Armut zur Weihnachtszeit: So geht es den Besuchern der Bünder Tafel

Bünde. Die Bünder Tafel ist an ihren Kapazitätsgrenzen angekommen. Durch den Ukrainekrieg und die Energiekrise ist die Hilfseinrichtung aktuell belastet wie selbst zu Pandemiehochzeiten nicht. Die überall steigenden Preise treffen diese Weihnachten die am härtesten, die am wenigsten haben. &bdquo;Die Leute kommen ohne alles“, sagt Oleksii Bahniuk. Er ist vor dem Krieg aus Kiew geflohen. Mittlerweile machen er und seine Landsleute einen sehr großen Teil der Kundschaft der Bünder Tafel aus. Bahniuk selbst hilft dort mittlerweile mit und verteilt Kartoffeln an die Besucher. &bdquo;Wenn man etwas Geld beim Essen spart, kann man es für etwas anderes ausgeben“, sagt er. Er selbst nutzt das Angebot aktuell, um die 30 Euro für die Bücher für seinen Deutschsprachkurs aufzubringen. Andere seiner Landsleute sparen, um sich Winterkleidung leisten zu können. Die Meller Tafel hat insgesamt drei Standorte: Bünde, Melle und Bad Essen-Rabber. Nur bei der letztgenannten Nebenstelle gibt es aktuell noch frei Plätze, erklärt Angelika Siekmann, Leiterin der Tafel-Nebenstelle Bünde. In Bünde sind alle Plätze vergeben. In Melle gibt es eine Warteliste. Eine kurze Warteliste, wie Siekmann betont. Deutschlandweit haben laut dem Bundesvorsitzenden des Dachverbands der Tafeln 82 Prozent der Einrichtungen einen Aufnahmestopp verhängt. Die Kunden: Rentner, Arbeitslose und Alleinerziehende Schon gegen halb zwei stellen sich die ersten Kunden an – mehr als eine halbe Stunde vor Eröffnung. Für bis zu höchstens 8 Euro können sie eine Kiste mit Lebensmitteln kaufen. Der tatsächliche Wert übersteigt diesen Preis um ein Vielfaches. Aufgrund des hohen Andrangs sahen sich die Helfer gezwungen, neue Regeln aufzustellen. Bedürftige können nun nur noch alle zwei Wochen etwas von der Tafel abholen. Das war nicht einmal zu den Hochzeiten der Corona-Pandemie der Fall. Pro Woche holen nun im Wechsel etwa 100 Bedarfsgemeinschaften ihre Box ab, erklärt Siekmann. Für die Helfer heißt der hohe Andrang: &bdquo;Man hat keine Zeit mehr, mit den Leuten zu sprechen.“ Mitten in der Schlange steht Oksana Koroliuk. Zusammen mit ihrem Mann und vier Kindern ist auch sie aus der Ukraine geflohen. Ihr Mann hat schon eine Arbeit in einer Fabrik gefunden, sie selbst ist gerade dabei, Deutsch zu lernen. Trotz der Arbeit ihres Mannes sind sie auf die Unterstützung durch die Tafel angewiesen. Koroliuk merkt vor allem die teuren Lebensmittelpreise im Portemonnaie. Neben den Geflüchteten aus der Ukraine setzen sich die Kunden der Tafel aus den Gruppen zusammen, die schon seit Jahren auf die Hilfe angewiesen sein. &bdquo;Das sind Rentner mit einer kleinen Rente, Langzeitarbeitslose und Alleinerziehende mit Kindern“, sagt Siekmann. Insgesamt 220 Bedarfsgemeinschaften versorgen sie und ihr Team aus mehr als 20 Ehrenamtlichen. Theoretisch kann sich hinter dem Begriff Bedarfsgemeinschaft nur eine einzelne Person stehen. In der Regel sind es aber eher Großfamilien mit bis zu zwölf Mitgliedern. Pflege-Azubi holt Essen für seine Familie Mojtaba Aliyare ist an diesem Tag an der Tafel, um Lebensmittel für sich, seine Frau und sein Kind abzuholen. "Ich mache eine Ausbildung in der Pflege“, erklärt der 29-Jährige. Genug Geld bringt das aber noch nicht ein. Bei seinen Heizkosten bekäme er Hilfe vom Jobcenter, Strom müsse er aber selbst zahlen. Am Ende des Monats haben er und seine Familie nur wenig Geld über, wenn überhaupt. &bdquo;Es ist alles ganz schwierig“, sagt Aliyare. Trotzdem möchte er und seine Familie eine &bdquo;kleine Party“ zu Weihnachten feiern. Insgesamt versorgt die Meller Tafel an ihren drei Standorten 1.350 Erwachsene und 850 Kinder. Die aktuelle Situation versorgt das Orga-Team mit mehreren speziellen Aktionen aufzufangen. So hat jedes Kind dieses Jahr einen Extra-Gutschein bekommen oder es gab eine Backaktion, bei der die Besucher zusätzlich zu ihren regulären Vorräten eine Extra-Tüte mit Backzutaten bekamen haben. &bdquo;Einige der Ukrainer haben uns dann Fotos geschickt, wie sie den fertigen Kuchen aus dem Herd nehmen“, erzählt Reiner Dönges aus dem Tafel-Team. Die Tafel selbst spürt mittlerweile auch Auswirkungen der aktuellen Krisen. &bdquo;Noch haben wir genug Waren“, sagt Siekmann. &bdquo;Doch wie das weitergeht, weiß man auch nicht.“ Tatsächlich würden die einzelnen Supermärkte zurückhaltender bei ihrer Ware werden, erklärt Dönges. Die Schlange vor der Tafel ist mittlerweile deutlich gewachsen. Es drängt sich unvermeidliche die Frage auf: Warum sind diese Weihnachten so viele Menschen auf die Hilfe der Tafeln angewiesen? &bdquo;Das müssen Sie den deutschen Staat fragen“, sagt Siekmann.

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