Als das Pastorat niederbrannte

Schloß Holte-Stukenbrock. Das alte Pfarrhaus in Stukenbrock brennt. Der Lehrer Karl-Heinz Artmann wohnt mit seiner Familie gerade fünf Monate an der Straße &bdquo;Am Pastorat". Gegen 5 Uhr stürmt der 38-Jährige barfuß aus dem Haus. Ein ständiges Knacken, das an Maschinengewehrfeuer erinnert, hatte ihn geweckt. Ein Blick aus dem Fenster reichte. Das ehemalige Pastorat war das zweitälteste Gebäude der Stadt. Älter ist nur Welschofs Vogthof aus dem Jahr 1554. 2013 hat Karl Heinz Artmann seine Erinnerungen an den Brandmorgen festgehalten: &bdquo;Der 6. März war kalt, es hatte in der Nacht reichlich geschneit. In dem Pfarrhaus wohnten und schliefen damals drei Personen: Pfarrer Heinrich Huckschlag, seine Schwester und der Neffe. Morgens gegen 4.45 Uhr hörten wir als nächste Nachbarn (circa 80 Meter entfernt, denn die drei Häuser in heutiger Nachbarschaft standen noch nicht) ein ständiges Knacken, als wenn man mit einem Maschinengewehr schießen würde. Etwa 15 Minuten hörten wir das Knacken und dachten an eine Übung der Bundeswehr. Gegen 5 Uhr stand ich auf und schaute mal nach draußen. Da sah ich, wie das Pfarrhaus in hellen Flammen stand. Das Knacken war nichts anderes als das Bersten der Dachpfannen. Barfuß lief ich im Schlafanzug quer durch unseren Garten, kletterte über zwei Gartenzäune zum übernächsten Nachbarhaus, wo ich ein Telefon wusste. Von dort alarmierte ich die Feuerwehr, die gegen 5.15 Uhr mit allen möglichen Fahrzeugen anrückte. Vom Telefon lief ich weiter durch den Eichenweg zum brennenden Pastorat, wo ich als erstes den noch schlafenden Pastor weckte. »So wurden diese wichtigen Dokumente für Stukenbrock gerettet« Er gab mir dann sofort die laufenden Kirchenbücher (Tauf-, Hochzeits- und Sterbebuch), die ich – noch immer barfuß – durch den tiefen Schnee in unser Haus trug. So wurden diese wichtigen Dokumente für Stukenbrock gerettet. Nach dem Anziehen lief ich noch einmal zum Pfarrhaus und versuchte, etwas zu holen. Ich rettete noch die große 80 Zentimeter hohe geschnitzte Madonna aus dem Flur. Beim Raustragen fiel mir ein brennender Balken vor die Füße, über den ich steigen musste. Dann ging ich nicht mehr in das brennende Gebäude, das im vorderen Teil bis auf die Grundmauern abbrannte. Der hintere Teil mit dem Saal wurde von der Feuerwehr teilweise gerettet. In dem Saal befanden sich in einem Tresor die alten Kirchenbücher und auch die Chronik, die ebenfalls gerettet werden konnten. Die Brandursache konnte nie geklärt werden." Einen technischen Defekt schließt Karl-Heinz Artmann aus. Elektrische Leitungen besaß der Gebäudeteil damals nicht. Artmann vermutete, dass eine brennende Zigarette der Auslöser war. Denn sowohl Pfarrer Huckschlag als auch sein Neffe seien starke Raucher gewesen. An diesem Tag fiel die Heilige Messe aus. &bdquo;Die Feuerwehr löschte noch und Pfarrer Huckschlag stand die ganze Zeit draußen neben mir und beobachtete, was alles geschah." Das Pfarrhaus stand einige Jahre nur als Ruine. Es vergingen Jahre, bis entschieden war über Abriss oder Wiederaufbau. Letzteres hätten sich nach der Schilderung von Karl-Heinz Artmann die Stukenbrocker gewünscht, obwohl mehr als die Hälfte des Hauses in Trümmern lag. &bdquo;Es wurde für den Wiederaufbau gesammelt und ein Spendenkonto eingerichtet, auf dem schon eine beträchtliche Suche eingezahlt war. Stattdessen wurde der hintere Anbau mit dem Saal abgerissen und ein neues Pfarrhaus errichtet. &bdquo;Ganz im Geschmack der 70er Jahre." Die Feuerwehr hatte den wertvollen hölzernen Torbalken mit der Inschrift von 1595 neben einen kleinen Schuppen gelegt. Dort habe er fast zwei Jahre lang gelegen und sei dann plötzlich verschwunden. Mehr als 40 Jahre galt er als verschollen, bis Heimatforscher Günter Potthoff ihn 2017 ausfindig machte. Bekannte hätten ihn angesprochen, sagt er damals. Sie boten ihm einen alten Balken an. In den hatten sie vier Metallfüße gebohrt und ihn zur Sitzbank umfunktioniert. Seit mehr als 40 Jahren sei der Balken im Besitz der Familie und stamme ursprünglich vom Pastorat Stukenbrock. &bdquo;Da wurde ich hellhörig", sagt Günter Potthoff, der versprochen hat, den Besitzer nicht namentlich zu nennen. Anhand der Inschrift &bdquo;ANNO 1595 MESTER ESSER + N S +" konnte er der Balken tatsächlich als Torbalken des ehemaligen Pastorats identifizieren. Er ist heute im Heimatmuseum zu sehen. Den Abriss des Gebäudes bedauert Günter Potthoff. &bdquo;Die Außenwände waren erhalten", sagt er. &bdquo;Man hätte zwar viel Geld investieren müssen, hätte aber ein Stück Alt-Stukenbrock erhalten."

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