Bünder Ratsherr wegen Untreue verurteilt

Bünde. Für das Bünder AfD-Ratsmitglied Vitalij K. ist die Sache klar: Seine früheren Fraktions- und Parteikollegen Heiko S. und Heidi L. wollen sich mit der Anzeige wegen Veruntreuung an ihm rächen, weil er der Fraktion und der Partei den Rücken gekehrt hat. Insgesamt soll er in zehn Fällen Geld, das von der Stadt für die Fraktionsarbeit gezahlt wurde, privat unter anderem für Hotelkosten, einen Drucker und auch für eine Palette Energy-Drinks verwendet haben. Die Einmütigkeit in der anfangs dreiköpfigen Bünder AfD-Ratsfraktion währte nicht lang. Waren der Angeklagte Vitalij K., Heidi L. und der als Zeuge geladene und heutige Fraktionsvorsitzende Heiko S. nach der Kommunalwahl im Herbst 2020 in den Stadtrat eingezogen, kriselte es schon nach etwas mehr als einem Jahr deutlich. Schlussendlich verkündete K. im Frühjahr 2023 seinen Austritt aus der Fraktion und auch der AfD. Die Gründe dafür sehen er und seine einstigen Fraktionskollegen unterschiedlich. Nach K.s Worten sei der Grund gewesen, dass er eine von anderer Stelle vorgefertigte Rede zum Bünder Haushalt Anfang 2023 im Stadtrat nicht verlesen wollte. Das übernahm dann sein damaliger Stellvertreter Heiko S. Streit um Ausgaben während einer Ratssitzung Für die beiden anderen Mitglieder der AfD-Fraktion standen dabei eher Unstimmigkeiten im Zusammenhang mit der Verwendung von Geld für die Fraktionsarbeit im Jahr zuvor im Mittelpunkt. Nach der von Heiko S. (58) verfassten Anzeige gegen seinen Vorgänger klagte die Staatsanwaltschaft Bielefeld den 39-jährigen Vitalij K., der sich selbst ohne Anwalt verteidigte, wegen Veruntreuung an. Zu einer zunächst verbalen und später handfesten Auseinandersetzung zwischen dem Angeklagten und früheren Fraktionsvorsitzenden sowie Heiko S. kam es bereits in einer Sitzung des Stadtrats im Mai 2023. Beide störten den Sitzungsverlauf und stritten um die Verwendung von Geld. Bürgermeisterin Susanne Rutenkröger wie auch die Technische Beigeordnete Andrea Brückner ermahnten die Streitenden schließlich, um zu einem geordneten Verlauf zurückzukehren. Im Anschluss an die Sitzung gerieten die beiden Ratspolitiker auf dem Parkplatz am Rathaus körperlich aneinander. Ein Mitglied einer anderen Fraktion soll schließlich dazwischen gegangen sein. Heiko S. erstattete nach NW-Informationen nur eine viertel Stunde nach dem Vorfall Anzeige wegen Körperverletzung auf der Bünder Polizeiwache. Vitalij K., der trotz Austritts aus Fraktion und Partei sein Ratsmandat behielt, erläuterte im Prozess gegen ihn am Montag wortreich, wofür er die finanziellen Mittel jeweils genutzt haben will. So sei er als Sprecher der AfD im Kreis Herford zu einer Konferenz der Partei nach Hamm eingeladen gewesen und habe das Geld für zwei Hotelübernachtungen verwendet. Auch habe er das Auto seiner Eltern für 127 Euro betankt, weil er selbst kein Fahrzeug besitzt, den elterlichen Wagen aber für die Fahrt zu politischen Terminen nutze. Angeklagter versteht Aufregung nicht Im Weiteren ging es um Kosten für Blumen, Druckerpatronen, einen Drucker, Briefmarken und schließlich auch um eine Palette Red Bull. Laut dem Zeugen Heiko S. habe K. zwei Drucker gekauft, wovon aber nur einer von der Fraktion genehmigt worden sei. Auch nach seinem Austritt habe K. das Gerät nicht an die Fraktion zurückgegeben – bis heute. K. verstand die Aufregung darum nicht, denn schließlich sei &bdquo;der Topf, aus dem das Geld für den Drucker komme, doch der selbe“ – nämlich die Stadtkasse. Da mache es keinen Unterschied, ob er nun den Drucker habe, oder seine ehemalige Fraktion. Für die Staatsanwältin war diese Haltung absolut nicht nachzuvollziehen. Sie geriet mit K. fast in einen Streit darüber, als es darum ging, dass K. auf den Namen seines Bruders Druckerpatronen bei Amazon im Internet bestellt hatte. Er selbst habe keinen eigenen Account gehabt, wie K. selbst beteuerte. Das nahm ihm die Staatsanwältin nicht so recht ab. Auch was die Rechnung über die Palette Energy-Drinks betrifft, war sie skeptisch. Vitalij K. begründete die Ausgabe damit, dass er Gäste bewirten musste, die sich bei ihm zu Hause über die politische Arbeit der AfD informieren wollten. &bdquo;Da würde ich dann Kaffee oder Wasser erwarten, aber keinen Red Bull“, so die Anklagevertreterin. K. erwiderte, dass er auch Wasser oder Bier anbieten würde. Da er selbst aber keinen Alkohol trinke, würde er dann den Energy-Drink wählen. Ehemalige Sachbearbeiterin widerspricht Aussage des Angeklagten K. sagte zudem, dass er alle Ausgaben – auch die für die Reise nach Hamm und die Tankrechnung für das Fahrzeug seiner Eltern – mit der damals zuständigen Sachbearbeiterin im Rathaus zuvor abgesprochen habe. Die damalige Mitarbeiterin im Hauptamt der Stadtverwaltung ist mittlerweile im Ruhestand und erklärte als Zeugin im Gerichtssaal, dass K. sie zwar zu einigen Ausgaben kontaktiert habe, aber nicht zu den genannten. Schließlich dürften diese Gelder nur für die Fraktionsarbeit, nicht aber für Werbezwecke der Partei verwendet werden. Fahrtkosten könnten zudem einzeln abgerechnet werden. Ihr fiel schließlich auch die Ausgabe für die Hotelkosten in Hamm auf, weil in der Begründung der Ausgabe von Vitalij K. keine zugehörige Veranstaltung angegeben worden war. Schlussendlich kam die Staatsanwältin im Vorfeld der Urteilsverkündung aber zu dem Schluss, dass K. in keinem der zehn Fälle ein Vorsatz nachgewiesen werden könne. Die Verfehlungen hätten vielmehr mit Unwissenheit zu tun. Sie forderte einen Freispruch. Pflichtverletzung als Fraktionsvorsitzender Richter Henning Zurlutter sah das nur in acht der zehn Fälle ähnlich. Unter anderem bei den Tankkosten habe der Angeklagte nach Gutdünken gehandelt. Auch die Beschaffung der Druckerpatronen sah der Richter problematisch. Die anderen Vorwürfe würden sich in einer &bdquo;Grauzone“ befinden. Vitalij K. habe sich aber einer Pflichtverletzung als Fraktionsvorsitzender schuldig gemacht. Zurlutter verurteilte K. zu einer Geldstrafe von 2.000 Euro (40 Tagessätze á 50 Euro). Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Vitalij K. kündigte bereits unmittelbar nach der Urteilsverkündung an, in Berufung zu gehen.

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