Harte Konkurrenz

Einzigartig im Kreis Gütersloh – Geschäft erhält besondere Auszeichnung

Es ist der einzige Buchladen im Kreis Gütersloh, der den „Deutschen Buchhandlungspreis 2024“ erhält. Sonja Westermann erzählt, warum ihr Geschäft so besonders ist.

Sonja Westermann empfiehlt "Hotel Paraíso", ein Buch vom Aufbrechen und Ankommen, von einem Hotel im Winter an der Algarve und einer Tankstelle in einem niedersächsichen Dorf. | © Marion Pokorra

Marion Pokorra
09.08.2024 | 09.08.2024, 10:39

Rheda-Wiedenbrück. 442 Bewerbungen gab es für den „Deutschen Buchhandlungspreis 2024“. Bundesweit werden 108 Buchläden ausgezeichnet, 17 davon sind es in NRW und davon wiederum einer im Kreis Gütersloh. Das ist Lesart. Deren Besitzerin Sonja Westermann freut sich sehr mit ihrem Team, „dass es noch einmal geklappt hat“.

Schon 2021 war ihr Geschäft als „Hervorragende Buchhandlung“ ausgezeichnet worden. Damals wie heute wurde nach dem Engagement der Bewerber für die Leseförderung gefragt. „Da sind wir sehr aktiv“, so Westermann. Das Lesart-Team besucht etwa Kitas und Grundschulen, stellt für sie Bücherkisten zusammen, informiert Mitglieder des Vereins „Mentor - Die Leselernhelfer“ und begrüßt zum Welttag des Buches mehr als 400 Schülerinnen und Schüler im Laden am Neuen Wall.

Auch die Vernetzung der Buchhandlung war von Interesse. „Das hat durchaus Gewicht“, sagt Westermann. Lesart beteiligt sich mit Büchertischen an Veranstaltungen im Wiedenbrücker Kloster oder des Jugendkulturrings. „Wir sind auch da, wo es keine Buchhandlung gibt“, berichtet die 42-Jährige von Events im Kulturgüterbahnhof Langenberg und Lesetipps im Möbelhaus Christmann.

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Buchhändlerinnen suchen die Perlen in den Neuerscheinungen

Ein dritter Grund für die Auszeichnung ist das ausgewählte Sortiment bei Lesart. „Wir sind immer auf der Suche nach Perlen, nach ungewöhnlichen oder eher unbekannten Verlagen“, sagt die Geschäftsfrau, die den Buchladen seit 2016 hat. Sie bietet Bestseller und Besonderheiten aus 80.000 Neuerscheinungen pro Jahr, für die sie und ihr Team rund 100 Verlagsprogrammen wälzen.

Gefragt sind derzeit Bücher, die aufheitern und ablenken, die Zerstreuung und ein gutes Gefühl bieten, ohne trivial zu sein. „Hier spiegeln sich seit zwei Jahren die Krisen wider“, meint Westermann. Sachbücher, überwiegend von Männern gelesen, seien schnelllebiger geworden. „Ein Thema ploppt auf und ist wieder weg.“ Gekauft würden aktuell Bücher über die USA.

Lesart ist breit aufgestellt. Westermann mag Literatur, die realistisch und bodenständig ist. Alexandra Eickholt schätzt skurrile Bücher, die märchenhaft und etwas schräg sind. Die Expertinnen für Krimis sind Doris Seggewiß und Heike Schakau, die sich auch bestens mit Kinder- und Jugendbüchern auskennt. Damit alle im Team auf demselben Stand sind, verfassen die Buchhändlerinnen Kurzrezensionen zu ihren Lektüren, tauschen sich aus und haben die Kundinnen und Kunden im Blick, denen die Neuerscheinungen Freude machen werden.

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Der Preis ist mit mindestens 7.000 Euro dotiert

„Machmal sitzen wir auf heißen Kohlen, weil wir ein gutes Buch endlich empfehlen wollen“, erzählt die Chefin. Das war bei „Hotel Paraìso“ von Arezu Weitholz so, das gerade erschienen ist. Das gilt auch für „Ich komme nich zurück“ von Rasha Khayat. Herauskommen wird der Roman „um Migration, Freundschaft und einfache Verhältnisse, der in den 90er Jahren in Bochum spielt und wo es auch um 9/11 geht“, am 31. August.

Gut eine Woche später reist Westermann nach Frankfurt/Oder, wo der „Deutsche Buchhandlungspreis 2024“ verliehen wird. 7.000 Euro gibt es für hervorragende Buchhandlungen, 15.000 Euro für solche, die aus den Nominierten besonders herausragen und 25.000 Euro für die drei Besten.

„Ich freue mich auf 7.000 Euro“, sagt Westermann. Investieren möchte sie die in eine neue Beleuchtung. „Und ich träume von einem Lastenrad, um Bücher in Klassensätzen auszuliefern, ohne dass mein Gepäckträger auf dem Reifen hängt.“

Claudia Roth gibt Gewinner bekannt

Der Preis hat zudem einen hohen ideellen Wert für die Geschäftsfrau. Er honoriere, was die Kundschaft nicht sofort sehe, was über das Einkaufen, Verkaufen und schöne Einpacken von Büchern hinausgehe, was außerhalb der Ladenöffnungszeiten von 9 bis 18.30 Uhr geschehe. Diese zusätzliche Arbeit „kostet Kraft, macht aber auch großen Spaß“.

Bekannt gegeben hat die Gewinner der zehnten Ausgabe des Preises Kulturstaatsministerin Claudia Roth. „Buchhändlerinnen und Buchhändler öffnen uns mit ihrem fein kuratierten Angebot den Weg in die Welt des Buches in ihrer ganzen Vielfalt, laden zum Stöbern und Entdecken ein.

Buchhandlungen sind unverzichtbare Kulturorte sowie soziale Orte der Begegnung.“ Das weiß auch die Lesart-Kundschaft. Schon vor drei Jahren hat sie sich für und mit dem Lesart-Team „total über die Auszeichnung gefreut“, sagt Westermann.