Störungen bei Besuch von russischem Generalkonsul auf Ehrenfriedhof in SHS

Schloß Holte-Stukenbrock. Eine befremdlich wirkende Situation spielt sich am Montagmorgen auf dem Sowjetischen Ehrenfriedhof ab. Während Wladimir Putin fast 2.000 Kilometer entfernt in einer Rede den Angriffskrieg gegen die Ukraine als präventiven Schritt rechtfertigt, zeigt die russische Umdeutung der Ereignisse ihre Wirkung auf die Teilnehmer der Gedenkveranstaltungen. Mitglieder des Arbeitskreises &bdquo;Blumen für Stukenbrock“ und vom &bdquo;Forum Russische Kultur Gütersloh“ legen Blumen und Kränze am Obelisken nieder; das macht auch der russische Generalkonsul – an der anderen Obeliskenseite. Zwei Veranstaltungen überschneiden sich zeitlich, die Teilnehmer trennen sich in zwei Gruppen. Es kommt zu Störungen. Deutsche und Russen gedenken der Toten Rund um den 8. und 9. Mai ist traditionell viel los auf dem Ehrenfriedhof. Deutschland begeht am 8. Mai den Tag der Befreiung, Russland und einige ehemalige Mitgliedstaaten der Sowjetunion feiern am 9. Mai den Tag des Sieges. Es wird musiziert, gesungen, der Toten gedacht. Manche zeigen die russische Flagge oder die der Sowjetunion. Manche tragen Uniformmützen und am Revers das Sankt-Georgs-Band, ein Symbol des russischen Sieges. Günter Bönig, Vorsitzender des Forums Russischer Kultur, ordnet den Krieg aus seiner Sicht ein. Als problematisch bezeichnet er die Berichterstattung der Medien. Seiner Ansicht nach seien Medien nur dazu da, Fakten zu übermitteln, und nicht die Geschehnisse auch noch einzuordnen und einzuschätzen (was aber wichtige Aufgaben der Journalisten sind, Anm. d. Red.). &bdquo;Wir lassen uns nicht von den Medien einreden, es sei Putins Entscheidung, zu Atomwaffen zu greifen. Es liegt auch an uns, welche Entscheidungen Putin trifft“, sagte Bönig. Er deutet an, dass der Westen bereits Szenarien für einen Atomkrieg ausgearbeitet habe und damit Russland provoziere. Er fordert: &bdquo;Es muss endlich die Diplomatie sprechen.“ Mann unterbricht Ausführungen von Günter Bönig Für seine Einschätzung, die Krim sei von Russland nicht annektiert worden, es handele sich vielmehr um eine Sezession, erntet er noch die Zustimmung vieler Anwesenden. Günter Bönig verurteilt den Angriff Russlands auf die Ukraine, als er ihn während der Kranzniederlegung als völkerrechtswidrig bezeichnet, wird er unterbrochen.Einem Teilnehmer passt diese Darstellung nicht. Seit 2014 sterben Zivilisten in der Ostukraine und das &bdquo;Forum Russische Kultur“ habe jahrelang dazu geschwiegen, behauptet der Störer. Es kommt zu einem Zwiegespräch. Die Veranstaltung verzögert sich – der russische Generalkonsul wartet bereits. Günter Bönig verstrickt sich in eine Debatte mit dem Störer, bis es aus einer älteren Besucherin herausplatzt: &bdquo;Wir wollen gedenken und nicht politische Themen diskutieren.“Das Gedenken wird zunehmend zur Nebensache Als zweiter Redner hält Hubert Kniesburges vom Arbeitskreis &bdquo;Blumen für Stukenbrock“ ein Plädoyer für den Frieden und erinnert an den eigentlichen Sinn des Gedenktages: den Sieg über das Naziregime. Seine Worte finden kaum noch Zuhörer. Längst haben sich kleine Gesprächsinseln gebildet. Das Gedenken wird zunehmend zur Nebensache.Insbesondere als der russische Generalkonsul offenbar nicht mehr auf den Ausgang der Veranstaltung warten will, sondern an einer anderen Seite des Obelisken seinen Kranz niederlegt. Die Gruppe der Anwesenden trennt sich. Menschen mit Russlandfahnen und Georgsbändern wenden sich dem Konsul zu."Wir verurteilen den völkerrechtswidrigen Angriff Russlands gegen die Ukraine aufs Schärfste" Kniesburges muss sich Zwischenrufe wie &bdquo;Idiot“ und &bdquo;Faschist“ gefallen lassen. Im Anschluss sagt er gegenüber der NW, dass er diese skurrile Situation wegen seiner Rede gar nicht so wahrgenommen habe. Von dem Besuch des Konsuls will das Forum und der Arbeitskreis zu spät erfahren haben. Die Uhrzeit sei bis zuletzt unbekannt gewesen. &bdquo;Sonst hätten wir versucht, eine Überschneidung zu vermeiden“, sagt Kniesburges. Der Generalkonsul hatte unter anderem den Förderverein der Gedenkstätte und den Bürgermeister eingeladen. Beide haben abgesagt. Der Förderverein positioniert sich klar: &bdquo;Wir verurteilen den völkerrechtswidrigen Angriff Russlands gegen die Ukraine aufs Schärfste. Wir werden bis auf Weiteres keine Vertreter der Russischen Föderation und der Republik Belarus zu Gedenk- und sonstigen Veranstaltungen einladen.“ Die Schicksalsklärung betreibt der Verein weiterhin.Ob es wieder eine Annäherung geben kann? Ob es wieder eine Annäherung geben kann? &bdquo;Schwierig zu sagen“, meint der Generalkonsul. &bdquo;Es ist vieles zerstört worden.“ Auf seinen Besuch wollte er nicht verzichten. Der Sowjetische Ehrenfriedhof in Stukenbrock-Senne sei ein sehr wichtiger Ort.Den ganzen Tag über kommen Menschen und legen Blumen und Kränze nieder. Eine große Versammlung gab es am Sonntag. 450 Menschen waren laut Polizei da. Es wurde gesungen und getanzt. &bdquo;In Russland ist der Tag des Sieges ein Volksfeiertag“, sagt Tatjana Rumyantzkva von der Stalag-Gedenkstätte. Feiern und Gedenken gehe einher. Auch das Tragen des orange-schwarzen Sankt-Georgs-Bandes sei für sie zu diesem Anlass unproblematisch. Zwar gelte das einstige Ordensband der Veteranen heute auch als Unterstützersymbol für Putins Politik, es sei am 9. Mai aber ein übliches Zeichen des Gedenkens. Das sieht auch der Staatsschutz so. Einschreiten musste die Polizei nicht.

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