auf den Tisch. Neun Tage Spanien, ein Strand- und Aktivcamp, &bdquo;all inclusive“ für knapp 500 Euro. Bereits im Herbst 2022 hatten er und seine Freunde entschieden, dass sie in diesem Jahr gemeinsam ans Meer wollen. &bdquo;Die anderen dürfen das alle“, sagt er. Was sich für ihn als selbstverständlich erweist, löst bei seinen Eltern Angst-Zustände aus: Finn, der Junge, der schon Jacke, Schuhe und Handy in der Schule verloren hat, der sich beim Rückwärtslaufen ein Bein gebrochen hat, der morgens immer noch die Brote von seinen Eltern geschmiert bekommt, soll jetzt für neun Tage alleine in ein fremdes Land? Gut, nicht alleine, aber unter fremder Aufsicht? Der erste Impuls, die erste Tendenz der Eltern: &bdquo;Auf keinen Fall. Da bist du noch zu jung zu.“ Auf der anderen Seite wollen sie ihm auch gerne mehr Verantwortung geben: &bdquo;Irgendwann muss er es ja mal lernen.“ Reisebegleiter müssen Führungszeugnis vorlegen CVJM-Kreisverbandssekretär Niklas Niedermeier kennt diese Sorgen der Eltern. In Gesprächen kann er sie ihnen aber meist nehmen, sagt er. Er sei selbst schon seit seiner Kindheit auf Ferienfreizeiten gewesen – zuerst als Teilnehmer, dann als Reisebegleiter. Und er habe überwiegend positive Erfahrungen damit gemacht. Seit fünf Jahren arbeitet der 34-Jährige hauptamtlich beim Christlichen Verein junger Menschen (CVJM) in Bünde. Er könne zwar nicht für alle Jugendreise-Anbieter sprechen, aber bei den Reisen, die von der Evangelischen Jugend im Kirchenkreis Herford angeboten werden, habe es noch keine gravierenden Situationen auf Freizeiten gegeben – und dem CVJM liege auch viel daran, dass es so bleibt, sagt er. Jeder Reisebegleiter durchlaufe mindestens zwei Schulungen über mehrere Tage, bevor er oder sie mit auf eine Freizeit dürfe, erklärt Niedermeier. In der Regel sind die Reisebegleiter zwischen 16 und 35 Jahre alt. Sie machen das ehrenamtlich und erlernen während der Schulungen, wie sie mit Kindern und Jugendlichen umgehen sollten, wie sie in bestimmten Situationen reagieren sollten und was im Umgang mit ihnen unangemessen ist. Es werde noch einmal explizit darauf hingewiesen, welches Anfassen erlaubt ist und welches nicht. Jeder, der sich als Ehrenamtlicher für eine Reisebegleitung meldet, werde zunächst im Einzelgespräch nach dem &bdquo;Warum“ gefragt. &bdquo;Und wir verlangen auch immer die Vorlage eines Führungszeugnisses“, so der Kreisverbandssekretär des CVJM. Es werde darauf geachtet, dass sich das Alter der Reisebegleiter an die Reiseteilnehmer anpasst. Bei einer Reisegruppe mit Teilnehmern zwischen 14 und 16 Jahren zum Beispiel, sollten die Begleiter älter als 18 Jahre alt sein. &bdquo;Damit sie als Respektsperson wahrgenommen werden“, sagt Niedermeier. Messer oder andere Waffen sollten auf jeden Fall zuhause bleiben. &bdquo;Aber wir filzen jetzt niemanden ab, bevor er in den Bus steigt.“ Jugendschutz muss eingehalten werden Laut seiner Mutter macht sich Finn keine Sorgen. Er und seine Jungs planen schon, wie sie die Abende am Strand verbringen wollen, erzählt sie. Keine Grenzen beim Schlafengehen, keine Grenzen bei der Smartphonenutzung – absolute Freiheit. Doch ganz so würden die neun Tage dann doch nicht aussehen, erklärt Niedermeier, zumindest nicht beim CVJM. Je nach Alter gebe es feste Zeiten, wann die Teilnehmenden wieder in der Unterkunft sein sollen. &bdquo;Die Verantwortung liegt immer noch zu einem gewissen Teil beim Träger oder beim Veranstalter.“ Grenzerfahrungen dürften und sollten auch gemacht werden, aber die Reisebegleiter sind stets dazu angehalten, darauf zu achten, dass der Jugendschutz eingehalten werde – auch was Alkohol betreffe. Wenn sich herausstellt, dass ein Kind oder ein Jugendlicher auf der Fahrt etwas dabeihat oder etwas tut, was verboten ist, werde zunächst das Gespräch mit ihm oder ihr gesucht, erklärt Niedermeier den Ablauf. Werde ein Messer oder ein Feuerzeug zum Beispiel dann nicht freiwillig herausgegeben, dann dürfe der Begleiter das Eigentum des Reiseteilnehmenden auch nicht einfach so wegnehmen. Zeigt der Jugendliche auch nach dem Gespräch keine Einsicht, würden die Eltern kontaktiert. Im schlimmsten Fall müsse der Teilnehmende von den Eltern abgeholt werden – auf eigene Kosten. Das Geld für die Ferienfreizeit werde nicht zurückerstattet, so der CVJM-Kreisverbandssekretär. Kinder bekommen Heimweh Auf der anderen Seite gebe es auch die Kinder, die Heimweh bekommen. Besonders jetzt nach der Corona-Zeit, in der sie viel Zeit Daheim verbracht hätten, würden die Sorgen hauptsächlich bei den jüngeren Kindern häufiger auftreten. Im Christlichen Jungschar-Zeltlager zum Beispiel, das der CVJM Kreisverband Bünde in diesem Sommer für 9 bis 13-Jährige anbietet, müssen die Kinder normalerweise ihre Handys abgeben, sagt Niedermeier. Aber wenn das Heimweh überhandnehmen sollte, dürfen die Kinder ihre Eltern anrufen, sagt er. Die Begleiter seien da sehr aufmerksam und würden auf die Sorgen der Kinder eingehen. Viele Kinder sehe Niedermeier auch schon das zweite oder dritte Mal auf der Ferienfreizeit. Jugendreisen seien sehr gefragt, sagt er. Für das Zeltlager vom 23. Juli bis zum 4. August sind aber noch Plätze frei. Der Preis mit Vollverpflegung liegt hier bei 335 Euro. &bdquo;An dem Geld soll es nicht scheitern“, sagt Niedermeier. Eltern, die sich das vielleicht aus finanzieller Sicht nicht leisten können, dürften sich gerne an den CVJM wenden. &bdquo;Wir finden dann schon eine Lösung“, so Niedermeier. Weitere Informationen per E-Mail: info@cvjm-kreisverband.de. Weitere Reisen der Evangelischen Jugend im Kirchenkreis sind unter www.juki-reisen.de zu finden.

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