Kamerateam dreht im Kreis Gütersloh: Berühmte Persönlichkeit lockt Fernsehen an

Harsewinkel. Die Geschichte von Theodor Reinke lässt die brasilianische Drehbuchautorin, Regisseurin und Produzentin Angela Patricia Reiniger nicht los. Zum dritten Mal ist die Brasilianerin, deren Familie selbst deutsche Wurzeln hat, zu Gast in Marienfeld, um Quellen über die Herkunft des in ihrer Heimat bis heute verehrten Geistlichen zu finden. In Stadtarchivarin Nicole Kockentiedt, Klostergeschichten-Kennerin Bärbel Tophinke und dem engagierten Marienfelder Heimatforscher Daniel Brockpähler hat sie bei ihrem Besuch kompetente wie begeisterte Mitstreiter gefunden. Der Aufwand der Brasilianerin, die sehr gut Deutsch spricht, ist enorm. Mit Kameradirektor Juarez Pavelak, Kameramann Evandro Fraga, Assistent Sérgio Satierf, Tontechniker José de Arimathea sowie Produktionsleiter Diego Cruz hat sie ein großes Team mitgebracht. Im Jahr 2009 hatte Reiniger erstmals den weiten Weg nach Deutschland auf sich genommen, um mit einem Filmteam aus Bielefeld mehr über die Herkunft des berühmten Franziskaners herauszufinden und Aufnahmen an Originalschauplätzen zum Leben von Theodor Reinke zu machen. Seinerzeit wurden noch eilig einige Aufnahmen an dem Geburtshaus von Theodor Reinke an der Heckerheide 6 gemacht. &bdquo;Das 1781 errichtete Haus wurde wenig später abgebrochen“, erklärt Nicole Kockentiedt. Einzelne Szenen von damals sollen in die jetzt neu angegangene Dokumentation einfließen. Lesen Sie auch: Darsteller in OWL gesucht: Neues Filmstudio will sich im Kreis Gütersloh etablieren Reinke wandert zunächst in die Niederlande aus Der Marienfelder war im Jahr 1891 zunächst in die Niederlande ausgewandert und später als Mitglied des Franziskanerordens nach Brasilien gegangen. Dort erlangte &bdquo;Frere Luis“ große Bekanntheit. &bdquo;Wir wollen die Dokumentation an verschiedene öffentlich-rechtliche Fernsehkanäle verkaufen“, sagt die freiberufliche Produzentin. Auch Streamingdienste könnten sich in dem katholisch geprägten Land interessieren. Reiniger hofft auch, dass die Doku entsprechend aufbereitet für ein Format wie &bdquo;Arte“ interessant sein könnte, wie sie im Gespräch mit der NW sagt. Das Team ist zunächst in Marienfeld unterwegs. Aufnahmen am ehemaligen Kloster, insbesondere der Abteikirche, sind ein zentraler Ausschnitt. Für Bärbel Tophinke ist der Besuch ein Höhepunkt ihrer Gästeführer-Biografie. &bdquo;Es ist spannend, die Arbeit des Teams zu begleiten und dann selbst vor der Kamera zu stehen“, sagt die Marienfelderin, die wertvolle Infos zur Klostergeschichte und den Gebäuden beisteuert. Natürlich auch zur Katholischen Volksschule, die der Auswanderer einst selbst besuchte. Als Interviewpartner steht auch Daniel Brockpähler den brasilianischen Rechercheuren bereit. Der Archivar des Heimatvereins Marienfeld berichtet ausführlich über die Ahnenlinie der Hauptperson dieser Geschichte. An jenem Taufbecken, an dem Reinke mutmaßlich sein Taufsakrament empfing, steht er vor Kamera und Mikrofon. Der Mönch wird 1872 in Marienfeld geboren Von Martin Koschny, dem Leiter des Westpreußischen Landesmuseum, lässt sie sich die Geschichte des ehemaligen Franziskanerklosters in Warendorf erzählen. Der 1872 in Marienfeld geborene Theodor Reinke ließ sich in die Niederlande zunächst an einer Ordensschule der Franziskaner zum Missionar ausbilden. Möglicherweise zog es den Novizen auch wegen Bismarcks Kulturkampfs gegen die Katholiken ins Ausland, versucht Nicole Kockentiedt eine historische Einordnung. 1894 kehrte er nach Warendorf zurück, trat dem Orden bei und nahm den Namen &bdquo;Aloysius“ an. &bdquo;Noch als Novize schloss er sich im selben Jahr der fünften Missionsbewegung Richtung Brasilien an“, zitiert Archivarin Nicole Kockentiedt aus den Quellen, die sie und ihr Vorgänger Eckhard Möller gefunden haben. Für Angela Reiniger sind die erstaunlichen Fundstücke, die ihr Kockentiedt im Büro und im Kellerarchiv der Stadt zeigt, eine Fundgrube. Der Kartierungsausschnitt mit der Hofstelle &bdquo;Up de neue Riege“ ist dem Team ein &bdquo;Take“ wert. &bdquo;Auch wenn nicht alle Angaben aus den Büchern stimmen“, schränkt die Archivarin ein. Eine Biografie aus den 1940er-Jahren basiert auf den Aufzeichnungen des Juristen und Freundes Americo Carto. Dessen Sohn setzte das Werk fort. &bdquo;Ich bin auf der Suche im Landesarchiv, ob es eine Auswanderungsurkunde gibt“, sagt Nicole Kockentiedt. &bdquo;Frere Luis“ wird Seelsorger in Rio de Janeiro Nach der Profess 1895 und der Priesterweihe 1900 wirkte Reinke als &bdquo;Frere Luis“ bis zu seinem Tod im Jahr 1937 als Seelsorger und in diakonisch-karitativen Projekten in Petropolis im südwestlichen brasilianischen Bundesstaat Rio de Janeiro. &bdquo;In seiner einstigen Heimat Marienfeld ist er nur wenigen bekannt“, sagt Kockentiedt. In Brasilien genieße der Europäer, der mit seinem Glaubensbruder Theo Specht auswanderte, jedoch bis heute ein hohes Ansehen. Beide erkrankten am berüchtigten Gelbfieber. Specht starb, Reinke begleitete ihn und dokumentierte in einem Brief an dessen Mutter akribisch dessen letzte Stunden. In Petropolis ist das Andenken an das Wirken des &bdquo;Bruders“ gut erhalten. Geschichten erzählen von dem Franziskaner, der auf dem Pferd zu den Gläubigen ritt, um diesen spirituellen Beistand wie auch als &bdquo;Arzt für den Körper“ mit seinen Heilpflanzen zu helfen. &bdquo;Er hat sogar einen Unfall und ein Attentat eines wohl psychisch Kranken überlebt“, erzählt Reiniger aus dessen spannendem Leben, zu dem sie extra Ausschnitte aus brasilianischen Zeitungsarchiven mitgebracht hat. &bdquo;Leider werden diese Archive nicht gut erhalten, vieles ist nicht digitalisiert“, sagt sie. Die hohe Luftfeuchtigkeit sei ein Problem. Auch von Freimaurern, die ihn auf dem Pferd verfolgten, sei er bedroht worden, nachdem er um 1900 seine eigene Pfarrei übernommen hatte. Alle diese Dinge sind gut in Briefen in die alte Heimat dokumentiert. Die historischen Details sind ein Grund, warum Reiniger so intensiv sucht. Lesen Sie auch: Bekannter Pater aus dem Kreis Gütersloh lebt in beeindruckender Kulisse Regisseurin engagiert Darsteller aus dem Kreis Gütersloh Im Jahr 2014 reiste die Forscherin ein zweites Mal ins Klosterdorf. Seinerzeit hatte sie sogar daran gedacht, einen Spielfilm an Originalschauplätzen zu drehen. Dafür hatte sie einige Harsewinkeler als Laiendarsteller engagiert. Auch Eckhard Möller sei damals in ein historisches Kostüm geschlüpft. Die ehrgeizigen Pläne musste Angela Reiniger aus Kostengründen beerdigen. Anstelle eines Spielfilms plant sie nun die Doku. Wie verehrt der einstige Marienfelder war, lässt sich ebenfalls an Zeitungsfotos und -berichten ablesen. An dessen Beerdigung sollen mehrere Tausend teilgenommen haben.

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