Bekannter Ex-Bürgermeister aus dem Kreis Gütersloh gibt Einblick in seinen neuen Alltag

Verl. Auf dem kleinen Tisch im Wartebereich vor seinem Dienstzimmer liegt ein Stück gedruckte Heimat. &bdquo;Flug S04 nach Verl“ wirbt auf der Titelseite - ausgerechnet Schwarz auf Gelb - das Fußballmagazin &bdquo;11 Freunde“ für seine Titelgeschichte zum Überlebenskampf des FC Schalke 04. Verl und Schalke - zwei Dinge, die für Michael Esken zusammengehören. Seinem Herzensverein ist der ehemalige Verler Bürgermeister mit dem beruflichen Wechsel nach Herne räumlich näher gekommen. Lesen Sie auch: 20 Jahre im Amt: Kurz vor Karriereende zieht Bürgermeister aus Kreis Gütersloh Bilanz Gerade einmal 30 Kilometer Luftlinie liegen zwischen der Gemeindeprüfungsanstalt Nordrhein-Westfalen (gpaNRW), deren Präsident Esken jetzt seit genau einem Jahr ist, und der Arena in Gelsenkirchen. Aber auch ein Stück Verl ist mit ihm umgezogen in die neue Wirkungsstätte. Blick auf ein Chemiewerk und das halbe Ruhrgebiet Wer Michael Esken in seinem Büro aufsuchen will, muss zunächst ein besetztes Pförtner-Häuschen passieren und warten, dass die Schranke zum großzügigen parkähnlichen Gelände am Shamrock-Ring aufschwingt. Bis vor einigen Jahren residierte hier die Hauptverwaltung der RAG Aktiengesellschaft. Heute füllen die Büros verschiedener Firmen die Gebäude, ein Architekt und eine Journalisten-Schule. Im &bdquo;Haus 4“ bezog 2020 die Gemeindeprüfungsanstalt des Landes NRW die fünfte Etage. Von hier blickt man auf der einen Seite auf ein benachbartes Chemiewerk - oder auf der anderen Seite über das halbe Ruhrgebiet. Die gpaNRW prüft und berät mehr als 1.000 kommunale Kunden im gesamten Bundesland; Gemeinden, Städte und Landkreise, Landschafts- und Zweckverbände. Nach einer Checkliste werden alle fünf Jahre die Wirtschaftlichkeit und die Ordnungsmäßigkeit ihres Verwaltungshandelns betrachtet. Theoretisch arbeiten hier 150 Menschen Sind die Haushaltspläne und Jahresabschlüsse gesetzeskonform aufgestellt? Werden Buchungen korrekt vorgenommen und gehen die Verwaltungen offenen Rechnungen nach? Neben den obligatorischen Finanzprüfungen geht es auch um wechselnde Nebenthemen: Kann eine Kommune beispielsweise ihr Klimaschutzkonzept einhalten? Ist das Jugendamt richtig organisiert? Da die gpaNRW eine Anstalt öffentlichen Rechts ist, kann sie zusätzlich Beratungsleistungen erbringen und abrechnen, steht dann aber im Wettbewerb mit anderen Unternehmen und ist nicht mehr hoheitlich unterwegs. Die Gemeindeprüfungsanstalt verteilt sich im &bdquo;Haus 4“ des Shamrock-Parks über fast 1.900 Quadratmeter Bürofläche. Hier arbeiten 150 Menschen. Theoretisch. Die allermeisten Büros, das ist durch die verglasten Wände zum Flur zu sehen, sind leer. Stolz berichtet Esken, wie digital und modern das Haus aufgestellt ist &bdquo;In der zweiten Wochenhälfte ist das das normale Leben“, sagt Esken. Denn die Spezialisten der gpaNRW - Verwaltungsfachleute, Wirtschaftsprüfer, Steuerfahnder - sitzen für die Prüfungen meist im Home-Office. Und zwischendurch auch in den Kommunen, über das ganze Land verteilt. &bdquo;Es gibt ja in Verwaltungen immer noch eine Aktenführung.“ Nicht ohne Stolz berichtet Esken, wie digital und modern sein Haus aufgestellt ist. Das entsprechende Know-how gibt es hier selbst: Alle 396 Kommunen in Nordrhein-Westfalen dürfen beispielsweise eine Finanzsoftware in ihren Verwaltungen nur dann einführen, wenn sie zuvor vom hoch qualifizierten IT-Team der Gemeindeprüfungsanstalt lizenziert worden ist. &bdquo;Die Mitarbeiter gucken sich die Quellcodes hinsichtlich der Sicherheit der Programme ganz genau an“, sagt Esken. Auch die Software für Videokonferenzen. Alle Mitarbeiter gemeinsam sieht Esken höchstens zweimal im Jahr Im neuen Amt musste sich der 58-jährige Jurist, der mehr als 20 Jahre Erfahrung in der Kommunalverwaltung gesammelt hat, umgewöhnen. Als Bürgermeister der Stadt Verl war Esken es gewohnt, die allermeisten Mitarbeiter im eigenen Haus zu wissen. &bdquo;Distanzführung ist eine Herausforderung“, sagt der Chef, der jetzt eine Behörde leitet, in der er alle Mitarbeiter gemeinsam höchstens zweimal im Jahr sieht. &bdquo;Ich kann nicht mal eben jemanden in mein Büro bitten - der fährt dann dafür durch halb Nordrhein-Westfalen.“ Was sich gegenüber der Arbeit in Verl verändert hat? &bdquo;Alles“, sagt Esken. &bdquo;Es gibt nicht den nächtlichen Einbruch in eine Schule, einen tragischen Feuerwehreinsatz oder das Sturmereignis, das bewältigt werden muss.“ Es fehlt der Halbstundentakt, in dem ein Bürgermeister mit neuen Themen konfrontiert wird. Esken wirkt mittlerweile entspannter als früher &bdquo;Da muss man viel mit Erfahrung, aber auch mit Bauchgefühl entscheiden. Was ich jetzt tue, ist ein vertiefendes fachliches Arbeiten“, sagt er über einen &bdquo;abwechslungsreichen Job unter dem Radar der Öffentlichkeit“. Wochenenden sind jetzt Wochenenden, und freitags ab 12.30 Uhr kommt schon keine E-Mail mehr. Esken wirkt entspannter als früher: &bdquo;Ich bin als Kapitän eines Schnellbootes auf einen Tanker gewechselt.“ Auch Michael Esken ist nicht täglich in seinem Herner Büro anzutreffen. Manchmal nur einen oder zwei Tage pro Woche, manchmal vier. Auch Esken arbeitet im Home-Office. Oder im Auto. Sein Dienstwagen ist ausgestattet wie ein kleines Büro, hat sogar einen Drucker an Bord. 70.000 Kilometer hat Esken im ersten Dienstjahr mit dem Auto zurückgelegt 70.000 Kilometer hat Esken im ersten Dienstjahr als Präsident der gpaNRW im Auto zurückgelegt. Dafür steht ihm ein Fahrer zur Verfügung. Hinzu kommen 30.000 Kilometer mit der Bahn. Da nehmen sich 113 Kilometer für den Arbeitsweg vom Wohnort Kaunitz nach Herne harmlos aus. Hinter Michael Eskens Schreibtisch hängt eine Landkarte, mit 90 kleinen blauen Fähnchen gespickt. Jedes verweist auf eine Kommune, die er in seinem ersten Jahr als gpa-Präsident bereits besucht hat. Es ist üblich, dass er oder seine Stellvertreterin bei der Vorstellung des Prüfberichts vor einem Stadtrat anwesend sind. Heute Abend geht es noch nach Vreden im westlichen Münsterland. Lesen Sie auch: So viel Geld verdient Verls Bürgermeister Michael Esken nebenbei Auf einem Regal links Erinnerungsstücke an die vorangegangenen beruflichen Stationen. Ein Wimpel des anderen Herzensclubs, des SC Verl, samt Trikot; eine Flasche &bdquo;Verler Heimatwasser“ und ein Lebkuchenherz mit der Aufschrift &bdquo;Verler Leben 2023“. Dahinter, natürlich, Devotionalien in blau-weiß. 2025 gibt es eine Rückkehr ins Verler Rathaus aus dienstlichem Grund Der Blick über die beiden Bildschirme auf dem Schreibtisch hinweg bleibt an einem zwei Quadratmeter großen Luftbild hängen, welches das Gelände der Landesgartenschau in Hemer zeigt. Eine Erinnerung an seine Zeit als Bürgermeister im Sauerland. Und irgendwie auch wieder an Verl: &bdquo;Ich bedaure, dass ich mich nach dem Stellenwechsel nicht mehr für eine Landesgartenschau in Verl einsetzen konnte.“ Im Verler Rathaus sei er seit seinem Weggang ein einziges Mal wieder gewesen: als sein Porträt in der Fotogalerie der Bürgermeister vor dem Eingang des Ratssaals aufgehängt wurde. 2025 wird die gpaNRW die Städte zwischen 25.000 und 60.000 Einwohnern im Land prüfen. Dann ist auch Verl an der Reihe. Und Michael Esken wird nach fast zwei Jahren das Verler Rathaus wieder aus einem dienstlichen Grund betreten.

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