Fachkräftemangel bremst große Küchenfirma aus

Bünde. Es riecht nach Holz, als Geschäftsführer Andreas Wagner durch die Bünder Produktionshallen von Rotpunkt Küchen führt. An zwei Standorten, neben Bünde wird noch in einem Werk in Preußisch Oldendorf gearbeitet, wollen die 340 Mitarbeiter des Traditionsbetriebs in diesem Jahr etwa 94 Millionen Euro erwirtschaften. Für den Küchenhersteller ist das aber nicht genug. Rotpunkt baut am Bünder Standort aus und möchte weiter wachsen – doch es mangelt an Arbeitskräften. &bdquo;Wir könnten zum Beispiel sofort drei oder vier Zugmaschinen kaufen, doch dafür fehlen uns die Lkw-Fahrer“, sagt Wagner. Das akute Problem schildert er am Mittwochmorgen mehreren SPD-Politikern, die sich am Firmensitz in Ahle getroffen haben. Neben dem heimischen Bundestagsabgeordneten Stefan Schwartze sind auch der Landtagspolitiker Christian Obrok und der SPD-Arbeitsmarktexperte Martin Rosemann vor Ort. Sie wollen wissen, wo beim heimischen Unternehmen derzeit der Schuh drückt und hören sich die guten wirtschaftlichen Nachrichten, aber auch die Sorgen an. Großer Absatz im Ausland &bdquo;Über 80 Prozent unserer Umsätze machen wir im Export“, berichtet Andreas Wagner den Politikern. Primär werden die Küchen von Rotpunkt in Europa verkauft, zum Beispiel in Skandinavien, den Benelux-Ländern oder auch in der Schweiz und in Italien. Der europäische Markt wird sogar mit einem eigenen Fuhrpark beliefert. &bdquo;Etwa 50 Prozent unseres Volumens fahren wir selbst, das machen nicht alle Küchenhersteller. Aber unsere Auslieferung ist für uns der erste Kontakt zum Kunden. Darauf legen wir sehr viel Wert“, sagt Wagner. Um die Nachfrage der Kunden zu stillen, wird in Preußisch Oldendorf, wo die Vorproduktion stattfindet, im Dreischichtsystem gearbeitet. &bdquo;In Bünde kommen wir mehr und mehr in die Zweischichtigkeit hinein“, sagt Wagner. Doch um noch mehr produzieren zu können, gibt der Arbeitsmarkt die Mitarbeiter nicht her. Allein aus dem Pool der eigenen Auszubildenden, Rotpunkt bildet Holzmechaniker und Industriekaufleute aus, ist der Bedarf nicht zu stillen. &bdquo;Unsere Ausbildungsquote liegt aktuell bei sieben bis acht Prozent“, sagt Wagner. "Raketentechniker und Tetris-Spieler gesucht" Fachkräfte werden beim Bünder Küchenhersteller in verschiedenen Bereichen gesucht. &bdquo;Salopp gesagt brauchen wir eine große Bandbreite: vom Raketentechniker, der hochtechnologisierte Maschinen bedienen und instandhalten kann, bis hin zum Tetris-Spieler, der die Möbel auf die Lkw verlädt“, sagt Wagner. Der klassische Tischler arbeite aber natürlich auch noch im Betrieb. Schließlich funktioniere die Küchenherstellung, besonders im individuellen Bereich, auch heute nicht nur mit hochtechnologischen Maschinen. Der Mangel an Arbeitskräften wird derzeit unter anderem mit Fachkräften aus anderen Berufsgruppen geschlossen, die im Betrieb angelernt werden. &bdquo;Wir haben Bäcker, Maurer oder Fensterbauer hier. Aber dennoch können wir den Bedarf derzeit nicht decken“, sagt der Geschäftsführer. Die Lücke könnte mittelfristig durch den Bau der so genannten &bdquo;Lehrfabrik“ in Löhne zumindest etwas geschlossen werden. Bereits im Juli 2021 wurde eine Genossenschaft gegründet, die der Träger des Bildungszentrums ist. Daran sind neben mehreren Unternehmen der Möbelindustrie auch die Stadt Löhne sowie der Kreis Herford beteiligt. Grundsteinlegung im Herbst Im Herbst ist die Grundsteinlegung auf dem ehemaligen Sportplatz am Löhner Brückenhaus geplant. Auf zwei Etagen entsteht eine Nutzfläche von 2.800 Quadratmetern. Im Erdgeschoss geht es um die praktische Ausbildung an modernen Maschinen. Dort werden zwei Produktionsstraßen für die Montage von Möbeln und für Mitnahmemöbel entstehen. &bdquo;Das geht von der Auftragserfassung inklusive der IT-Systeme bis zum Verpacken und Verladen der Möbel. Es wird die gesamte Prozesskette abgebildet“, sagt Wagner. Im ersten Stock befinden sich die Seminarräume. In diesen könnten künftig auch Sprachkurse für eingewanderte Arbeitskräfte stattfinden. Zudem gibt es ein Boardinghouse, um Teilnehmer, die aus großer Entfernung anreisen, ebenfalls ausbilden zu können. Die Eröffnung ist Ende 2023 angedacht. Die Kombination aus Theorie und Praxis ist in dieser Form für die Möbelindustrie einmalig. Laut Jan Kurth, Hauptgeschäftsführer des Verbandes der deutschen Möbelindustrie, hat das Projekt ein Volumen von 20 Millionen Euro. &bdquo;Das ist für die Branche schon eine Hausnummer“, sagt er. Neben den Geldern der Genossenschaftsmitglieder wird das Projekt auch mit Fördergeldern unterstützt. Konkrete Summen sind derzeit noch nicht öffentlich. Branche gilt als angestaubt Mit dem modernen Ausbildungszentrum möchte man auch das Ansehen der Möbelindustrie verbessern. &bdquo;Wir versuchen natürlich, unsere Arbeitsplätze für junge Menschen attraktiver zu machen“, sagt Wagner. So gebe es bei Rotpunkt Küchen ein E-Bike-Leasing, Tankgutscheine oder auch zusätzliche Urlaubstage. Dennoch gilt die Branche gerade bei jungen Leuten als angestaubt. &bdquo;Dabei arbeiten wir mit Hightech-Maschinen. Das müssen wir den jungen Menschen näher bringen. Sie stehen nicht nur an der Hobelbank, sondern arbeiten auch mit Robotern“, sagt Wagner.

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