Nabu kauft kleinen Wald für seltene Spechte

Bünde. Rinde hat sie kaum noch, von Ästen ganz zu schweigen. Längst alles weg. Aber die Vögel scheinen sich um die Überreste der alten Rotbuche geradezu zu reißen: Im oberen Bereich hackt ein Buntspecht auf dem Stamm herum, ein paar Meter weiter unten lugt ein Kleiber aus einem kleinen Loch heraus. "Hohltauben und Kleinspechte gibt's hier auch", sagt Friedhelm Diebrok und freut sich. Freut sich vor allem darüber, dass "sein" NABU-Kreisverband das kleine Stückchen Wald in Muckum soeben gekauft hat - und die großen Bäume den Vögeln so auch weiterhin eine Heimat bieten können. Das Kaufangebot für das 780 Quadratmeter große Areal am Stempeldiek kam von einem Bürger. "Der hat den Wald kaum genutzt, höchstens mal für ein bisschen Brennholz", sagt Diebrok. "Das Waldstück ist zwar klein, hat aber einen enormen Wert für den Artenschutz", so der 70-Jährige weiter. Auf der Fläche stehen alte Eichen, Buchen und Kirschen. Besonders wertvoll für den Naturschutz, so Diebrok, seien jedoch vor allem die trockenen und abgestorbenen Bäume dazwischen, die der NABU noch so lange wir möglich erhalten wolle. "Hier haben Spechte ihre Bruthöhlen gezimmert und sollen es auch weiterhin tun können", so Diebrok. Nach den Spechten kommen Stare und Kleiber Werden die Höhlen dereinst von ihren Baumeistern verlassen, sind die Nachmieter schnell da: Kleiber, Stare und Hohltauben können keine eigenen Höhlen anlegen, brauchen sie aber zwingend als Brut- und/oder Schlafplatz. Und wenn die Höhlen durch weiteres Ausfaulen noch größer werden, kommen ganz schnell die Fledermäuse und benutzen sie als Wochenstube. "Fledermäuse haben wir hier auch schon beobachtet", freut sich Diebrok, dem mit der Hornisse noch ein weiterer Nachmieter einfällt, dem es immer mehr an Lebensraum mangelt. Apropos Insekten: "Auch viele weitere Arten, die von Totholz leben - und auch Baumpilze - werden sich hier vermehrt ansiedeln und die vermeintlich toten Bäume mit neuem Leben erfüllen", sagt Diebrok. "Durch die abgestorbenen Bäume gelangt wieder Licht bis auf den Waldboden, so dass junge Bäume nachwachsen können, die auf Dauer die Kronenlücke wieder schließen werden. So kann ein perfekter Naturkreislauf entstehen." Die Erfahrung, dass Eigentum verpflichtet, musste der NABU übrigens auch schon machen: Aus zwei mächtigen Buchen am Waldrand, so Diebrok, seien vor kurzem einige Kronenäste abgebrochen und auf das bewohnte Nachbargrundstück gefallen. "Diese beiden Bäume stehen am südlichen Waldrand und wurden vor Jahren freigestellt, das heißt, Bäume und Sträucher, die normalerweise den Waldrand bilden, wurden entfernt", erklärt der Naturschützer. So seien sie schutzlos dem Wind und der Sonne ausgesetzt gewesen, was Buchen jedoch nicht vertrügen. Dies und die Trockenheit der vergangenen Jahre hätten zu einem vorzeitigen Absterben der Bäume geführt. Abgesägte Äste sollen im Wald verteilt werden Aus Sicherheitsgründen habe der NABU die restlichen Kronenäste an diesen Bäumen entfernen lassen, in anderen Fällen werde das noch geschehen. "Die Stämme bleiben aber erhalten, damit sie den Tieren als Behausung dienen und mit ihrem Schatten auch die anderen Bäume noch ein wenig vor Sonnenbrand schützen. Die abgesägten Äste werden im Wald verteilt. Sie liefern dann Nährstoffe durch Verrottung und sollen gleichzeitig den hungrigen Rehen den Zugang zu den Jungbäumen mit ihren frischen Trieben erschweren", erklärt Diebrok das weitere Vorgehen im "Wald der kleinen Spechte" - so haben er und seine Frau Freyja das Areal spontan getauft. Der Kauf der Waldfläche und auch die recht kostspielige Rückschnittaktion seien durch Mitgliedsbeiträge und Privatspenden ermöglicht worden. Diebrok möchte sich an dieser Stelle dafür bedanken. "In Zukunft soll das Waldstück veranschaulichen, wie sich richtiger Naturschutz im Wald auswirkt und welche Veränderungen stattfinden, wenn der Mensch nicht mehr regulierend eingreift." Auf der Fläche, so Diebrok, würden keine Bäume mehr zur Holzgewinnung entnommen oder neue Bäume angepflanzt, auch abstürzende Äste würden ab sofort nicht mehr weggeräumt. "Wir werden die Entwicklung des Waldes dann auf Exkursionen vorstellen", sagt Diebrok. Vielleicht schaut dann ja auch mal die Hohltaube vorbei. Oder der Kleinspecht. - Der NABU ist am Erwerb weiterer Waldstücke im Kreis Herford interessiert, um diese aus der wirtschaftlichen Nutzung zu nehmen und der Natur zu überlassen. In Spenge wird ein wesentlich größeres Waldstück als das jetzige in Muckum schon sehr bald den Anfang machen.

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