Tierschützer sind entsetzt über Jagd auf ihrem Grundstück in Rietberg

Rietberg. Sie wollen Tiere schützen und nicht töten: Trotzdem müssen die Betreiber des Lebenshofes die Jagd auf ihrem Grund und Boden erdulden. Denn durch den Kauf des Grundstücks sind sie zwangsweise Mitglieder der Kreisjägerschaft. Das Thema ist brandaktuell. Denn seit dem 1. August dürfen unter anderem auch Krähen und Elstern wieder getötet werden – auch in unmittelbarer Nachbarschaft des Lebenshofs. Wie die Situation rechtlich aussieht, dazu hielt deshalb nun der Dortmunder Rechtsanwalt und Präsident des Landestierschutzverbandes NRW, Peer Fiesel, auf dem Gelände des Lebenshofs Varensell vor rund 30 Zuhörern einen Vortrag mit dem Thema: &bdquo;Jagd und Befriedung von Grundstücken". Anwalt: Eigentümer von Zwangsmitgliedschaft oft überrascht Der Lebenshof Varensell beherbergt derzeit rund 45 Tiere, darunter Pferde, Esel, Hunde, Katzen und Hühner. Die Eigentümer des insgesamt etwa 1,3 Hektar großen Geländes, Astrid und Heinrich Reinke, sind automatisch Mitglieder der Kreisjägerschaft, weil das Ehepaar vor einigen Jahren in Rietberg ein Grundstück gekauft hat. &bdquo;Der Grundstückseigentümer muss über eine solche Zwangsmitgliedschaft nicht unterrichtet werden", erklärt Rechtsanwalt Peer Fiesel. Demnach komme es immer wieder vor, dass Eigentümer von einer Zwangsmitgliedschaft überrascht sind, ebenso von der Verpachtung ihres Grundstücks an eine Jagdgenossenschaft. &bdquo;Dabei handelt es sich um geltendes Recht", unterstreicht der Präsident des Landestierschutzverbandes NRW. &bdquo;Jagdrecht ist anerkannt", so Fiesel. &bdquo;Die Jagd ist gesetzlich erlaubt." Oft seien Grundstücke von einem vorherigen Besitzer verpachtet worden. Dann gebe es nur zwei Möglichkeiten: &bdquo;Entweder, der neue Grundstückseigentümer wartet, bis der Pachtvertrag abgelaufen ist oder man stellt einen Antrag auf Befriedung", erklärt Peer Fiesel. Ein solcher Antrag müsse ethisch begründet sein. Die bloße Ablehnung einer Jagd reiche nicht aus. Auch andere Gründe, wie etwa Lärmbelästigung, würden vor Gericht nicht standhalten. Zudem müssten Eigentümer darauf achten, dass sie für sämtliche ihrer Grundstücke einen Antrag auf Befriedung stellen. &bdquo;Seuchenschutz geht vor Befriedungsrecht" Während eines laufenden Verfahrens könne ein Pachtvertrag nicht verlängert werden. Auch müssten Einwände der Jägerschaft gegen eine Befriedung konkret begründbar sein, etwa im Falle von Wildschäden oder Seuchen. &bdquo;Seuchenschutz geht vor Befriedungsrecht", räumt Rechtsanwalt Fiesel ein. &bdquo;Die juristischen Gegner sind die Kommunen, nicht die Jäger", sagt Fiesel. Allerdings, so der Rechtsanwalt, seien Ordnungsbehörden selten objektiv. Aus seiner eigenen Erfahrung anschaulich berichtend, stellte der Jurist fest, dass ein ausreichendes Fachwissen über das Recht auf Befriedung in den meisten Kommunen kaum vorhanden sei. Astrid Reinke kritisiert vor allem das Gebaren der Jägerschaft. Diese hätten Politiker, finanzkräftige und einflussreiche Personen in ihren Reihen und leisten sich Werbeanzeigen und Auftritte auf Messen. &bdquo;Sie sind in Schulen, Kitas, bei Ferienprogrammen und mit der Rollenden Waldschule beispielsweise im Gartenschaupark unterwegs. Was haben Kinder von Menschen zu lernen, die Freude am Töten haben?", fragt die Tierärztin und Pädagogin und bezeichnete ein solches Handeln als &bdquo;Grundsteinlegung für eine Sympathie mit den Tätern". Eigentümerin beklagt psychischen Druck durch Behörden Jagd sei nichts weiter als die Ausübung von Macht, unterstreicht Reinke. Dem Argument der Jägerschaft von einer Tierinvasion setzt sie das Argument der humanen Geburtenkontrolle mittels Kastration und Sterilisation entgegen. Die Reinkes haben bereits 2017 einen Antrag auf Befriedung gestellt. Mit dem Hinweis, dass die Bejagung mit Ablauf des Pachtvertrags im Jahr 2024 abläuft, wurde das Verfahren eingestellt. Astrid Reinke kritisierte auch den psychischen Druck, den die Behörden auszuüben versuchen, etwa durch Befragungen in der Nachbarschaft oder mit dem Hinweis auf hohe Verfahrenskosten. Zumindest vorläufig hat die Diskussion um die Bejagung auf dem Grundstück des Ehepaars Reinke ein gutes Ende genommen: Die lokale Jägerschaft erklärte freiwillig auf eine dortige Bejagung zu verzichten. Schließlich würden auf dem Gelände des Lebenshofs auch Pferde umherlaufen. Eine abschließende Garantie ist diese Erklärung jedoch nicht.

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