Empörung nach Hochzeit mit 190 Gästen - Mennoniten-Gemeinde lenkt ein

Versmold. Die Kirchengemeinden im Altkreis haben ihre Präsenzgottesdienste weitgehend eingestellt. Das Gemeindeleben ist auf ein Niveau zurückgefahren worden, das für viele der engagierten Mitglieder nur schwer zu ertragen ist. Die Nachricht, dass in Bockhorst am vergangenen Wochenende in der Mennoniten-Brüdergemeinde eine Hochzeit mit 190 Teilnehmern gefeiert worden ist, und dass die Stadt Versmold Gottesdienste mit 170 Teilnehmern zugelassen hat, sorgt vielerorts für Befremden. &bdquo;Ich konnte es kaum glauben, als ich davon gehört habe", sagt Pfarrerin Birgit Gillmann von der evangelischen Kirchengemeinde Bockhorst und ergänzt: &bdquo;Diese Nachricht hat Betroffenheit bei vielen Gemeindemitgliedern ausgelöst." Irritiert zeigte sie sich darüber, dass im Gebetshaus der Brüdergemeinde 170 Gottesdienstteilnehmer zugelassen waren. &bdquo;In unsere Kirche dürften nur 35 Personen kommen", erklärt sie. Dürften. Denn aus Vernunftsgründen habe man sich entschieden, auf Präsenzgottesdienste komplett zu verzichten. Und das, obwohl es große Sorge bereite, dass man viele Menschen aus dem Blick verliere. "Alle Kirchen werden nach so einem Ereignis in einen Topf geworfen" Susanne Absolon, Pfarrerin in der evangelischen Kirchengemeinde Versmold, ärgert sich darüber, dass die Menschen vielfach nicht unterscheiden. &bdquo;Alle Kirchen werden nach so einem Ereignis in einen Topf geworfen." Dabei habe man in Versmold bewusst auf Präsenzgottesdienste verzichtet. &bdquo;Mir liegt daran, zu betonen, dass wir das aus Verantwortung für unsere Mitmenschen getan haben. Die Entscheidung ist uns sicher ganz schwer gefallen. Denn schließlich ist es unser täglich Brot, die frohe Botschaft zu verkünden", erklärt sie. Sie empfinde es angesichts der Lage als Unverfrorenheit, unter dem Deckmäntelchen eines Gottesdienstes feiern zu können. Dechant Josef Dieste vom Pastoralverbund Stockkämpen befürchtet, dass die durch die Ereignisse in Bockhorst aufgekommenen Diskussionen seine Gemeinden in ein schlechtes Licht rücken. In den katholischen Kirchengemeinden werden Präsenzgottesdienst gefeiert, allerdings mit weit weniger als 170 Teilnehmern. &bdquo;Die Gottesdienste sind fast als fast aseptisch zu bezeichnen. Statt Weihwasser gibt es Desinfektionsmittel, die Gottesdienstteilnehmer sitzen weit auseinander, es wird nicht gesungen, alle müssen sich schriftlich oder per Luca-App registrieren." Statt sonst in 50 Minuten ist die Messe in gut einer halben Stunde gelesen. &bdquo;Mehr wollen wir den Menschen nicht zumuten", sagt er. Auch Dieste erklärt, er habe sich gewundert, dass in Bockhorst 170 Menschen zugelassen seien. Bürgermeister ist in Gesprächen mit der Mennoniten-Gemeinde Versmolds Bürgermeister Michael Meyer-Hermann ist derzeit in Gesprächen mit der Mennoniten-Brüdergemeinde und stellt noch einmal die rechtlichen Rahmenbedingungen dar. Demnach sind Gottesdienste grundsätzlich zulässig. In der Verordnung des Landes heißt es, dass die Kirchen und Religionsgemeinschaften selbstständig entscheiden, ob sie Präsenzgottesdienste feiern. Lesen Sie auch: Polizeieinsatz bei Trauerfeier mit 150 Gästen in Rietberg Dazu müssen sie lediglich die Einhaltung des Mindestabstands garantieren, die Teilnehmerzahl begrenzen, die Teilnehmer zum Tragen einer medizinischen Maske verpflichten, die Nachverfolgbarkeit gewährleisten und auf Gesang verzichten.&bdquo;Die Mennoniten-Gemeinde hatte alle Auflagen erfüllt. So konnten in dem 600 Personen fassenden Gebetshaus 170 Teilnehmer zugelassen werden", erklärt er. Dabei habe man in den Vorgesprächen besonderen Wert auf das Thema Lüften und einen geregelten Ein- und Ausgang gelegt. Mehrfach habe man versucht, auf die Gemeinde einzuwirken, komplett auf Präsenzgottesdienste zu verzichten. Vergeblich. Mennoniten-Gemeinde zeigt sich einsichtig Die Möglichkeiten der Verwaltung, hier regelnd einzugreifen sind indes gering. Denn das von der Verfassung garantierte Recht auf freie Ausübung der Religion kann nur zum Schutz anderer Rechte von Verfassungsrang eingeschränkt werden – etwa zum Schutz von Leben und Gesundheit. Hier sind die Grenzen aber eng gesteckt: &bdquo;Wenn sich tatsächlich ergeben sollte, dass hier ein Infektionscluster besteht, kann die Kommune Präsenzgottesdienste für eine begrenzte Zeit untersagen. Aber erst dann, wenn alle Maßnahmen ausgeschöpft worden sind", so Meyer-Hermann. Möglicherweise aber wird das nicht notwendig sein. Wie der Vorsitzende der Mennoniten-Brüdergemeinde, Vitali Isaak, erklärte, sei man derzeit in Gesprächen mit der Stadt Versmold, die Zahl der Gottesdienstteilnehmer weiter zu beschränken. Isaak betont, man sei anders als beispielsweise Querdenker fest davon überzeugt, dass man gegen diese Krankheit Maßnahmen ergreifen müsse. &bdquo;Das haben wir auch getan. Es war alles coronakonform. So wie wir es mit der Stadt besprochen hatten." Hochzeit am Wochenende steht auf der Kippe Bis zum vergangenen Wochenende. Vitali Isaak bedauert, dass die Gemeinde dadurch für Negativschlagzeilen gesorgt hat und kündigt an, die Teilnehmerzahl bei den Gottesdiensten auf 65 reduzieren zu wollen – und vielleicht auch mehr. &bdquo;Wir sind inzwischen so weit, dass wir überlegen, Gottesdienste vorerst nur noch online stattfinden zu lassen", sagt er. Auch sei noch nicht klar, ob die am Wochenende geplante Hochzeit tatsächlich stattfinde.

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