Tierwohl im Kreis Gütersloh: Wie eine Ingenieurin Blockaden bei Pferden löst

Rheda-Wiedenbrück. Sanft streicht Meike Aulich über den Hals ihrer Stute Artemis. Das helle Pferd, das mit seinen braunen Punkten an den &bdquo;kleinen Onkel“ von Pippi Langstrumpf erinnert, blinzelt einmal. Meike Aulich lässt ihre Hand am Hals liegen. Das Tier, das sie liebevoll &bdquo;Mimi“ nennt, bewegt den Kopf zum rechten Vorderhuf und macht dann eine Kaubewegung mit dem Maul. &bdquo;An der Reaktion sehe ich, dass sich die Verspannung gelöst hat“, erzählt die Pferdehalterin. Meike Aulich ist zertifizierte Pferde-Masseurin nach der Masterson-Methode – MMCP steht auf ihrer Abschlussurkunde, die Abkürzung für Masterson Method Certified Practitioner. Die Diplom-Ingenieurin, die hauptberuflich beim Kreis Gütersloh das Sachgebiet für Kultur und Wasserbau leitet, kam während der Corona-Zeit zu diesem außergewöhnlichen Hobby der Pferdemassage. &bdquo;Eine liebe Freundin hatte mir ein Video über die Masterson-Methode geschickt und gesagt, dass ihr Pferd da ganz toll drauf reagiere“, erinnert sich Meike Aulich. &bdquo;Eigentlich wollte ich mir im Oktober 2021 nur ein wenig ,Me-Time gönnen und bin zu einem Masterson-Wochenendseminar nach Quakenbrück in Niedersachsen gefahren“, erzählt sie. &bdquo;Die Reaktion der Pferde auf meine Berührungen fesselten mich sofort.“ Der Namensgeber der Methode, Jim Masterson, ist ein Pferdetherapeut. Er hilft Pferden, Verspannungen zu lösen, indem er ihre Reaktionen auf ganz leichte Berührungen liest. Mit dieser Art der Körperarbeit unterstützt er Reiter und Pferdeleute aller Disziplinen, das Wohlbefinden sowie die Leistung ihres Pferdes zu steigern und gleichzeitig auch die Beziehung zu stärken. Lesen Sie auch: Pferd bricht im Kreis Gütersloh tot zusammen: Veterinäramt äußert sich nach Anzeige Die manuelle Therapie ist Wellness für Pferde &bdquo;Pferde sind Fluchttiere“, erläutert Meike Aulich. &bdquo;Sie zeigen keine Schwäche – sie wären sonst leichte Beute für Raubtiere.“ Blockaden äußern sich beim Pferd subtil – für einen Masterson-Therapeuten jedoch sehr deutlich. Meike Aulich lässt ihre Finger langsam und weich übers Fell gleiten und achtet dabei auf die Reaktionen: Ein Blinzeln, Zucken der Lippe, ein weicherer Gesichtsausdruck oder eine schnellere Atmung sind Zeichen für Spannungen an der Stelle, wo sie gerade ist. Wenn sie ihre Finger liegen lässt, kann das Pferd die Spannungen lösen – und zeigt dies durch Gähnen, Kauen, Lecken, Schütteln oder Abschnauben. Artemis kennt diese Art der Wellness bereits und bleibt bereitwillig stehen, ja, die Stute stupst ihre Besitzerin sogar an, damit sie weitermacht. &bdquo;Mein eigenes Pferd ist in der Ausbildung mein schwierigster Patient gewesen“, erzählt sie lachend. &bdquo;Es ist einfacher, wenn man keine emotionale Bindung zu dem Tier hat.“ Den Pferden mit den Händen Gutes tun - davon profitieren auch die beiden Shetland-Ponys Paul und Shorty, die nebenan gerade genüsslich ein paar Strohhalme kauen. Hier auf dem 4-Generationen-Resthof in St. Vit, 600 Meter von der Kreisgrenze, haben sie ein kleines Paradies. Samt Futterschrank, ein Eigenbau von Aulichs Lebensgefährten, der die Steuerung für die einzelnen Fächer so programmiert hat, dass regelmäßig frisches Heu zur Verfügung steht. Rund 80 Pferdetherapeuten in Deutschland Weltweit gibt es 722 zertifizierte Pferdetherapeuten nach der Masterson-Methode, davon rund 80 in Deutschland. Meike Aulich ist eine von ihnen, sie bietet ihre Dienstleistungen am Wochenende und manchmal nach Dienstschluss auch über ihren heimischen Hof hinaus an - in den angrenzenden Kreisen Soest, Warendorf, Paderborn, in Hamm und Bielefeld. Angst, getreten oder gebissen zu werden, hat sie nicht. &bdquo;Die Pferde merken, dass ich es gut mit ihnen meine.“ Anderthalb bis zwei Stunden dauert es, bis sie ein Pferd nach der Masterson-Methode &bdquo;durchmassiert“ hat. &bdquo;Man braucht viel Geduld“, beschreibt Meike Aulich. &bdquo;Der Mensch ist ja eher ein ,Greifling’. Aber hier geht es nur um ganz leichte Berührungen.“ Sie musste lernen, die Reaktionen der Pferde zu lesen. Zu ihrer Ausbildung gehörten neben Anatomie auch viele Fallstudien und 30 dokumentierte Behandlungen. &bdquo;Und dann musste ich unter den Augen eines Instruktors noch ein Pferd behandeln“, erzählt sie. Seit April 2024 darf sie sich nun MMCP nennen. Und auch wenn sie vom &bdquo;Behandeln“ spricht, betont sie: &bdquo;Ein krankes Pferd gehört zum Tierarzt.“ Die Arbeit der manuellen Therapie beginne erst, wenn der Tierarzt das Tier freigebe - vergleichbar mit einer Physiotherapie beim Menschen. Frau aus Kreis Gütersloh möchte zukünftig auch Hunde massieren &bdquo;Es ist faszinierend zu sehen, wie schnell sich die Pferde auf eine Masterson-Method-Behandlung einlassen und mir klar anzeigen, wo und wie ich ihnen helfen kann. Dieses feine Kommunikation und das Wahrnehmen des Pferdes in seiner eigenen Individualität ist das, was die Methode so besonders und einzigartig macht“, sagt die Pferde-Masseurin, die Jim Masterson übrigens schon selbst getroffen hat. &bdquo;Er kommt immer zu der alle zwei Jahre in Essen stattfindenden Equitana, da ist dann Therapeuten-Treffen. Ein netter Typ“, findet sie. Lesen Sie auch: Neues Geschäft im Kreis Gütersloh: Unternehmerin eröffnet ungewöhnliche Boutique Als Nächstes möchte Meike Aulich sich der Behandlung von Hunden nach der Masterson-Methode ausbilden lassen. Ihre drei Mischlinge aus dem Tierschutz, die zufrieden über den Hof stromern, werden es ihr danken. &bdquo;Ich suche darüber hinaus aber noch Hunde, an denen ich üben kann“, sagt sie. Dann wird Artemis - die übrigens zur Rasse der Knabstrupper, der ältesten Pferderasse Dänemarks gehört - wohl ein wenig zurückstecken müssen.

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