Scharfe Worte aus dem Kreis Gütersloh: „Das Kita-System bricht zusammen“

Schloß Holte-Stukenbrock. Kerstin Rohdenburg warnt: &bdquo;Da bricht ein System zusammen, und ich habe das Gefühl, dass es niemanden in der Politik interessiert." Sie ist Fachberaterin für Kitas beim Evangelischen Kirchenkreis und rechnet damit, dass sich die finanzielle und personelle Situation der Kindertagesstätten weiter zuspitzt und im nächsten Jahr Träger zahlungsunfähig werden. Sofern die Landespolitik nicht handelt. Deshalb schließt sie sich der Protestaktion der hiesigen Kitas am Donnerstag an. &bdquo;Wir wollen auf die Not in den Kitas aufmerksam machen", sagt Stefan Schmied vom Familienzentrum &bdquo;Der Spatz". Eine Delegation bestehend aus Kita-Leitungen, Eltern und Trägervertretern wird am Donnerstag um 7.30 Uhr mit Transparenten vor dem Rathaus stehen und Bürgermeister Hubert Erichlandwehr die Lage schildern. Kita-Kinder sind nicht mit dabei. &bdquo;Bürgermeister soll wissen, wie es um die Kitas in der Stadt geht" Bei den regelmäßigen Austauschtreffen der Kita-Leitungen (in SHS gibt es 16 Kindergärten) sei deutlich geworden, dass die Probleme trägerübergreifend existieren und vor allem: nicht nur in größeren Städten, in denen im vergangenen Jahr auch gestreikt wurde. &bdquo;Es betrifft auch uns und die Eltern in SHS", sagt Carina Rogalla von der Kita St. Ursula. Der Bürgermeister sei eigentlich die falsche Adresse, da die Finanzierung von Landeszuweisungen abhängt, &bdquo;aber er soll wissen, wie es um die Kitas in der Stadt steht", sagt Stefan Schmied. Anschließend findet eine Videokonferenz mit dem Landtagspräsidenten André Kuper und Thomas Weckelmann vom Familienministerium NRW statt. Worauf Schmied Wert legt: &bdquo;Es ist keine Demonstration und auch keine Kundgebung." Der Kitabetrieb wird nicht eingeschränkt, für Eltern und Kinder ändert sich der Tagesablauf nicht. Lesen Sie auch: Kita in Gütersloh - Eltern ärgern sich über viele Ausfälle und gestiegene Gebühren Die Forderung: eine angemessene Finanzierung des Systems Mit dem Protest wollen die Kitas nicht eine bessere Bezahlung der Angestellten erwirken, vielmehr geht es um eine angemessene Finanzierung des Systems. &bdquo;Deswegen stehen auch die Eltern hinter dem Protest", sagt Susanne Fockel von der DRK-Bewegungswelt. Im November hat es bereits eine Aktion des Evangelischen Kirchenkreises gegeben, anschließend wurde eine Forderung mitsamt Unterschriftenliste an die Landtagsabgeordneten aus der Region gesendet. Nur zwei Rückmeldungen habe es darauf gegeben, sagt Kerstin Rohdenburg, und die hätten fast identisch geklungen. Man halte die Kinderbetreuung zwar für wichtig, aber mehr Geld sei nicht drin. Susanne Fockel hat den Eindruck, dass die Politik in Düsseldorf &bdquo;sehr, sehr weit weg von der Basis" sei. Im Extremfall müssen ganze Gruppen geschlossen werden Den Finanzbedarf sehen die Kitaleitungen und Träger anders. Sie schildern, dass die Einrichtungen personell lediglich in Mindestbesetzung laufen. Wenn Mitarbeiterinnen erkranken, wird es eng. &bdquo;Das bedeutet Stress und eine dauerhafte Überlastung", sagt Susanne Fockel. Eine pädagogische Fachkraft zusätzlich pro Kita, die würde schon helfen. &bdquo;Die pädagogische Arbeit fällt immer mehr hinten rüber, es ist manchmal nur noch eine Betreuung", ergänzt sie. Die Folge: Wenn Mitarbeiterinnen ausfallen, müssen Angebote reduziert und im Extremfall ganze Gruppen geschlossen werden. Ist schon passiert, wenn auch nicht in jeder Kita. Die Kitaleitungen betonen, dass die Bereitschaft der Eltern mitzuhelfen, groß sei. Zum Beispiel: Es werde versucht, vormittags alles stattfinden zu lassen, am Nachmittag hätten Eltern ihre Kinder schon mal früher abgeholt, wenn Not herrschte, um das Kita-Team zu entlasten. Alles rund um das Thema Familie und Freizeit im Kreis Gütersloh | Themenseite Der Wunsch: Ein bis zwei Fachkräfte mehr pro Gruppe Entlastung bringen auch die Alltagshelferinnen, die es in jeder Kita gibt. Sie erledigen nicht-pädagogische Aufgaben, helfen beim Reinigen und Desinfizieren, in der Küche, bei der Wäsche und beim Putzen. Und manchmal helfen sie auch den Kindern in die Jacken und Handschuhe. Das Alltagshelfer-Programm geht noch bis Mitte 2026. Anfangs – in der Coronazeit – hat das Land die Stellen zu 100 Prozent finanziert, später mussten sich Träger mit 10 Prozent beteiligen. Seit Anfang des Jahres zahlt das Land eine Pauschale von 1.500 Euro pro Alltagshelferin. Das Gespräch mit der Politik sei schon mal ein guter Anfang, ergänzt Schmied. Und wenn er sich etwas wünschen dürfte, dann: ein bis zwei pädagogische Fachkräfte mehr pro Gruppe, eine feste Integrationskraft pro Gruppe, die volle Finanzierung von Alltagshelferinnen und der praxisintegrierten Ausbildung.

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