Debatte nach Vortrag Ukraine-Krieg: Eklat nach Drewermann-Auftritt im Bünder Universum

Bünde/Paderborn. &bdquo;Sie haben den Mut zu fragen, wie finden wir den Frieden?“, begrüßt der umstrittene Theologe Eugen Drewermann sein Publikum im Universum in Bünde. Der einzige, der an diesem Abend aber tatsächlich Mut beweisen sollte, ist Stadtkultur-Chef Dirk Kaiser. Der Hausherr des Universums, der auch Vorsitzender des Vereins &bdquo;Brückenschlag Ukraine“ ist, betrat nach Ende der Veranstaltung die Bühne. &bdquo;Das, was Sie heute Abend so hier gehört haben, kann ich so nicht stehenlassen“, sagt er. Voraus gingen drei Stunden krude Thesen über den Ukrainekrieg, die den Bereich des Faktischen teils weit hinter sich gelassen hatten. Eingeladen hatte den renommierten Theologen und Friedensaktivisten nicht Dirk Kaiser selbst, sondern der Hiddenhausener Unternehmer Alexander Lüdeking. Gemeinsam mit seiner Mutter hatte er das Universum für diesen Abend angemietet. Drewermann war Kaiser als Theologe geläufig, so dass er sich auch erst einmal nichts weiter bei dem Termin dachte. Doch der 81-jährige Paderborner ist seit kurzem nicht mehr nur wegen seiner Kritik an der katholischen Kirche eine umstrittene Person. In der jüngsten Vergangenheit fiel er auch mit verschwörungsgläubigen Äußerungen zu Corona-Impfungen auf. Trotzdem hatte der Abend unter dem Motto &bdquo;Inner und äußerer Frieden“ erst ruhig angefangen. Anhand der biblischen Bergpredigt versuchte Drewermann darzulegen, wie seiner Ansicht nach der Ukrainekrieg zu beenden sei. Gegen viele seiner generellen Ansichten in dem Vortrag werden sicherlich die wenigsten etwas einzuwenden haben. &bdquo;Wir müssen aufhören, Menschen in gut und böse einzuteilen. Das sind Begriffe, die polarisieren.“ Okay. &bdquo;Was du nicht willst, was man dir tut, das füg auch keinem anderen zu.“ Klar, sicher. Der Tenor: Man müsse sich mehr bemühen, sein Gegenüber und seine Ängste zu verstehen. Russische Propaganda erzählt Dass der Vortrag des 81-jährigen Theologen aber ein ziemlich einseitiges Bild des aktuellen russischen Angriffskriegs zeichnen wird, zeigte sich schon früh: Er sprach darüber, dass allein die Ukraine ein Atomkraftwerk beschossen hätte. Gemeint ist das Saporischschja-Kernkraftwerk, bei dem sich beide Seiten gegenseitig beschuldigen, das Kraftwerk zu beschießen. Doch mit keinem Wort erwähnt Drewermann, dass Russland dort Streitkräfte positioniert und das Kraftwerk als Schutzschild gegen ukrainische Truppen genutzt hat. Das hat System. Drewermann spricht lang und breit über Verfehlungen des Westens wie die Folterprogramme Amerikas im besetzten Irak. Doch auf einen Hinweis auf die russischen Kriegsverbrechen in der Ukraine wartet man vergeblich. Stattdessen fragt Drewermann: &bdquo;Was wäre, wenn man Putin zugehört hätte?“ In seiner Argumentation hätte der von Russland begonnene Angriffskrieg verhindert werden können, wenn es von Anfang an mehr nach Russlands Nase gegangen wäre. So werden der Westen und die Nato zum einzigen Aggressor im Ukrainekrieg hochstilisiert. Russland kommt dagegen fast nur als Opfer vor. Selbst die Wiedervereinigung Deutschlands interpretiert er als Aggression gegenüber Russland. Ukrainekrieg sei vom Westen vorbereitet worden In einer an den Vortrag anschließenden Fragerunde wird es dann ganz postfaktisch. Der Ukrainekrieg sei schon seit 2014 (natürlich vom Westen) vorbereitet worden. Auf die Frage, wie seine Philosophie praktisch umzusetzen sei, schlägt Drewermann vor, &bdquo;die Menschen in der Ukraine sollen bei einer demokratischen Abstimmung selbst entscheiden, ob sie zu Russland gehören wollen.“ Wie in der Krim oder im Donbass. Denn wenn die Abstimmungen in diesen beiden von Russland besetzten Gebieten für eines bekannt sind, dann dafür wie demokratisch sie abgelaufen sind. Von den 130 Zuschauern an diesem Abend bekommt Drewermann großen Applaus. Dann betritt Dirk Kaiser die Bühne. Er hat extra bis zum Ende der Veranstaltung gewartet, um sich erst dann als Hausherr zu äußern, wie er sagt. Dirk Kaiser ergreift das Wort &bdquo;Menschen wurden gefesselt und gequält“, kommt es aus einem sichtlich emotionalen Universums-Chef heraus. Er berichtet auf der Bühne vom Massaker an der ukrainischen Zivilbevölkerung in Butscha. Als Chef des Vereins Brückenschlag Ukraine betreut er viele ukrainische Menschen in Bünde, die vor dem Krieg flüchten mussten. Drewermanns Zuhörer, die gerade den Saal verlassen wollen, sind irritiert und bringen ihren Unmut zum Ausdruck. Mehrere gehen auch direkt auf den Vertreter dieser Zeitung zu. &bdquo;Wir sehen das ganz anders“, sagt eine ältere Dame. &bdquo;Die Zuhörer fanden den Vortrag alle total klasse.“ Drewermann selbst fällt Kaiser empört ins Wort, lässt ihn nicht ausreden. Obwohl er den ganzen Abend das Zuhören gepriesen hat. Dass Dirk Kaiser das Leid der Ukraineflüchtlinge in Bünde aus erster Hand kennt, interessiert die meisten der Zuhörer wenig. Bei einer zweiten Konfrontation nach der Veranstaltung wirft Drewermann Kaiser sogar vor, seine Informationen nur aus den Medien zu haben. Trotzdem diskutiert der Universums-Chef noch lange mit einzelnen Besuchern, die das Gespräch mit ihm suchen. Ob es was gebracht hat, bleibt an diesem Abend unbeantwortet.

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