Mord an Marion S. im Kreis Gütersloh: Tränen bei emotionaler Gedenkfeier

Steinhagen. &bdquo;Gewalt gegen Frauen ist eine Realität, die in erschreckendem Maße unseren Alltag durchdringt, oft unsichtbar bleibt und doch allgegenwärtig ist“, stellte Bürgermeisterin Sarah Süß in ihrer Begrüßung fest. Zusammen mit Steinhagens Gleichstellungsbeauftragter Bettina Ruks sowie Standesbeamtin und Trauerrednerin Uta Möller gestaltete sie die Gedenkfeier für Marion S. Die Veranstaltung war eingebunden in den internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen am Montag. Die Steinhagenerin Marion S. war am 5. Juli vergangenen Jahres gewaltsam ums Leben gekommen. Das Landgericht Bielefeld verurteilte später den 73-jährigen Ehemann zu lebenslanger Haft wegen Mordes an seiner 68-jährigen Frau. (Gegen das Urteil hat der Mann Revision eingelegt; bislang hat der Bundesgerichtshof aber nicht darüber entschieden, sodass das Urteil noch nicht rechtskräftig ist, Anm. d. Red.) Lesen Sie auch: Ehemann aus dem Kreis Gütersloh lebenslang in Haft: Verteidiger entsetzt über Begründung &bdquo;Ihr Schicksal ist kein Einzelfall und macht uns schmerzlich bewusst, wie dringend notwendig es ist, über dieses Thema zu sprechen und Maßnahmen zu ergreifen“, sagte Sarah Süß. Anwesenden verfolgten die Ansprache teils unter Tränen In Absprache mit der Schwester und Freundinnen des Mordopfers hatte Uta Möller eine emotionale Rede vorbereitet. Unter den 50 Gästen im Steinhagener Rathaus waren unter anderem enge Familienangehörige der Getöteten sowie ihr Lebensgefährte, außerdem viele Freunde. Auch die Schwägerin des Mordopfers nahm an der Veranstaltung teil und ergriff nach dem offiziellen Teil unerwartet das Wort. Teils unter Tränen verfolgten die Anwesenden die Rede von Uta Möller. Die Trauerrednerin erinnerte an eine &bdquo;herzensgute und hilfsbereite Frau und fürsorgliche Mutter von zwei Kindern“, die sich sowohl privat als auch beruflich als Altenpflegerin für ihre Mitmenschen aufgeopfert habe. Ihre Schwester habe Marion S. als &bdquo;stilles und bescheidenes Kind“ beschrieben, begann Uta Möller ihre Rede und deutete auf eine Skulptur der heimischen Künstlerin Sylivia Middel, die diese Zartheit symbolisieren sollte. Gewalt sei auch in der Ehe von Marion S. allgegenwärtig gewesen Ganz und gar nicht harmonisch sei die Beziehung mit ihrem Mann verlaufen. Das Leben im beengten Drei-Generationen-Haus der Schwiegereltern in Kölkebeck habe sich für Marion manchmal sehr schwierig gestaltet. &bdquo;Inmitten einer manchmal streitsüchtigen Familie, die häufig versucht hat, Probleme mit Gewalt aus der Welt zu schaffen. So haben es mir ihre Freunde berichtet“, sagte Uta Möller. Gewalt sei auch in der Ehe allgegenwärtig gewesen. Obwohl sie gesundheitlich angeschlagen war, habe ihr Mann erwartet, dass sie bei den umfangreichen Umbauarbeiten am Haus mithalf. &bdquo;Er war dabei so fordernd, dass Marion gar nicht mehr widersprochen hat. Auf ihre Gesundheit und Bedürfnisse nahm er keine Rücksicht. Im Gegenteil, er behandelte sie herabwürdigend und verletzte sie mit Worten“, schilderte die Rednerin das Eheleben. Doch dabei sei es nicht geblieben. &bdquo;Ihr Mann hielt sie klein. Mit Worten und schließlich sogar auch mit Taten. Wenn er wütend war, trommelte er mit Fäusten auf den Rücken seiner Frau ein“, so Uta Möller. Nach und nach habe Marion S. ihr Selbstbewusstsein verloren. Marion S. wurde laut Obduktion erwürgt oder erdrosselt Die Zerwürfnisse in der Ehe seien nicht unbemerkt geblieben. Der Kegelclub, in dem das Paar Mitglied war, habe den gewalttätigen Mann schließlich aus der Gemeinschaft ausgeschlossen. Dieser ignorierte den Ausschluss und erschien dennoch zu den Treffen. Uta Möller erinnerte auch daran, wie sich Marion S. aus ihrer Lage befreite. Im zweiten Anlauf sei ihr eine Trennung gelungen. Eine eigene Wohnung und ein neuer Lebensgefährte hätten ihr Mut zurückgegeben. Doch die Angst vor ihrem Mann sei geblieben. Zu ihrer Schwester habe sie gemeint: &bdquo;Der lässt mich noch irgendwann verschwinden.“ Das Unfassbare geschah dann tatsächlich am 5. Juli 2023. An diesem Tag verschwand Marion S. Ihre Leiche wurde elf Tage später in einem Waldstück in Halle-Kölkebeck gefunden. Der Körper war vergraben worden. Die Obduktion ergab später, dass die Frau erwürgt oder erdrosselt worden war. Gäste begeben sich im Anschluss zum Grab von Marion S. Steinhagens Gleichstellungsbeauftragte hatte vor der Rede von Uta Möller daran erinnert, dass der Mord an Marion S. kein Einzelschicksal ist. Gewalt an Frauen komme in allen sozialen Schichten vor, so Bettina Ruks. &bdquo;Dabei spielen Einkommen, Beruf, Bildungsstand oder Nationalität keine Rolle.“ Lesen Sie auch: Ungeklärte Mordfälle im Kreis Gütersloh: Darum haben Ermittler jetzt wieder Hoffnung Die Gleichstellungsbeauftragte rief die unlängst von Innenministerin Nancy Faeser veröffentlichten &bdquo;erschreckenden Zahlen“ in Erinnerung, wonach im vergangenen Jahr 360 Mädchen und Frauen Opfer vollendeter Tötungsdelikte wurden. &bdquo;Demnach gab es 2023 beinahe jeden Tag einen Femizid in Deutschland“, konstatierte Bettina Ruks. Nach der Gedenkfeier begaben sich die Gäste zum Grab von Marion S. auf dem Steinhagener Waldfriedhof, um Rosen abzulegen. &bdquo;Das waren die Lieblingsblumen von ihr“, wusste Trauerrednerin Uta Möller.

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