Alarm in der Fleisch-Industrie: Hersteller aus Kreis Gütersloh fährt Notprogramm

Versmold. Eigentlich war der Lebensmittelkonzern InFamily Foods in den vergangenen Monaten mit einem Zukunftsversprechen angetreten. Mit einer neuen Sparte will die unter anderem vom Versmolder Unternehmer Hans-Ewald Reinert geführte Gruppe jetzt in die Laborfleisch-Forschung einsteigen, mit &bdquo;The Plantly Butchers" hat man zudem erneut den vegetarischen Markt ins Visier genommen. Das &bdquo;alte" Kerngeschäft beim zugehörigen Wursthersteller TFB (Fusion aus Reinert und Kemper) allerdings macht massive Probleme. Das Schreiben der Geschäftsführer Roland Verdev und Thomas Winnemöller ist im Ton an Deutlichkeit nicht zu überbieten – und dürfte die Mitarbeitenden ausgerechnet zum Weihnachtsfest und zum Jahreswechsel in Alarmbereitschaft versetzen. Das Unternehmen befinde sich in einer &bdquo;wirtschaftlich sehr angespannten Lage". Ursache seien fast drei Jahre, die geprägt gewesen seien von sich überschneidenden Krisen. Die TFB-Geschäftsführer beklagen &bdquo;gestörte Lieferketten und massive Preissteigerungen". Demzufolge habe man Kostensteigerungen für Energie, Logistik und Verpackungsmaterialien &bdquo;in zweistelliger Millionenhöhe" zu verkraften, heißt es in dem Schreiben, das unserer Redaktion vorliegt. Fehlzeiten und der Arbeitskräftemangel hätten zusätzlich dazu geführt, &bdquo;dass wir es im gesamten Jahr nicht geschafft haben, unsere Kunden vollständig mit der Ware zu versorgen, die sie bei uns bestellen". Von leeren Regalen in den Supermärkten und daraus resultierenden Umsatzausfällen ist die Rede. Man habe es nicht geschafft, die hohen Kosten zu decken – sondern im Gegenteil für jedes Kilogramm produzierter Wurst- und Schinkenartikel draufgezahlt. Einstellungsstopp im Konzern – mit einer Ausnahme Die Manager haben sich nun zu drastischen Schritten entschlossen: Die Kosten müssten &bdquo;unverzüglich" gesenkt werden. &bdquo;Konkret bedeutet das, dass wir sämtliche Investitionen vorerst gestoppt haben", teilen Verdev und Winnemöller der TFB-Belegschaft mit. Nur laufende Projekte würden noch zu Ende geführt. Alle sonstigen Ausgaben würden auf &bdquo;das absolut notwendige Minimum" reduziert. &bdquo;Wir halten selbstverständlich unseren Maschinenpark und die Gebäude weiterhin instand, alles darüber hinaus wird im Einzelfall geprüft", kündigen die Geschäftsführer an. Außerdem haben sie einen &bdquo;sofortigen Einstellungsstopp" verhängt, heißt es weiter. Ausgenommen seien &bdquo;bei Bedarf" die Bereiche Produktion und Verpackung, so wird es im Schreiben formuliert. Man habe sich die Entscheidungen nicht leicht gemacht und sei sich bewusst, dass sie &bdquo;für Unsicherheit und Ängste" sorgen könnten. Ziel sei es, dem Unternehmen &bdquo;mittel- und langfristig wieder eine tragfähige Kosten- und Ertragsstruktur" zu geben. Kündigungen soll es keine geben Im Gespräch betont Uwe Kohrs, Sprecher von Hans-Ewald Reinert, dass es sich bei den in der Mitarbeiterinformation beschriebenen Schritten um &bdquo;vorausschauende Maßnahmen" handele. &bdquo;Das Unternehmen befindet sich in keiner wirtschaftlichen Schieflage", sagt Kohrs. Wichtig ist ihm ebenso zu betonen, dass der verordnete Sparkurs keinesfalls mit Kündigungen verbunden sei. &bdquo;Es wird niemand vor die Tür gesetzt." The Family Butchers erwirtschafteten zuletzt mit 2.400 Mitarbeitenden an acht Standorten einen Jahresumsatz von etwas mehr als 700 Millionen Euro. Unter anderem gehört das frühere Unternehmen Reinert in Mittel-Loxten zur fusionierten Gruppe, deren Marken wie Bärchenwurst oder Sommerwurst immer noch zentrale Umsatzbringer sind. Das sollen sie auch bleiben. Der Einstellungsstopp, so Uwe Kohrs, beträfe deshalb nicht die Produktion. &bdquo;Wir müssen lieferfähig bleiben." Die Branche hat es seit Jahren zunehmend schwerer, Stellen im klassischen Fleischerhandwerk zu besetzen. Verschärft hat sich die ohnehin angespannte Personalsituation zuletzt standortübergreifend durch hohe Krankenstände. Preiserhöhungen nur schwer durchzusetzen Bereits im Spätsommer hatte TFB-Geschäftsführer Roland Verdev gegenüber dem &bdquo;Haller Kreisblatt" auf die Schwierigkeiten und Sorgen der Branche hingewiesen. &bdquo;Die höheren Preise lassen sich nicht durch mehr Energieeffizienz kompensieren und die Einsparpotenziale sind ausgeschöpft", erklärte er beispielsweise zu Strom- und Gaspreisen. Dazu kommen weitere Faktoren, die zur schwierigen Lage geführt hätten und die sich nach Einschätzung der Konzernspitze in den kommenden Monaten nicht wesentlich entspannen würden. Beispiel Rohstoff: Hans-Ewald Reinert rechnet mit steigenden Schweinepreisen. Hintergrund dafür ist die knapper werdende Verfügbarkeit, weil weniger Tiere eingestallt würden. &bdquo;Viele Landwirte stehen mit dem Rücken zu Wand", beschreibt Uwe Kohrs. Die verschiedenen Kostensteigerungen der vergangenen Monate habe man als Unternehmen fast ausschließlich selbst tragen müssen. 2022 habe TFB nur eine Preiserhöhung durchsetzen können. Großkonzerne hingegen pokerten mit dem Handel und nutzten ihre Marktmacht. &bdquo;Das können wir als Mittelständler nicht", erklärt Uwe Kohrs die Zwickmühle. Umso wichtiger sei es, &bdquo;unternehmerisch umsichtig zu handeln", um nicht in finanzielle Schieflage zu geraten. TFB hat seinen Sparkurs jetzt definiert.

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