Regenbogenflagge ist neues Hassobjekt

Bünde/Enger. Der Juni ist weltweit der "Pride Month". Pride bedeutet aus dem Englischen übersetzt Stolz. Das soll unterstreichen, dass Menschen – egal welcher sexuellen Identität oder Orientierung – stolz auf sich sein können und sich nicht zu verstecken brauchen. Doch ganz so offen scheint die Gesellschaft noch nicht zu sein. Das zeigte jetzt auch die Diskussion über dieses Thema bei der Fußball-Europameisterschaft. Als Schulleiter Ulrich Henselmeyer am Dienstagmorgen gegen 7 Uhr auf den Parkplatz fuhr, erwartete ihn schon der Hausmeister. Unbekannte Täter hatten vermutlich in den Nachtstunden am Widukind-Gymnasium Enger (WGE) eine Regenbogenflagge vom Mast geholt und verbrannt. "Ich habe die Polizei eingeschaltet und Anzeige erstattet", sagt der Schulleiter. Die Kriminalpolizei hat, in Zusammenarbeit mit dem Staatsschutz, die Ermittlungen aufgenommen, teilt Polizeisprecherin Simone Lah-Schnier mit. So gingen die Täter vor Die Schülervertretung (SV) des Gymnasiums hatte sich nach Angaben von Henselmeyer dafür ausgesprochen, eine Regenbogenflagge zu hissen. Dies sei am Montag geschehen. Vermutlich in der Nacht hätten unbekannte Täter die Flagge vom Mast heruntergeholt. Im Eingang zum Fahrradkeller hätten sie die Flagge dann befestigt und dort angezündet. Am anderen Morgen habe man die farbigen Überreste der Flagge vorgefunden. Durch den Brand sei auch die Schließanlage des Fahrradkellers beschädigt worden. Kein Einzelfall, wie auch schon der Vorfall in Bünde vor zwei Wochen zeigte. An einem Mittwoch hisste eine Schülergruppe, die sich für sexuelle Gleichberechtigung und den offenen Umgang mit Homo-, Bi- und Transsexuellen in der Gesellschaft einsetzt und für Akzeptanz für alle Formen von Sexualität wirbt, jenes bunte Symbol. In der Nacht zum darauf folgenden Samstag verbrannten Unbekannte die Regenbogenflagge, filmten die Tat und schickten Schulleiter Gunnar Woltering und Mitschülern das Video per E-Mail mit dem Hinweis "Eine solche Flagge hat vor unserer Realschule nichts zu suchen". Ob die Täter tatsächlich Schüler der Realschule Bünde-Nord waren oder vom Freiherr-vom-Stein-Gymnasium (FvSG) stammen und ihre Identität verschleiern wollten, ist noch nicht bekannt. "Feige Tat, weil der gesellschaftliche Dialog fehlt" Wie Ulrich Henselmeyer erstattete auch Woltering vor zwei Wochen Anzeige und schaltete den Staatsschutz ein. In Bünde kam noch hinzu, dass Mitglieder der engagierten Schülergruppe von Mitschülern sogar in WhatsApp-Chats bedroht wurden. &bdquo;Unser Gymnasium ist eine weltoffene Schule, an der Diskriminierung und Ausgrenzung keinen Platz haben. Das Verbrennen der Flagge und die Bedrohung von Schülern sind ein feiger Akt und ein Zeichen der Schwäche, weil der gesellschaftliche Dialog vermieden wird“, so Woltering. In Bünde hingen schon am nächsten Schultag gleich zwei Regenbogenflaggen vor der Schule und auch andere Schulen solidarisierten sich mit den FvSG-Schülern und zeigten bunt Flagge. "Jetzt erst recht", heißt es auch in Enger: "Wir werden sofort eine neue Regenbogenflagge bestellen. Und wir werden sie so befestigen, dass nicht jeder drankommt", sagt der Engeraner Schulleiter. Vermutlich werde man sie auf einem der Balkone über dem Haupteingang aufhängen. "Ferner wollen wir im Foyer auf einem großen Bildschirm eine Dokumentation laufen lassen, die über die Bedeutung der Regenbogenflagge informiert." Gleichzeitig wolle man auf den Vorfall am WGE eingehen und erläutern, was die SV bewogen habe, die Flagge zu hissen. Schüler sind entsetzt und solidarisieren sich An mehreren Schulen im Kreis Herford gibt es bereits Reaktionen aus der Schülerschaft. Die Jugendlichen seien entsetzt über "die menschenfeindliche Haltung", heißt es. Wie schon die Olof-Palme-Gesamtschule in Hiddenhausen setzte jetzt auch die Realschule Bünde-Mitte ein Zeichen für Toleranz. Schüler dort haben sich dazu entschlossen, sich der FvSG-Aktion anzuschließen. Seit einigen Tagen weht auch dort die Regenbogenflagge. Sie sei zwar ein Zeichen für die LGBTQIA+ (Die Buchstaben stehen für Menschen mit unterschiedlicher sexueller Orientierung oder Geschlechtsidentität), "sie steht aber auch in zahlreichen Kulturen für Aufbruch, Veränderung und Frieden und gilt allgemein als Zeichen für Toleranz, Akzeptanz und Vielfalt", heißt es von der Realschule Bünde-Mitte. Diesen Werten fühle man sich verpflichtet. Inwieweit ein Zusammenhang zwischen den Taten in Bünde und Enger besteht, ist noch Gegenstand der Ermittlungen.

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