Warum Brotbacken immer mehr Menschen im Kreis Gütersloh glücklich macht

Kreis Gütersloh/Rietberg. Oft sind es Lebensmittelunverträglichkeiten, die dazu führen, dass Menschen die Inhaltsstoffe in ihrem Essen genauer unter die Lupe nehmen. Viele backen auch ihr Brot selber. Ein Trend? &bdquo;Das ist kein kurzlebiger Trend. Das ist schon eher eine Bewegung“, meint André Hilbrunner aus Rietberg. Der 49-jährige hat es zu seinem Beruf gemacht, sein Wissen rund ums Brot weiterzugeben – mit einer eigenen Backschule. Viel braucht es nicht, um selbst ein Brot herzustellen – Mehl, Wasser, Salz und Hefe. Ein wenig Muskelkraft zum Kneten und – das ist Hilbrunner ganz besonders wichtig: Zeit. &bdquo;Das ist die entscheidende Zutat“, sagt er. In den meisten Bäckereien habe der Brotteig heute keine Zeit mehr zu reifen. &bdquo;Er hat dann weniger Aroma, ist weniger saftig und schwer bekömmlich“, weiß Hilbrunner. Ausbildung in einer kleinen Handwerksbäckerei Er hat sein Handwerk von der Pike auf gelernt. In Salzgitter, wo er geboren ist, machte er eine Ausbildung in einer kleinen Bäckerei. Seine Berufschullehrerin, die zu ihm meinte: &bdquo;Du gehst den Sachen doch gerne auf den Grund!“ riet ihm zum Studium der Backwarentechnologie an der FH in Lemgo. &bdquo;Danach war ich 16 Jahre in der Tiefkühl-Backwarenbranche beschäftigt“, erzählt er. Mit Backen hatte das nur noch wenig zu tun. Und auch die vielen Zusatzstoffe, die nötig sind, um Lebensmittel haltbar zu machen, gingen Hilbrunner irgendwann gegen den Strich. Er kündigte und wagte den Schritt in die Selbständigkeit. &bdquo;Ich habe mir das gut überlegt“, sagt er. Und entwickelt seitdem naturbelassene Brote beispielsweise für die Gastronomie oder Bäckereien, die sich auf die Ursprünge des Backens besinnen wollen. Und er gibt Brotbackkurse, so dass jeder seine Kreationen in der heimischen Küche mit einem normalen Haushaltsbackofen nachbacken kann. Auch Mehl enthält oft Zusatzstoffe Seit 2008 lebt Hilbrunner mit seiner Frau und seinem Sohn in Rietberg. Vor viereinhalb Jahren eröffnete er seine Backschule an der Langen Straße, wo jedes Wochenende Kurse stattfinden. Die Teilnehmer kommen aus ganz Deutschland, um bei ihm Brotbacken mit traditionellen Techniken und mit naturbelassenen Rohstoffen zu lernen. Das Angebot reicht von Grundlagen für den Backanfänger bis hin zu Schwerpunktthemen wie Urkorn oder rustikale Brote. Ihnen ist aber eines gemeinsam: Beim Brotbacken wie zu Omas Zeiten hat der Teig viele Stunden Zeit zum Reifen und seinen Geschmack zu entfalten. Da haben Fertigbackmischungen und Zusatzstoffe wie Rieselhilfen im Salz, Verdickungsmittel, Emulgatoren, technische Enzyme oder Säureregulatoren nichts zu suchen. Und auch keine Mehlbehandlungsmittel. &bdquo;Viele Mühlen setzen diese Mittel ein, um den Rohstoff Mehl backtechnisch zu verändern. Bei Brot und Brötchen soll meist eine stärkere Lockerung erzielt werden. Eine Deklaration dieser Stoffe ist nicht erforderlich. In den meisten Supermarkt-Mehlen sind diese Mehlbehandlungsmittel meiner Erfahrung nach enthalten - auch wenn dies nicht auf der Mehltüte steht“, erläutert Hillbrunner. Daher beziehe er seine Mehle und Getreideprodukte nur von ausgesuchten Mühlen und Landwirten. &bdquo;Viele Leute wollen oder müssen wissen, was in den Lebensmitteln steckt – beispielsweise wenn sie unter Allergien leiden.“ Wissenschaftlich erwiesen: Ein Teig, der Zeit zum Reifen hat, ist bekömmlicher Interessant ist in diesem Zusammenhang eine Untersuchung der Universität Hohenheim. Hier wurde festgestellt, dass die Art und Weise der Zubereitung tatsächlich die Bekömmlichkeit von Brot beeinflusst. Je länger ein Teig geht, um so besser werden bestimmte Zuckermoleküle, die im Mehl enthalten sind, abgebaut. Mögliche Auslöser für einige Unverträglichkeiten sind sogenannte fodmaps (fermentierbare Oligo-, Di- und Monosaccharide sowie Polyole). Wenn diese Zuckerarten nicht ausreichend abgebaut werden, gelangen sie unverdaut in den Dickdarm und machen dann Stress. Bei einer langsamen Brotbereitung &bdquo;mit langer Teigführung“ – so der Fachbegriff - haben die fodmaps Zeit sich abzubauen. Weniger belastende Stoffe, dafür aber mehr Geschmack. &bdquo;Guter Wein, guter Käse, gute Salami – das alles braucht Zeit zum Reifen“, weiß Hilbrunner, der schon von Kindheit an gerne Brot isst. Und der sich freut, dass es vielen Menschen ebenso geht. 2014 wurde die deutsche Brotkultur übrigens als immaterielles Kulturgut in die Liste der Unesco eingetragen.

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