Bünder Wollgeschäft schließt nach fast 30 Jahren

Bünde. Emsiges Treiben im &bdquo;Wollnest“ an der Bahnhofstraße. Kundinnen gehen ein und aus, ein Wollknäuel nach dem anderen geht über die Ladentheke – noch. &bdquo;Spätestens Mitte März werde ich mein Geschäft schließen. Wir haben keine Sommerkollektion mehr eingekauft und verkaufen nur noch die Winterware ab, die da ist“, sagt Susanne Hahn (67). Kunden sollten ihre Gutscheine nun einlösen. 30 Jahre – im Mai wäre es soweit – wird sie mit ihrem Geschäft nicht mehr ganz voll machen. &bdquo;Im vergangenen Jahr ist mein Mann überraschend gestorben. Da musste ich ganz viel privat umorganisieren und habe über dem Laden hier kurzfristig eine Wohnung bezogen. Das war alles etwas viel und das vergangene Jahr hat mich viel Kraft gekostet“, sagt die Löhnerin. Von ihrer Familie sei sie in der Zeit sehr unterstützt worden. &bdquo;Alle standen mir rund um die Uhr zur Seite.“ Eigentlich habe sie noch mindestens zwei Jahre weitermachen wollen. &bdquo;Das war auch der Plan meines Mannes und mir, aber sein Tod hat uns jetzt einen Strich durch die Rechnung gemacht“, sagt sie. &bdquo;Jetzt, wo ich alleine bin, ist mir die Verantwortung für diesen Laden auch zu groß. Da steckt viel Geld hinter“, sagt Hahn. Das Geschäft alleine zu meistern, ist zu viel Auch ihre beiden Mitarbeiterinnen Ruth Bröhenhorst (70), seit etwa fünf Jahren dabei, und Ruth Zobel (76), fast die kompletten 30 Jahre mit dabei, hätten im vergangenen Jahr schon immer mal wieder gesagt, dass bald mal Schluss sein müsse. Beide seien schon lange in Rente und arbeiten stundenweise im &bdquo;Wollnest“ mit. Für das Engagement dankt Hahn ihnen ganz besonders. &bdquo;Alleine kann ich das Geschäft aber nicht bewältigen. Ich kann ja auch mal krank werden oder möchte einen Tag Urlaub machen“, erklärt Hahn die Beweggründe für das Aus des Geschäfts. An der Arbeit liege es keinesfalls. &bdquo;Ich hätte gerne noch ein bisschen weitergemacht, aber die Umstände lassen das nicht zu“, sagt sie. Bei den vielen Stammkunden, die auch aus Lübbecke, Preußisch Oldendorf oder Melle kämen, möchte sich Hahn für die langjährige Treue bedanken. &bdquo;Unser Laden ist sehr beratungsintensiv. Wir haben Kunden, die wirklich von der ersten bis zur letzten Masche jeden zweiten Tag kommen und Hilfestellung brauchen“, sagt die 67-Jährige. Ruth Zobel erkläre es den Kunden dann mit einer Engelsgeduld. Sie selbst helfe natürlich auch weiter. &bdquo;Die Kunden sind aber auch wirklich nett, bedanken sich dann mit einer Tafel Schokolade oder Pralinen“, sagt Hahn. Mehr zu Freizeit-Themen im Kreis Herford und Kreis Minden-Lübbecke finden Sie in unserem Spezial "Lifestyle, Gastro, Shopping" Ein Kunde blieb besonders im Gedächtnis An einen Kunden erinnert sie sich ganz besonders. In den Anfangszeiten sei ein junger Mann – noch im Schulalter – zu ihr in den Laden gekommen und meinte: &bdquo;Ich würde mir gerne einen Schal stricken, aber ich kann nicht stricken.“ &bdquo;Er kam dann jeden Tag. Wenn er eine Masche verloren hat, wusste er ja nicht was er machen soll“, erinnert sich Hahn zurück. Irgendwann habe er seinen Schal fertig gehabt. &bdquo;Er ist bei uns Kunde geblieben, bis er selbst verheiratet war und Kinder hatte. Er hat zwischendurch sogar in Berlin gewohnt und kam zu uns zum Wolle kaufen.“ Man habe ein ganz besonderes Verhältnis. &bdquo;Eine Kundin, die jetzt noch einmal vorbeikam, hat sogar gefragt, ob sie mich zum Abschied einmal drücken kann“, sagt Hahn. Beim Stricken sei es über die Jahre ein Auf und Ab gewesen. &bdquo;Wir haben super gute Jahre gehabt. Jahre, in denen wir Wartelisten mit Kunden hatten, die auf Wolle warteten, die nicht lieferbar war“, erinnert sich Hahn zurück, die eigentlich Bauzeichnerin gelernt und danach viele Jahre kaufmännisch gearbeitet hat, ehe die Hobby-Strickerin von einem Schulfreund zum Geschäft angeregt wurde. Da habe es Strick-Pullover-Modelle von Joop gegeben, die jeder nachstricken wollte. &bdquo;Wir sind mit der Wolle überhaupt nicht nachgekommen. Das waren Bombenzeiten, in denen uns die Leute die Bude eingerannt haben.“ Zwischenzeitlich lief es besonders gut Dazwischen habe es aber auch schlechte Jahre gegeben. Und in Corona-Zeiten sei der Laden insgesamt sogar sieben Monate zwangsweise geschlossen gewesen. &bdquo;Das geht an die Substanz. Aber da war mein Mann zum Glück noch da, sonst hätte ich das nicht überstanden. Wir hatten keine Umsätze oder höchstens mal Termine mit Kunden gemacht, die Ware auf Distanz abgeholt haben“, sagt Hahn. Stricken sei nach wie vor ein ganz großes Thema. Mangelnde Umsätze oder dergleichen seien keinesfalls der Grund für das Aus, betont sie. Untätig sein möchte Hahn trotz Aus des Geschäfts aber auch in Zukunft nicht. Bei einer Kollegin von der &bdquo;Wolleria“ in Herford möchte sie in Zukunft stundenweise mitarbeiten. &bdquo;Da bin ich gerade in Verhandlungen“, sagt sie. &bdquo;Privat bin ich mit meinem Mann jedes Jahr seit 30 Jahren zwei oder drei Mal im Jahr nach Ägypten geflogen, um dort Waisenkinder zu unterstützen“, sagt sie. Das seien Waisenkinder, die bei den Franziskanern in Luxor leben. Ersten Kontakt zu den Waisenkindern haben sie und ihr Mann auf einer Urlaubsreise gehabt. &bdquo;Wir haben dann immer Ausflüge unternommen. Eis essen gehen oder Pizza essen gehen – das kennen die nicht. Für Ausflüge ist einfach kein Geld da“, sagt Hahn. Deshalb wolle sie das auch in Zukunft weiter machen. Über die Jahre habe sie einige Kinder dort aufwachsen sehen.

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