Nach Anschlag in Steinhagen: Wie viele Automaten hat die Bande gesprengt?

Steinhagen/Utrecht/Bielefeld. War es die immer gleiche Tätergruppierung, die für eine Serie von Geldautomatensprengungen verantwortlich zeichnete? Dies legt jedenfalls ein Gutachten des Bundeskriminalamts (BKA) nahe, das nun vor dem Bielefelder Landgericht erörtert wurde. Dort muss sich derzeit ein 22 Jahre alter Mann aus den Niederlanden verantworten. Er ist angeklagt, in Steinhagen und Baden-Württemberg an den Sprengungen von Geldautomaten beteiligt gewesen zu sein. Dunkle Kleidung, passende Statur, gleichartiges Werkzeug und ähnliche Zündschnur: Folgt man der Bewertung, die das BKA in Wiesbaden am Ende seines Gutachtens vornimmt, so deutet einiges daraufhin, dass es sich bei den beiden Männern, die sich in der Zeit von Januar bis April 2021 an Geldautomaten in Lippstadt, Steinhagen und im baden-württembergischen Brühl zu schaffen gemacht haben, um die selben Mitglieder der immer gleichen Tätergruppe handelt. BKA: Nur in Steinhagen mit Vorschlaghammer nachgeholfen Zu dieser Einschätzung gelangt das BKA aufgrund der Durchsicht der Filme der Überwachungskameras der betroffenen Sparkassenfilialen. Darauf sind stets zwei maskierte Männer zu sehen, von denen sich der Hauptakteur zunächst mit einem Brecheisen am Bedienpult eines Automaten zu schaffen macht. Sodann legt er einen von seinem Komplizen – dem laut BKA eher die Rolle eines Helfers zukommen dürfte – vorbereiteten Sprengsatz in den Schacht des Automaten, verlässt den Raum und kehrt nach erfolgter, elektrisch ausgelöster Explosion ins Foyer der Sparkasse zurück. Lesen Sie auch: Warum sich die Geldautomatensprengungen in Deutschland lohnen (mit Karte aller Sprengungen) Lediglich in Steinhagen habe der Mittäter zusätzlich mit einem Vorschlaghammer auf den Automaten eingewirkt, heißt es beim BKA. Bei dieser Tat am 12. April des vergangenen Jahrs waren zwei maskierte Männer in die an der Straße Eickhof gelegene Filiale eingedrungen und hatten auf die beschriebene Art eine Explosion herbeigeführt – allerdings ohne Erfolg: Beute machten die Täter in Steinhagen zumindest nicht. Auch Beteiligung in Brühl angelastet Einer dieser beiden Männer soll der aus Utrecht stammende Oussama H. gewesen sein. Der Niederländer, der sich derzeit in Untersuchungshaft befindet, muss sich seit dem 10. Mai vor der XXI. Großen Strafkammer des Bielefelder Landgerichts verantworten. Neben der Tat in Steinhagen legt die Staatsanwaltschaft ihm auch seine Beteiligung an der Automatensprengung in Brühl bei Heidelberg zur Last. Dort erbeuteten die Täter am 29. April 2021 rund 20.000 Euro. Darüber hinaus richteten sie in Steinhagen und Brühl Sachschäden in Höhe von 60.000 beziehungsweise 130.000 Euro an. Die dritte im BKA-Gutachten genannte Tat in Lippstadt ist jedoch nicht Gegenstand des Bielefelder Verfahrens. Das BKA verweist in seinem Gutachten auf die professionelle, zielgerichtete und routinierte Art, mit der insbesondere der Haupttäter vorgehe. Vom erstmaligen Betreten des Raums bis zur Explosion halte dieser sich etwa 50 Sekunden im SB-Bereich der Sparkassen auf. Auffallend sei die stets gleichartige dunkle Bekleidung und Maskierung, der Einsatz gleichartiger Werkzeuge sowie der immer gleiche modus operandi. "Der Beweiswert ist als sehr niedrig anzusehen" Vor dem Landgericht mahnte Verteidiger Christoph Pawlowski zur Vorsicht bei der Bewertung des Gutachtens: Bei diesem handle es sich um das Ergebnis rein optischer Eindrücke der Polizeibeamten. Selbstredend seien bei derartigen Taten &bdquo;der modus operandi, das Äußere und die Tatmittel der Beteiligten stets gleich – weil sie stets gleich sein müssen". Sollte das BKA mit der Annahme, dass es sich mutmaßlich um stets die selbe Gruppierung handle, richtig liegen, so &bdquo;muss ich mich bei der Polizei ja noch bedanken", führte Pawlowski weiter aus. Denn dann hätte dies unweigerlich etliche Freisprüche für weitere seiner Mandanten zur Folge, die allesamt auf die gleiche Weise derartige Taten begangen hätten. Pawlowski: &bdquo;Diese Übereinstimmungen und Zusammenhänge als Polizei in den Blick zu nehmen, ist natürlich nicht unsinnig. Doch ist der Beweiswert als sehr niedrig anzusehen." Der Prozess wird am 2. Juni fortgesetzt.

Meistgelesen