Neuer Trend in SHS: Waldbaden statt Spazierengehen

Schloß Holte-Stukenbrock. Die Schloß Holter haben es gut. Die Stukenbrocker auch, aber sie müssen kurz aufs Rad oder, was natürlich nicht so umweltfreundlich, manchmal aber nicht anders zu lösen ist, ins Auto. Im Grunde aber liegt ein wunderbares Naherholungsgebiet direkt vor der Haustür: der Holter Wald. Mehr als 600 Hektar groß, mit 1.000-jähriger Eiche, dem Forsthaus und den Sammelteichen. Und der Holter Wald könnte jetzt noch wertvoller werden, denn aus Fernost schwappt eine neue Welle für Gesundheitsbewusste herüber, das Waldbaden. Wer nun an einen transportablen Minipool und mitgebrachtes Wasser denkt, liegt vollkommen falsch. Der Begriff &bdquo;Waldbaden" ist der Versuch einer Übersetzung des japanischen Ausdrucks &bdquo;shinrin yoku". Gemeint ist mit Baden aber eben nicht schwimmend seine Bahnen zu ziehen, sondern es soll vielmehr ein wohliges Vollbad in der angenehmer Waldatmosphäre genommen werden. In Japan trat Shinrin yoku in den 1980er Jahren seinen Siegeszug an. Wissenschaftler entdeckten damals, wie positiv der Wald sich auf die Gesundheit der Menschen auswirkt. Mittlerweile gehört das Waldbaden dort zur Gesundheitsvorsorge und wird sogar auf Rezept verschrieben. Dabei ist es nicht so, dass Wälder in Japan Mangelware wären. Der Anteil der Waldfläche an der Landesfläche beträgt im Land der aufgehenden Sonne satte 68,5 Prozent. Im Vergleich dazu: Deutschland kommt mit 32,7 Prozent nicht einmal auf die Hälfte. "Sonst wäre ich nicht Förster geworden" In einer Pressemitteilung äußert sich der Deutsche Jagdverband zum Waldbaden. Jägern sei die positive Wirkung längst bekannt. Sie verbringen durchschnittlich 40 Stunden im Monat in ihren Revieren in Feld und Wald. Weiterhin schreibt der Jagdverband, dass bereits kurze Aufenthalte im Wald von fünf bis 20 Minuten eine gesundheits- und erholungsfördernde Wirkung hätten. Das Stress-Empfinden werde gesenkt, ebenso Blutdruck und Herzfrequenz. Durch das Einatmen der ätherischen Öle, die die Bäume abgeben, werde das Immunsystem gestärkt, lautet die Aussage des Jagdverbandes. Christoph Wiegand ist als angestellter Förster des Landesbetriebes Wald und Holz auch für den Holter Wald zuständig. Auch er genießt die Aufenthalte in der Natur. &bdquo;Sonst wäre ich nicht Förster geworden", sagt er im Gespräch mit der Neuen Westfälischen. Es sei wohl das Gesamtbild des Waldes, was seine Wirkung ausmache. Die Luft, die Gerüche, die Geräusche der Natur und die Ruhe. Und er hat auch schon mit Menschen gesprochen, die eine Krebserkrankung überstanden haben und die ihm erzählten, wie viel Kraft ihnen der Aufenthalt im Wald gibt. "Die Natur bringt uns auf andere Gedanken" Anne Köhler ist Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie in Gütersloh. Sie sagt ganz klar: &bdquo;Ein Aufenthalt auf einer grünen Wiese oder am Strand wirkt wahrscheinlich genauso. Wichtig ist, dass man sich ablöst von der Arbeit, vom Haushalt, vom Verkehr. Die Natur bringt uns auf andere Gedanken." Sie, die sich sehr für Japan interessiert, vermutet, dass es der japanische Hang zur Ästhetisierung sei, was das Shirin yoku ausmache. &bdquo;Vielleicht muss man sich fokussieren und die Japaner haben den Fokus eben auf den Wald gelegt", sagt sie. Waldbaden kann man auch lernen. Am Wochenende wird in der Nachbarstadt Oerlinghausen ein Seminar angeboten. Kostenpunkt 35 Euro. In der Pfalz kostet ein Grundkursus &bdquo;Waldbaden" 98 Euro. Beim Waldbaden ist es übrigens egal, wie aktiv man ist. Schlendern, trödeln, an einen Stamm gelehnt im Moos sitzen, Sonnenflecken beobachten, an Blättern riechen. Wem das bekannt vorkommt: Früher nannte man das aufmerksam spazieren gehen – ohne Handy und Ohrhörer. Einfach dem Wald zuhören.

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