Süß, aber gefährlich: Waschbären erobern Gärten im Kreis Gütersloh

Steinhagen. Mit diesem seltenen Gast hatte die Steinhagenerin in dieser Woche überhaupt nicht gerechnet. Auf ihrem Grundstück in der Nähe des Rathauses tauchte plötzlich ein Waschbär auf. In den sozialen Netzwerken berichtete die Frau von der Begegnung. Dort stellt sie auch die entscheidende Frage: Was tun, wenn die putzigen Tiere da sind? Diese Redaktion hat bei Experten nach Antworten gesucht. Bei Frank Meise hat der Waschbär keinen besonders guten Ruf. Im Gegenteil. "Für die meisten sind das vor allem niedliche Tiere. Diese Haltung ist aber schnell vergessen, wenn man sie im eigenen Garten oder Haus hat", sagt der Leiter des Hegerings Steinhagen. Vor etwa zwei Jahren hat er den ersten Waschbär auf dem Ströhen gefangen. Seitdem seien immer mal wieder welche in Steinhagen aufgetaucht. Tendenz steigend. Meise berichtet von einem Fall aus dem vergangenen Jahr, als ein Waschbär in einem Garten in Brockhagen Jungkatzen angegriffen habe. "Das ist durchaus nicht ungewöhnlich", so der Hegering-Leiter. "Wenn sich Waschbären in die Enge gedrängt fühlen, attackieren sie auch Hunde und sogar Menschen. Die haben Krallen und Zähne, mit denen nicht zu spaßen ist", warnt Frank Meise. In der Gegend rund um Paderborn gebe es eine besonders hohe Bestandsdichte. Die Tiere zählen laut Meise zu den invasiven Arten. Das heißt, sie stammen aus Nordamerika und wurden in Europa lediglich in der Pelzzucht eingesetzt. Für heimische Klein-Säugetiere und Vögel werden sie zum Problem. Waschbären sind geschickte Jäger und Allesfresser Denn als Allesfresser greifen Waschbären Fasane, Kiebitze und Hasen an. "Weil sie schwimmen und klettern können, sind sie geschickte Jäger", berichtet Frank Meise. Dass sich die Kleinbären gerade jetzt immer mehr in dicht besiedeltes Gebiet wagen, könnte daran liegen, dass sie in den Gärten Obst abgreifen, denn auch das stehe auf ihrer Speisekarte. Ist der Waschbär erst einmal da und will nicht wieder fort, kommt Ulrich Düfelsiek ins Spiel. Er ist ebenfalls Mitglied im Hegering und Steinhagens Marderbeauftragter. In dieser Funktion ist er auch für Waschbären zuständig. "Im Schnitt werde ich alle 14 Tage angerufen, weil sich Bürger von Mardern, aber zunehmend auch von Waschbären belästigt fühlen", berichtet Ulrich Düfelsiek. Fallenjagd extrem zeit- und kostenaufwändig "Es ist schon unglaublich, auf welchen Wegen die Tiere in die Häuser finden. Einem Marder genügt bereits ein sechs Zentimeter breiter Spalt. Waschbären zwängen sich durch 15-Zentimeter-Löcher", erzählt er. In den Gebäuden hinterlassen sie Urin und Kot und richten Zerstörung an. Als erste Maßnahme versucht Ulrich Düfelsiek deshalb herauszufinden, über welche Wege die Tiere ins Innere kommen. Diese Schlupflöcher gelte es zu schließen. Wenn das nicht hilft, empfiehlt Ulrich Düfelsiek elektrische Ultraschall-Tiervertreiber. Lebendfallen kämen bei Privathaushalten in der Regel nicht zum Einsatz. "Die Leute stellen sich das immer so einfach vor. Aber das ist es nicht", erklärt Steinhagens Marder- und Waschbärbeauftragte. "Die Fallenjagd ist extrem zeit- und kostenaufwendig. Denn wo ein Waschbär erst mal ein lauschiges Plätzchen gefunden habe, zögen meist auch andere ein. Ohnehin dauere es meist Wochen, bevor sich die schlauen Tiere überhaupt in plötzlich aufgetauchte, möglicherweise noch nach Mensch riechende Falle begeben würden. Mögliche Einstiege in Gebäude verschließen Damit sich die Tiere erst gar nicht im eigenen Garten oder in Gebäuden einnisten, sollten präventiv Maßnahmen getroffen werden. Wichtig sei laut Frank Meise, dass keine Essensreste frei zugänglich sind. Der Naturschutzbund (NABU) rät dazu, Mülltonnen mit Gewichten oder Spanngummis zu sichern, damit sie von den Waschbären nicht geöffnet werden können. Gelbe Säcke sollten erst am Tag der Abholung morgens vor die Tür gestellt werden. Und: Fleisch, Fisch, Milchprodukte, Brot und Obst nicht auf den Kompost werfen! Um den ungebetenen Besuchern den Zugang und Aufenthalt in Gebäuden nicht all zu leicht zu machen, rät der NABU, Bäume und Sträucher, die an oder über das Dach reichen, großzügig zurückzuschneiden. Über den Fallrohren der Regenrinnen können glatte Blechmanschetten angebracht werden, damit die Waschbären nicht an ihnen hochklettern können. Mögliche Einstiege wie Katzenklappen sollten verschlossen werden. "Ich kenne einen Fall aus Steinhagen, da ist ein Waschbär über einen stillgelegten Schornstein auf den Dachboden eines Hauses geklettert", nennt Ulrich Düfelsiek einen weiteren Waschbären-Einstieg. In freier Wildbahn wird der Waschbär bejagt. Er fällt in fast allen Bundesländern unter das Jagdrecht. Der Bär, der im Umkreis des Rathauses aufgetaucht ist, ahnt möglicherweise nichts Gutes. Wie die Steinhagenerin Nachfrage mitteilte, sei er seit Montag nicht wieder aufgetaucht.

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