Ungewöhnliche Aktion: Bünder Restaurant-Besitzer protestiert gegen AfD

Bünde. Samstagmorgen in der Eschstraße vor der Landtagswahl. Auf dem Weg die Straße hinunter stehen Wahlstände von FDP, Grünen, SPD und Linken. Parteimitglieder verteilen Flyer und sprechen mit interessierten Bürgern. Alles wirkt ganz normal, doch auf dem Weg weiter runter hören die Spaziergänger schon laute Musik. &bdquo;Und selbst wenn alles scheiße ist, du pleite bist und sonst nix kannst, dann sei doch einfach stolz auf dein Land“, dringt unter anderem die deutsche Band Kraftklub mit ironischen Zeilen aus den Lautsprechern vor dem Restaurant &bdquo;Alte Apotheke“. &bdquo;Oder gib die Schuld ein paar ander’n armen Schweinen. Hey, wie wär’s denn mit den Leuten im Asylbewerberheim?“ Die AfD, die genau vor dem Restaurant ihren Stand hat, versucht die Protestaktion der Betreiber so gut es geht zu ignorieren. Das ist aber gar nicht so leicht, denn die &bdquo;Pommes gegen Rechts“, die Inhaber Marc Lach anbietet, finden an diesem Morgen deutlich mehr Abnehmer als die Flyer der rechtspopulistischen Partei. Schon am vergangenen Wochenende gab es Spannungen zwischen der Bünder AfD und dem Inhaber. Die AfD hatte für ihren Wahlkampf von der Stadt einen Platz vor dem Restaurant genehmigt bekommen, sehr zum Missfallen von Marc Lach. Weil die AfDler ihren Bulli zudem auf dem Privatgelände von Lach vor der Apotheke abgestellt hatten, kam es sogar zu einem kurzen Polizeieinsatz. Spontan hatte Lach schon damals mit Schildern und Musik gegen die Partei protestiert. Am Samstag bleibt es friedlicher als vergangene Woche, auch wenn es eine Gewaltandrohung von links gibt. Dieses Mal konnte Lach sich schon im Laufe der Woche auf den rechten Besuch vor seiner Tür vorbereiten. Auf Instagram warb die Alte Apotheke für den Protest. Die Hälfte der Einnahmen aus den &bdquo;Pommes gegen Rechts“ sollen für Opfer des Ukrainekriegs gespendet werden, sagt Lach. Zusätzlich wurde Matthias Zimoch von der Servicestelle Antidiskriminierungsarbeit der Caritas Paderborn eingeladen. Mit Bannern und Flyern warb er für das Angebot der Servicestelle, die über Diskriminierung und Rassismus aufklärt und Hilfe für Betroffene bietet. &bdquo;Wir stehen hier nicht gegen etwas, sondern für Respekt und Vielfalt“, sagt Zimoch, als er auf die AfD angesprochen wird.AfD-Mann: "Das ist in meinen Augen Faschismus" Eigentlich sollte die AfD an diesem Wochenende tatsächlich doch woanders stehen, nachdem es schon vergangene Woche vor der &bdquo;Apotheke“ zur Eskalation kam. Vitalij Kaiser, Sprecher des AfD-Kreisverbands und Ratsmitglied in Bünde, hatte der NW gegenüber bekundet, noch versuchen zu wollen, einen anderen Standort in der Innenstadt genehmigt zu bekommen. Die Stadt bestätigt auch, dass sich Kaiser an die zuständigen Stellen gewandt hat. Doch was dann genau gelaufen ist, bleibt auf Nachfrage unklar. Von der Stadt heißt es, die &bdquo;Fronten seien geklärt“. Das dürfte zumindest für Marc Lach neu sein, der sagt, dass sich niemand an ihn gewandt hat.Bei der AfD selbst geben sich die Mitglieder zunächst ruhig. &bdquo;Mir ist das egal“, sagt AfD-Ratsfrau Heidi Ludwig zur Protestaktion. &bdquo;Sollen die machen, was sie für richtig halten.“ Nach längerem Nachbohren gibt es aber auch andere Antworten. &bdquo;Das ist in meinen Augen Faschismus“, sagt AfD-Ratsherr Heiko Schröder. Den Protest gegen die rechtspopulistische Partei sehe er als Diskriminierung. Trotz solcher Ansichten bleibt es am Samstag fast durchgehend ruhig. Als ein Mitglied der AfD, das nur Peter D. genannt werden möchte, auf Jan Lieberum, Kreissprecher der Linken, und einige andere Mitglieder von dessen Partei zugeht, und ihnen erzählt, dass Hitler eigentlich ein Linker gewesen sein soll, gibt es nur Gelächter. Schließlich handelt es sich bei dieser These aus der rechten Szene um eine Falschbehauptung, die klar gegen jeden etablierten Forschungskonsens aus der Geschichtswissenschaft geht. &bdquo;Faschismusrelativierung kennt man ja schon von der AfD“, sagt Lieberum. Deutlich krasser ist da eine andere Redaktion eines linken Passanten: &bdquo;Halt die Fresse, du Faschist! Sonst polier ich dir die Schnauze“, heißt es in Richtung AfD. "Wir haben erreicht, was wir wollen" Abgesehen davon bleibt es bei der Alten Apotheke beim ruhigen Pommes Essen. Besonders bei den Politikern der anderen Parteien hat Marc Lach an diesem Wochenende einen Stein im Brett. Politiker von Grünen und FDP sitzen dort gemütlich zusammen und die Linke und die SPD schauen später auch noch vorbei. &bdquo;Das ist die erste politische Pommes, die ich esse und es ist ein Genuss“, sagt Grünen-Ratsherr Christian Kowalewsky. &bdquo;Nur auf eine Partei hätten wir heute verzichten können“, sagt Carsten Wollny, stellvertretender Vorsitzender des FDP-Stadtverbandes. &bdquo;Wir wollen gleich auch nochmal hin“, sagt SPD-Ratsherr Philipp Kollmeier zu der Aktion.Schließlich reicht es der AfD. Nach etwas mehr als zwei Stunden bauen die Mitglieder ihren Stand schon ab. &bdquo;Es ist nix los“, sagt AfDler Vitalij Kaiser. Damit sei auch der letzte Wahlkampfauftritt seiner Partei in Bünde abgeschlossen. &bdquo;Ich bin sehr zufrieden. Wir haben erreicht, was wir wollten“, zieht Marc Lach ebenfalls Fazit. &bdquo;Wobei es natürlich noch besser wäre, wenn man gar nichts machen müsste.“

Meistgelesen