Fragen zum 100. Tag im Amt als Bürgermeisterin

Seit 100 Tagen ist Susanne Rutenkröger nun Bürgermeisterin der Stadt Bünde. Im Wahlkampf im vergangenen Jahr sammelte die Neue Westfälische Fragen von Bürgern und stellte sie den Kandidaten. Es dürfte klar sein, dass die angekündigten Vorhaben sicherlich nicht nach etwas mehr als drei Monaten umgesetzt sein können - und ganz bestimmt nicht in der momentanen globalen Krise. Dennoch wollten wir nach 100 Tagen einmal nach dem Sachstand und nach einem Ausblick auf die im vergangenen Jahr angesprochenen Themen der Bünder Bürger fragen. Frau Rutenkröger, Sie haben in der Dezembersitzung des Stadtrats angekündigt, gleich Anfang des Jahres in Kontakt mit der Firma Rolland zu treten, um über einen möglichen Ankauf des Geländes durch die Stadt Bünde zu sprechen, das für weitere Planungen für das ehemalige Cordes-Gelände nötig ist. Haben diese Gespräche schon stattgefunden? Wie wollen sie dabei weiter vorgehen - auch was die weiteren Planungen für das Areal betrifft? SUSANNE RUTENKRÖGER: Ja, ich möchte hier weiter aufs Tempo drücken, denn es muss mit der Entwicklung des Cordes-Geländes endlich voran gehen. In meinen Augen wurde in der Vergangenheit zu viel Zeit verschenkt. Dafür ist zu klären, ob das besagte Grundstück mit in die Gesamtplanungen einbezogen werden kann oder nicht. Mir ist an dieser Stelle ein persönliches Gespräch mit dem Eigentümer wichtig, das sich jedoch auch aufgrund des Lockdowns und der allgemeinen Kontaktbeschränkung noch nicht realisieren ließ. Ich bin aber zuversichtlich, dass dieses sehr bald stattfinden wird. Zudem ist noch offen, ob auf dem Areal eine öffentliche Nutzung möglich ist. Ein entsprechender Prüfauftrag liegt der Verwaltung seit Sommer 2019 vor. Auch hier brauchen wir jetzt Klarheit. Sie haben vor der Kommunalwahl angekündigt, das Rathaus zu einer "Ermöglichungsbehörde" zu machen, mit klaren Zuständigkeiten und transparenten Vorgängen. Wie weit sind sie da nach 100 Tagen und was können die Bürger da konkret noch erwarten? RUTENKRÖGER: &bdquo;Ermöglichungsbehörde" bedeutet für mich, dass die Verwaltung als Partner auf Augenhöhe verstanden wird. Jede und jeder, die oder der mit einem Anliegen zu uns kommt, muss sich ernst genommen fühlen. Und vor allem: ernst genommen werden. Dazu gehören für mich klare Zuständigkeiten, die in Zukunft nach außen noch viel sichtbarer werden als es bisher der Fall war. Mit meiner telefonischen Bürgersprechstunde bin ich einen ersten Schritt gegangen, die erste direkte Ansprechpartnerin für die Sorgen und Nöte der Bünderinnen und Bünder zu sein. Viele der Anliegen, die mich jetzt in den ersten Wochen erreicht haben, sind offensichtlich schon länger bekannt, aber noch nicht abschließend gelöst worden. Da müssen wir besser werden und deshalb werde ich diesen Weg der Offenheit und Transparenz auch weiter gehen. Ein weiteres Beispiel ist die Digitalisierung des Rathauses: Mittelfristig sollen viele Anliegen der Bürgerinnen und Bürger auch online von zuhause aus geregelt werden können. Dieser Mix aus moderner und effektiver Verwaltung und gleichzeitig persönlich und mit einem offenen Ohr da zu sein – das ist mein Ziel. Eltern von Betreuungskosten der Kinder zu entlasten ist sicher ein Punkt, der erst nach der Pandemie zum Tragen kommt, wenn die Beiträge wieder in voller Höhe zu zahlen sind, aber Sie kündigten auch eine Stärkung der Schulsozialarbeit an. Das klingt, als wollten Sie dabei neue Stellen schaffen. Was haben Sie da konkret geplant? RUTENKRÖGER: Aus vielen Gesprächen weiß ich: Es sind insbesondere die Familien mit jungen Kindern, die unter der derzeitigen Situation mit geschlossen Schulen und Engpässen bei der Betreuung leiden. Für mich gilt der Grundsatz: Bildung muss kostenfrei sein. Daher bin ich auch der Meinung, dass die Kinderbetreuungskosten auf Dauer abgeschafft gehören. Um das zu ermöglichen, brauchen wir noch mehr Unterstützung vom Land, das coronabedingte Einnahmeverluste im Moment zum Teil ausgleicht. Wann eine Gebührensenkung in Bünde möglich ist, ist immer auch von unserer finanziellen Situation abhängig und wie sich diese in der weiterhin schwierigen pandemischen Lage entwickelt, können wir aktuell nur schwer bewerten. Eine weitere Entlastung insbesondere kleinerer Einkommen wird derzeit vorbereitet. Die Schulsozialarbeit ist für mich ein unverhandelbarer Baustein unserer Sozialarbeit, die gerade jetzt mehr gebraucht wird denn je. Eine Schwächung, gerade in dieser für viele schwierigen Situation, wird es daher mit mir nicht geben. Sie wollen sich dafür einsetzen, den ÖPNV auch in den äußeren Ortsteilen zu verbessern, sagten sie im September. Haben Sie dazu schon Gespräche geführt? Was haben Sie dabei geplant und was könnte es die Stadt kosten? RUTENKRÖGER: Es laufen auf unterschiedlichen Ebenen Gespräche, die eine Stärkung des ÖPNV im Blick haben. Wichtig ist mir hier die konzernübergreifende Zusammenarbeit der Verwaltung mit der Bünder Verkehrsgesellschaft. Unser langfristiges Ziel muss es sein, dass der ÖPNV zu einer echten Alternativen zum Pkw wird - und zwar im gesamten Stadtgebiet. Das ist nicht nur eine Frage der Mobilität, sondern auch des Klimaschutzes. Hier können wir auch von anderen Kommunen und Städten lernen. Unter anderem mit dem neuen Förderprogramm zur Belebung von Innenstädten und Zentren haben Sie schon begonnen, Leerstände an der Eschstraße zu bekämpfen. Es gibt aber auch Kritiker, die sagen, dass das Programm an der Blankener Straße bzw. Wasserbreite endet. Stimmt das? Und wenn ja, warum gilt es nicht auch für den nördlichen Bereich der Bahnhofstraße und auch für die Hauptstraße? RUTENKRÖGER:Das Förderprogramm richtet sich schon auf die &bdquo;Kernstadt", heißt Eschstraße und Bahnhofstraße bis Ernst-Reuter-Straße. Grundsätzlich ist jede Initiative gegen Leerstände in Bünde in meinen Augen prüfenswert, wenn sie zur Stärkung des Einzelhandels beiträgt. Eine ermäßigte Miete ist dabei auch nicht das alleinige Entscheidungskriterium für eine Selbstständigkeit im Einzelhandel. Aufgrund der höheren Kundenfrequenz in der Bahnhof- und Eschstraße glaube ich, dass unterstützende Maßnahmen dort auf Dauer erfolgversprechender sein werden. Mein Ziel ist es, insbesondere in diesen Bereichen die Leerstände weiter zu minimieren und für mehr Belebung zu sorgen. Sie sagten, dass Sie selbst die Straßenbaubeiträge als "ungerecht und existenzbedrohend" ansehen. Abgeschafft hat die Landesregierung die Beiträge nicht. Wo sehen Sie Möglichkeiten, den betroffenen Bürgern von Seiten der Stadt zu helfen und ihnen die finanziellen Herausforderungen erträglicher zu machen? RUTENKRÖGER: Ich habe wirklich kein Verständnis dafür, dass NRW als eines der letzten Bundesländer diese Gebühren noch nicht abgeschafft hat. Die aktuellen Reformen der CDU/FDP-Landesregierung lösen auch keine Probleme, sondern schaffen zusätzliche Bürokratie für die Kommunen. Es kann nicht sein, dass Existenzen bedroht werden, weil die Straße vor der eigenen Haustür saniert wird. Als Stadt Bünde sind wir bemüht, die Kosten so gering wie möglich zu halten. Es ist wichtig, sämtliche Anlieger frühzeitig und dauerhaft in die Planungen einzubeziehen. Was die tatsächliche Zahlung der Beiträge angeht, kann mit Ratenvereinbarungen und Stundungen geholfen werden. Da die Situation für jeden Hausbesitzer sehr unterschiedlich ist, helfen an dieser Stelle aber keine pauschalen Antworten, sondern nur individuelle Lösungen und Gespräche. Bünde fordert nach Baugesetzbuch (BauGB) zwar "nur" 85 Prozent Beteiligung, andere Kommunen verlangen 90 Prozent. Wäre es nicht möglich, den Beitrag mit 50 Prozent dem KAG gleichzustellen - oder womöglich ganz darauf zu verzichten? Was würde dann finanziell auf die Stadt Bünde zukommen? RUTENKRÖGER: Unter den jetzigen Voraussetzungen ist ein vollständiger Verzicht nicht möglich. Hier ist insbesondere der Bund gefordert, Städte und Gemeinde nicht länger im Regen stehen zu lassen. Hier vor Ort ist es ähnlich wie bei der Frage der Kinderbetreuungskosten, so ein Engagement ist natürlich auch von unserer allgemeinen Haushaltslage abhängig. Dazu kommen steigende Kosten im Baugewerbe. Ob sich hier auf Dauer auch eine gewisse Entspannung ergeben könnte, kann ich aktuell nicht bewerten. Grundsätzlich aber bleibe ich dabei: Die Straßenausbaugebühren gehören abgeschafft. Da sind Land und Bund gefordert.

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