Autobahn

A2-Lärm im Kreis Gütersloh - mit dieser Lautstärke leben Anwohner in der Nähe

Mehr als 80.000 Fahrzeuge rollen täglich über die A 2 in Verl. Auf einer neuen Karte ist jetzt die Belastung jedes Grundstücks erkennbar. Bestimmte Anwohner können finanzielle Zuschüsse beantragen.

Die Autobahn 2 ist der größte Verursacher von Verkehrslärm im Verler Stadtgebiet. | © Roland Thöring

Roland Thöring
28.01.2024 | 28.01.2024, 09:59

Verl. Wirklich ruhig ist es nirgendwo. Egal, auf welcher Straße, auf welchem Feldweg oder welcher Wiese der Spaziergänger steht: Der Lärm des Autoverkehrs ist in Verl überall und immer zu hören. Dass der größte Verursacher die Autobahn 2 im Nordwesten des Stadtgebietes ist, überrascht sicherlich niemanden.

Wie weit der Krach von Motoren und rollenden Reifen in die Landschaft ausstrahlt, zeigen die neuen digitalen Lärmkarten für Nordrhein-Westfalen. Wer tief genug hinein zoomt, kann parzellenscharf erkennen, welcher Belastung ein einzelnes Grundstück in Verl ausgesetzt ist.

Die Stadt ist jetzt erstmals verpflichtet, einen Lärmaktionsplan aufzustellen und Maßnahmen auszuarbeiten, mit denen die Belastung besonders betroffener Bereiche gemindert werden kann. Das schreibt das Bundes-Immissionsschutzgesetz vor, als Folge einer Umgebungslärmrichtlinie der Europäischen Union.

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Messgeräte waren bislang nicht im Einsatz

In einem ersten Schritt hat das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) für ganz Nordrhein-Westfalen die digitalen Lärmkarten erstellt. Diese beruhen allerdings auf einer Simulation. Messgeräte waren nicht im Einsatz.

Und berücksichtigt wurden lediglich Autobahnen, Bundes- und Landstraßen mit einer täglichen Verkehrsbelastung von mindestens 8.200 Kraftfahrzeugen, nicht aber Kreis- und kommunale Straßen.

Im Fall der Stadt Verl geht es also um die A2 und die beiden Landstraße L 757 (Gütersloher und Paderborner Straße zwischen Stadtgrenze Gütersloh und Kaunitz-Mitte) sowie L 791 (Wiedenbrücker Straße).

Wo ist es in Verl besonders laut?

Farbig untermalte Bereiche entlang dieser Straßen zeigen auf den Karten an, wie hoch die Belastung ist. Die Lärmpegel werden in Klassen mit 5 dB-Sprüngen ab 55 dB(A) (Gesamttag über 24 Stunden) und ab 50 dB(A) (nachts über acht Stunden) dargestellt. Gebäude, an denen die Simulation tagsüber 70 dB oder mehr oder nachts mindestens 60 dB errechnet hat, müssen sich die Behörden demnächst genauer ansehen.

Davon gibt es in Verl einige. In den betroffenen Bereichen stehen 210 Häuser, an deren Außenfassade (gemeint ist nicht der vernehmbare Lärm in den Innenräumen) der zugestandene Schallpegel überschritten wird. 90 davon befinden sich im Umfeld der Autobahntrasse.

Betroffen ist vor allem der Ortsteil Sürenheide und ganz besonders die Pausheide. An den Landstraßen belastet der Verkehrslärm die unmittelbar angrenzende erste Bebauungsreihe. Dies gilt auch für die Verler Ortsdurchfahrt.

Fast 5.400 Personen gelten in Verl als lärmbelastet

Als lärmbelastet gelten danach tagsüber im Stadtgebiet fast 5.400 Personen – mehr als jeder fünfte Einwohner also. 37 Menschen wohnen in einem Gebiet, das sogar einem 24-Stunden-Pegel von mehr als 75 dB ausgesetzt ist; das entspricht dem Krach, den ein laufender Staubsauger verursacht. Weil nachts der Verkehr etwas nachlässt, gelten dann nur etwas mehr als 3.700 Menschen als belastet.

Bis zum Sommer soll der Lärmaktionsplan stehen. Er wird dann auch Möglichkeiten benennen, mit denen Abhilfe geschaffen werden kann: straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen wie Geschwindigkeitsreduzierungen oder Durchfahrtverbote ebenso wie Hinweise auf notwendige Lärmsanierungen der Gebäude. Letzteres kommt vor allem an der A2 infrage.

Der Lärmaktionsplan soll eine dauerhaft verbesserte Lebensqualität und ungestörten Schlaf der Bevölkerung ermöglichen. Ob er das wirklich erreichen kann, ist allerdings nicht sicher. Denn er stellt ein strategisches Planungsinstrument dar, wirkt also verwaltungsintern und in erster Linie in die Zukunft.

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Autobahn-Anwohner können finanziellen Zuschuss beantragen

Eine Verpflichtung, dass die im Lärmaktionsplan zusammengestellten Maßnahmen innerhalb einer bestimmten Frist für den Bestand umgesetzt werden, sieht das Bundes-Immissionsschutzgesetz nämlich nicht vor. Die Bürger haben auch keine Möglichkeit, lärmmindernde Maßnahmen aus dem Plan einzuklagen.

Wer aber an einer Autobahn oder einer Landesstraßen wohnt, kann im Rahmen der Lärmsanierung beim Straßenbaulastträger einen finanziellen Zuschuss beantragen. Dabei geht es um bis zu 75 Prozent der Aufwendungen für den passiven Lärmschutz.

Nähere Informationen zur Lärmsanierung bietet die Internetseite des zuständigen Landesbetriebs Straßen NRW unter www.strassen.nrw.de in der Rubrik Planen & Bauen/Umwelt/Lärmschutz. Die Lärmkarten können im Portal des Landes betrachtet werden.