Ausbau der St.-Johannes-Kirche jährt sich zum 80. Mal

Schloß Holte-Stukenbrock. Kein Reporter vor Ort, keine Notiz in der Kirchenzeitung, kein Eintrag in der Chronik. Was sich am Ostermontag, 13. April 1936, in Stukenbrock bei der Grundsteinlegung zugetragen hat, geschah in aller Stille. Was sich aber davor und danach ereignete, hat Karl-Heinz Artmann recherchiert. Der 84-Jährige beschäftigt sich seit Jahren intensiv mit der Geschichte der St.-Johannes-Kirche und hat einen Brief entdeckt. Verfasst von Pfarrer Albert Rinscheidt am 27. April 1944. Dessen Vorgänger im Amt als Stukenbrocker Pfarrer, Otto Hesse, hatte sich damals vorgenommen, eine Chronik zu schreiben. Er bat Pfarrer Rinscheidt um Hilfe. Otto Hesse erreichte ein zwölf Seiten langer, nur schwer zu lesender Brief. Die Stukenbrocker Katholiken hatten lange warten müssen auf die dritte Erweiterung ihrer Kirche. Überall wurde gebaut, in Hövelhof, Schloß Neuhaus. "In Verl griff neben dem Bau eines schönen Pfarrhauses eine herrliche Kirchenerneuerung Platz", schrieb Pfarrer Rinscheidt. "Von der jetzigen Pfarrkirche im nahen Schloß Holte gar nicht zu reden. Diese Vorbilder weckten Nacheiferung und ließen die jahrzehntelang schlecht verhüllt niedergehaltene Baulust aus eigensten Kräften, wenn es sein müsste, zum Orkan anwachsen." 1935 wurde letztlich mit dem Ausbau der St.-Johannes-Kirche begonnen. "Einige ältere Mitbürger werden das noch miterlebt haben", sagt Karl-Heinz Artmann. "Was aber in der Urkunde steht, die in den Grundstein im April 1936 eingelassen und dann zugemauert wurde, das dürfte wohl niemand in der Gemeinde wissen." Artmann hat den Text im Nachlass des langjährigen Stukenbrocker Pfarrers Walter Peters entdeckt und der Neuen Westfälischen zur Verfügung gestellt (siehe Infokasten). Die Urkunde musste Karl-Heinz Artmann aus dem Lateinischen übersetzen. Der Brief von Pfarrer Albert Rinscheidt ist in Sütterlin verfasst worden, also in einer Schrift, die heute kaum noch jemand lesen kann. Auch das konnte Artmann übersetzen. Rinscheidt hatte 1935 seine Stelle noch nicht angetreten, da wurde er schon von einer "Kommission bei der erzbischöflichen Behörde" bedrängt: Der neue Pfarrer wolle oder könne doch sicher nicht bauen. »Die unschuldigsten Sächelchen wurden aufgebauscht und geheime Attacken geritten« Aber er wollte. "Im Juni und September", schrieb Rinscheidt an seinen Nachfolger, "kamen als Genehmigung erachtete Schreiben. So wurde dann noch im Herbst 1935 mit dem Kirchenbau begonnen." Der Stukenbrocker Ortschronist Johannes Stiewe beschrieb das Projekt in seinem 1953 herausgegebenen Buch "Stukenbrock - Geschichte eines Sennedorfes" so: "Die alte Sakristei, die sich mitten an der langen Ostwand des Querhauses anlehnte, wurde abgebrochen, der mittlere Teil dieser Ostwand entfernt und das Langhaus jenseits des Querschiffes fortgesetzt. Über dem Chor erhebt sich ein Turm mit mehrfach gegliederter, an den Barockstil anklingender Haube." 37 Meter hoch ist dieser Turm, den sich die Kirchengemeinde leisten konnte, weil weitere 8.500 Reichsmark in die Baukasse geflossen waren. Für Pfarrer Rinscheidt liefen die Bauarbeiten nicht immer rund. "Die unschuldigsten Sächelchen wurden aufgebauscht und geheime Attacken geritten", schrieb er an Otto Hesse. Offenbar gegen ihn. Denn er zitiert an gleicher Stelle Dechant Dr. Wurm, der mit zweimaligem Faustschlag von der Kanzel gedonnert habe: "Wem habe ich die Schlüssel gegeben? Dem Pfarrer und niemand anderem. Wer hat hier zu sagen? Der Pfarrer und niemand anders." Während der Bauzeit waren die Messen werktags im großen Saal des Pfarrheimes gelesen worden. Am 20. Juni 1939 konnten die Gläubigen ihre Kirche wieder beziehen. Erzbischof Kaspar Klein weihte das ausgebaute Gotteshaus ein. "Der ganze Bau hat 60.000 Reichsmark gekostet", schrieb Pfarrer Rinscheidt an seinen Kollegen Otto Hesse, "ohne die vielen Stiftungen an Eichen zum Beispiel, kostenlose Loren-Leihe durch Heinrich Kipshagen und die vielen freiwilligen Hand- und Spanndienste." Die dritte Erweiterung der St.-Johannes-Kirche, die im Kern inzwischen mehr als 400 Jahre alt ist, ist die bislang letzte gewesen. Von den Bauarbeiten gibt es keine Fotos, Karl-Heinz Artmann hofft darauf, dass vielleicht doch noch welche auftauchen, die die Chronik der Kirchengemeinde ergänzen würden. &bdquo;Alles zur größeren Ehre Gottes"Die Urkunde im Grundstein des Erweiterungsbaus der St.-Johannes-Kirche in Stukenbrock ist in lateinischer Sprache verfasst und hat übersetzt folgenden Wortlaut: &bdquo;Am 13. April des Jahres 1936, dem Jahre, in welchem Pius XI. der Hl. Kirche, Adolf Hitler dem deutschen Reiche, Kaspar Klein der Erzdiözese, Albert Rinscheidt der zu Ehren des Johannes des Täufers in Stukenbrock errichteten Pfarrei vorstand, ist dieser Gedenkstein an die zu erweiternde und mit einem höheren Turme zu vergrößernde Pfarrkirche in den vom Bischof gut geheissenem und bereits begonnenen Bau eingefügt worden. In den dafür bestimmten Stein wurden zugleich feierlich diesen Zeitpunkt bezeichnenden Zeitungen mit Anfügung einiger Münzen – denn Golde haben wir nicht – eingeschlossen. In diesem Jahre nämlich beginnt jetzt die schon unter den Amtsvorgängern, dem Hochwürdigsten Herrn Friedrich Kreutzmann, dem Dechanten, der diese Pfarrei bis zum Vorjahre verwaltete, und seinem Vikar Johannes Westerbarkey, der diesem Werk besondere Förderung lieh, lang ersehnte und beratene Erweiterung und Turmerbauung, nachdem in Verzeichnissen genannte und viele andere zur Durchführung dieses Werkes fürwahr nichts Geringen beigetragen haben. Es ist nämlich nicht mit Stillschweigen zu übergehen, wie mit großem Eifer und Gemeinsinn jene die Sache unterstützten und weiter unterstützen, welche nach Vollendung ihres Tageswerkes, obwohl es ihnen zustände, der Ruhe und Muße zu pflegen, doch lieber bis zum Abend zu Ehre Gottes und des heiligen Johannes des Täufers sich abmühen wollten und auf ihre Kosten den inneren Teil des vollendeten Baus mit mit den zum Gottesdienst nötigen Geräten ausschmücken werden. Zum Beispiel haben die Zimmerleute der Pfarrei das Versprechen gegeben, für den zu erbauenden Turm gratis Kräfte zur Verfügung zu stellen. Den Bauplan hat gezeichnet Ludwig Braun, Architekt und Bürger aus Paderborn. Bernhard Fockel und Heinrich Justus, Bauunternehmer dieses Dorfes, sind daran, gemeinsam mit ihren auch aus unserer Gemeinde stammenden Bauleuten mit einem hervorragenden Eifer das Werk zur Höhe zu bringen. Du aber, heiliger Johannes der Täufer, zu Ehren des Martyriums Deiner Enthauptung und zur Vergrößerung Deines Ruhmes opfern wir alle Schenkungen und Mühen, wolle alle, welche der Erweiterung Deines Hauses so geflissentlich Mühewaltung widmen, mit Wiedervergeltung beglücken und über Deine ganze Pfarrfamilie jetzt und immer Deine schützenden Hände breiten!"

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