Rheda-Wiedenbrück

18-jährige Kanutin liebt die große Welle

Nele Barwich vom KC Wiedenbrück-Rheda startet im Oktober bei der Freestyle-Europameisterschaft in Paris. Die deutsche Vizemeisterin träumt von einer Medaille.

Nele Barwich vom Kanu Club Wiedenbrück-Rheda. | © Sebastian Beeg

Sebastian Beeg
02.09.2021 | 14.09.2021, 09:46

Die Begeisterung für den Wassersport kam früh. „Ich habe schon im Maxi-Cosi im Kanadier gesessen“, sagt Nele Barwich mit einem Lachen. Den Kindersitz hat sie längst abgelegt: Seit Ende August ist die 18-Jährige ist frisch gebackene Deutsche Vizemeisterin im Kanu-Freestyle und hat sich für die Europameisterschaften in Paris qualifiziert. Dort tritt die Sportlerin des KC Wiedenbrück-Rheda vom 7. bis zum 10. Oktober gegen die europäische Elite an.

Mit dem EM-Ticket in der Tasche ging es für die junge Kanutin gleich weiter zu einem Trainingslager in die Slowakei. Sicher ist sicher, denn die EM-Konkurrenz lässt sich nur schwer einschätzen. „Ich habe die Leute seit zwei Jahren nicht mehr paddeln sehen“, sagte sie. Zudem sei sie durch das Lernen für die Abiturprüfungen noch auf dem sportlichen Stand des vergangenen Jahres. „Alleine in Deutschland gibt es einige Kanutinnen, die mächtig aufgeholt haben“, vermutet die junge Athletin. Und auch die Wettkampfstätte wird den Kanu-Freestylern viel abverlangen, denn die EM findet in jenem Wasserkanal statt, der eigens für die Olympischen Sommerspiele 2024 gebaut wurde. Barwich prognostiziert: „Das ist eine Walze, an die man sich gewöhnen muss.“

Abitur am Ratsgymnasium mit 1,3

Bereits 2017 bestritt Nele Barwich ihren ersten Freestyle-Wettkampf. Im selben Jahr gewann die damals 13-Jährige die Deutsche Meisterschaft bei den Schülerinnen. Zwei Jahre später erkämpfte sich Barwich ein Ticket für die Weltmeisterschaften. Hier belegte die Wiedenbrückerin in der Juniorinnenklasse den siebten Platz.Trotz dieser sportlichen Erfolge im jungen Alter hatte die schulische Ausbildung für die 18-Jährige immer Vorrang. „Vor Klausuren habe ich immer gelernt und dann nicht trainiert“, sagt Barwich. Das zahlte sich aus. Im Frühjahr machte sie am Ratsgymnasium ihr Abitur – mit einem Schnitt von 1,3. Im Oktober geht es mit einem dualen Studium beim Küchenbauer Nobilia weiter.

Aktuell nutzt Barwich die freie Zeit allerdings, um sich auf die EM vorzubereiten. „Man braucht Koordination, Kraft, Schnellkraft und Ausdauer. Und man sollte Wasser mögen“, sagt die junge Athletin und beschreibt die Faszination ihres Sports: „Ich mag, dass man sich in der Natur bewegt. Bei Wettkämpfen gibt es immer neue Herausforderungen. Keine Walze ist wie die andere.“

Auf natürlichen oder künstlichen Wasserwalzen oder Wellen surfen die Sportler mit ihren Booten. Innerhalb von 45 Sekunden müssen dabei verschiedene Figuren, so genannte Tricks, gezeigt werden. Drei Schiedsrichter bewerten das Gezeigte mit Punkten. Die Sportler dürfen nicht aus der Welle herausgespült werden. Und: Punkte gibt es nur jeweils einmal, auch wenn ein Trick öfter gezeigt wird. Für die Punktvergabe gilt: Je schwieriger, desto höherwertiger.

Die Ems ist fürs Training nicht wild genug

Im heimischen Wiedenbrück trainiert Nele Barwich zweimal pro Woche. Von der Ufermauer des Kanuclubs am Sportzentrum Burg geht es auf die Ems. Allerdings kann die 18-Jährige hier nur das Wassergefühl und einige einfache Figuren einstudieren – der Fluss ist nicht wild genug. Vor wichtigen Wettkämpfen geht es zu Anlagen mit großen Wellen und Walzen: Nach Neheim im Hochsauerlandkreis oder Hagen. Letztere wurde bei der Flutkatastrophe im Juli zerstört. Weitere Trainingsstätten befinden sich in Bayern oder Baden-Württemberg. Viel Aufwand und lange Fahrten – ohne die Unterstützung der Familie kaum zu schaffen.

Doch der Sport spielt bei den Barwichs eine große Rolle. Vater Stefan ist 2. Vorsitzender des Kanuclubs und seit Jahren als Kanute unterwegs. Und auch Neles vier Jahre jüngerer Bruder Mads reitet mit seinem Boot schon auf der Welle. Er schlüpft bisweilen in die Rolle des Trainers. „Er beobachtet mein Training und gibt mir Tipps. Auf Youtube schaut er sich viele Videos an und verbessert mich dann“, sagt die 18-Jährige lachend. Das Verhältnis zu ihrem Bruder beschreibt Nele Barwich als „sehr gut. Ich glaube, er ist stolz auf mich und will mir helfen, besser zu werden.“

Mit zunehmendem Erfolg: Bei der vergangenen Weltmeisterschaft schaffte es die junge Kanutin ins Halbfinale. „Das ist auch das Ziel für die EM“, sagt Barwich. Und wie geht es dann weiter? „Ich hoffe, dass ich noch ein paar Europa- und Weltmeisterschaften fahren kann“, sagt die Kanutin und fügt nach einer kurzen Pause hinzu: „Irgendwann eine Medaille wäre schon cool.“